Ruf der Geister (German Edition)
so was rein?“
„Na, hör mal. Das sind Tomaten! Die müssen doch in jede gute Tomatensoße.“
„Ich mag keine echten Tomaten!“
„Diese wirst du mögen, Schätzchen, denn sie sind g ekocht und die Schale mache ich auch ab.“
„Aber da ist doch eine rote Soße bei!“
Mit einem frechen Grinsen begegnete Joshua ihrem funkelnden Blick. „Und aus was, glaubst du, besteht die?“
Leonie rümpfte die Nase, begriff aber schnell. „Aus Tomaten?“
„Ganz genau.“
Während sich seine Nichte mit ihrem Stofftier beschä ftigte, kümmerte Joshua sich ums Essen. Schließlich seihte er die Nudeln ab und füllte ihre Teller.
Leonie drapierte ihr Stofftier auf dem Tisch. „Hattest du auch eine Schlumpfi?“
„Ich hatte einen Teddy. Der hieß Einauge.“
„Wieso denn Einauge?“, fragte Leonie erstaunt.
„Weil er nur ein Knopfauge hatte. Das war ein Piratenteddy.“
„Wow! Hast du den noch?“
Joshua schüttelte den Kopf. „Ne e, der ist schon im Himmel.“
Leonie seufzte traurig. „Ich hoffe, Schlumpfi muss da nicht hin.“
Sanft streichelte Joshua über ihr Haar. „Muss sie nicht, Süße. Schlumpfi lebt ewig.“
Ihr Gesicht entspannte sich und sie biss die langen Sp aghetti ab und schluckte geräuschvoll. Nach dem Essen flitzte Leonie ins Wohnzimmer, kramte seine Wolldecke hervor und schleifte sie durch den Raum.
„Was machst du denn da ?“
„Wir brauchen noch die Wäscheklammern!“
Verwirrt schaute Joshua zu, wie sie mühsam die Decke über die Couch und den Tisch legte. Leonie drehte sich theatralisch um. „Also , Joshua! Hier ist unsere Bude! Wir müssen uns doch vor dem Regen schützen, hast du das schon vergessen?“
Regen ? Joshua grinste. „Oh nein, Süße, das habe ich nicht. Rutsch rüber, ich komme zu dir rein.“
Als Maren nach fast drei Stunden die Kleine abholte, sah sie sich grinsend um.
„Ich sehe, ihr habt euch gut verstanden“, kommentierte sie amüsiert.
„Trollbehausung“, erklärte er schulterzuckend. „Das Übliche halt.“
Nachdem Leonie und Maren sich verabschiedet hatten, fiel Joshua mit einem Stöhnen auf seine Couch.
Er sah sich um und schmunzelte. Gott, wie gönnte er der Kleinen ihre unbeschwerte Kindheit.
„Mann, ich hasse Mama! Jetzt muss ich dich schon wieder mitschleppen, nur weil sie zu ihrem Frauentreff geht!“
Der Junge trottete hinter ihr her. Er sagte nichts, presste nur sein Stofftier fest an sich. Irgendwie hatte er immer das Gefühl, es könne ihn vor seiner Schwester beschützen.
„Und du schleppst auch noch den blöden Gammelteddy mit. Als ob du ein Kleinkind wärst! Die werden sich k aputtlachen.“
Er versuchte, nicht mehr hinzuhören. Selbst ihm war klar, dass er längst aus dem Alter heraus war, wo man als Junge Stofftiere mitnahm. Er ging schließlich in die zweite Klasse. Die Kinder in der Schule verspotteten ihn bereits, aber nur der Teddy schien ihn zu verstehen. Nur er würde ihm beistehen …
Immer noch schimpfend stapfte sie den Weg zum Kanal entlang.
„Ich darf hier noch nicht hin“, bemerkte er leise.
„Ist mir doch scheißegal! Wenn du es Mama erzählst, hau ich dir eine runter!“
„Ich sag nichts!“ Ach, hätte Mama ihn nur zu ihrem Treffen mitgenommen.
Der Junge blickte auf, als er Lachen und Gegröle hörte. Furcht stieg in ihm auf. Die älteren Freunde seiner Schwester jagten ihm Angst ein. Sie dagegen begrüßte alle mit Wangenküsschen. Allgemeiner Unmut kam auf, als sie sahen, dass er mitgekommen war.
Er ignorierte ihre höhnischen Rufe, ihr Gelächter, und starrte auf das seicht dahinfließende Wasser des Rhein-Herne-Kanals. Ein Güterschiff fuhr an ihm vorbei und er beobachtete einen Hund, der wie ein Kapitän am Bug stand. Er lächelte und stellte sich vor, wie das Tier mit Offiziersmütze das Schiff befehligte. Er bemerkte nicht, wie seine Schwester sich ihm näherte.
„Die fragen, ob du schon schwimmen kannst. Ich hab gesagt, ja, damit ich mich nicht völlig blamiere.“
„Aber ich kann nicht …!“
„Halt die Klappe!“, beschwor sie ihn.
„Lass ihn doch mal ‘ne Runde im Kanal drehen“, rief einer der Halbstarken.
Der Junge wich zurück. „Nein!“
„Ach, komm schon!“, flüsterte sie. „Bleib einfach vorne, wo du stehen kannst und tu so. Ist doch warm heute.“
Er schüttelte vehement den Kopf und die anderen lac hten, kamen auf ihn zu.
„Du bist so ein Feigling!“, blaffte sie wütend.
Ohne dass er es hätte verhindern können, zog sie ihm das Stofftier aus
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