Ruf der Dunkelheit
gewichen. „Ich…ich hab den Splitter doch! Ich hab ihn doch … ich hab ihn doch …“, wimmernd brach ich über ihr zusammen und hielt ihren Kopf in meinem Schoß. Ich spürte, wie meine Wangen feucht wurden. Tränen rannen bis zu meinem Kinn, fielen auf ihr lebloses Gesicht und plötzlich durchzuckte mich ein Gedanke. Ohne zu überlegen, riss ich an meinem Ärmel. Das Reißen von Stoff erfüllte die gespenstische Stille um uns.
Ich rammte meine Zähne in die dünne Haut meines Pulses und presste Val im nächsten Moment mein Handgelenk auf den Mund. Weil die Wunde an meinem Unterarm schon wieder heilte, presste und drückte ich mit meiner anderen Hand die letzten Tröpfchen Blut hervor, ehe ich ihren Kiefer zusammendrückte und somit ihren Mund verschloss. „Komm zurück, Val! Komm zurück!“, schrie ich immer wieder mit heiserer Stimme, während ich mit zwei Fingern mein Blut ihre Kehle hinunter massierte. Es hatte bei Julian geklappt und es musste auch jetzt funktionieren!
Zwar war mein Gefährte damals noch bei Bewusstsein, aber er hatte sehr viel Blut verloren. Trotzdem war es mir damals gelungen, ihn zu heilen. Zitternd verharrte ich über Val´s regungslosem Körper und lauschte. Ihr Herz hätte längst wieder seine Arbeit aufnehmen müssen. „Komm schon! Komm schon!“ Wieder und wieder strich ich ihr über die kalte Wange. Wollte es einfach nicht wahrhaben, dass sie wahrscheinlich nicht wieder aufwachen würde.
„Tamara?!“ Es war der vertraute, warme Klang dieser Stimme, der bei mir von einer Sekunde auf die andere, alle Dämme brechen ließ. Schluchzend stieß ich ein paar unverständliche Laute aus und wandte mich langsam um.
„Julian?“ Ich hoffte inständig, dass mir mein Verstand keinen Streich spielte, sondern dass er tatsächlich hier stand. Seine bloße Anwesenheit, hatte etwas Tröstendes. „Mein Gott, Tamara! Was ist denn passiert?“ Einen Augenblick später kniete er neben mir, blickte voller Trauer auf Val´s leblosen Körper und nahm mich in die Arme. Dankbar ließ ich meinen Kopf an seine Brust sinken und weinte hemmungslos. „Ich … ich habe es nicht geschafft … ich wollte ihr doch helfen …“
„Komm her.“ Julian schlang seine Arme fest um mich, presste mir einen Kuss auf die Stirn und strich mir immer wieder beruhigend durchs Haar. „Du hast getan, was du konntest!“
Ich sah zu ihm auf, doch seine Umrisse waren durch meinen Tränenschleier extrem verschwommen. „Oh Gott Julian! Es … es ist so schrecklich“ Ein Schluchzen ließ meinen Körper erzittern. „Erst Max … und … und jetzt auch noch Val!“, stieß ich hervor. „Was ist mit Max?!“ Ich spürte Julians Finger an meinen Wangen, mit denen er mein Gesicht anhob. Ich konnte seinem Blick kaum standhalten. „Was ist mit Max, Tamara?!“ Wieder rollten Tränen über mein Gesicht. „Er … er ist tot!“, presste ich hervor. Ich konnte fühlen, wie sich sein Körper verkrampfte.
„Nein!“ Es war nur ein raues Wispern, das seine Lippen verließ, ehe er die Hände sinken ließ und sich langsam, wie in Trance erhob. Sein Kiefer zuckte verräterisch, während sein Blick über Valentina glitt, ehe er mir die Hand hinstreckte. „Komm, wir können ihr nicht mehr helfen.“
Ungläubig sah ich zu ihm auf. „Aber … wir können sie doch nicht hier lassen!“, protestierte ich.
Plötzlich hatte ich ein Surren im Ohr. Es hörte sich fast an, wie der schnelle Flügelschlag eines Kolibris. Doch Julian schien nichts zu hören. Stattdessen sah er mich fragend an. „Und was möchtest du mit ihrer Leiche anfangen?“ Er knirschte unwillig mit den Zähnen. „Wir werden es handhaben wie immer und unsere Spuren verwischen!“ Julian wandte sich halb zum Gehen. „Ich hole den Benzinkanister aus dem Auto.“
Ich konnte mich kaum auf seine Worte konzentrieren, denn dass surrende Geräusch wurde immer lauter. Hastig sah ich mich um, doch ich konnte nichts entdecken, wovon dieser eigenartige Klang ausging. Und plötzlich schien es sich zu verändern. Aus dem Brummen wurde ein Hämmern. Ein hektisches Klopfen. Ein Klopfen!
„Tamara? Kommst du?“ Nur mühsam drang Julians Stimme zu mir vor. Das Klopfen wurde lauter, kräftiger. Sofort wirbelte ich herum, stürzte auf Val´s Körper zu und fiel vor ihr auf die Knie. „Tamara, was …“, setzte Julian an, verstummte dann jedoch und sah sich suchend um. Offenbar hörte er es jetzt auch.
Ich beugte mich über Valentina und tatsächlich, das hämmernde
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