Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ruf der Geister (German Edition)

Ruf der Geister (German Edition)

Titel: Ruf der Geister (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Bern
Vom Netzwerk:
drängte sich eng an einen Erpel.
    Joshua lächelte. „Das ist Lisa. Sie hat einen verkü mmerten Flügel und kann nicht mit den anderen in den Süden fliegen. Die Stockenten haben sie quasi in ihre Familie aufgenommen. Sie hat hier schon drei Winter überlebt.“
    „Lisa?“ Verwundert schaute Lea ihn an.
    „Einer meiner Schützlinge hat ihr den Namen gegeben. Sie war oft hier und beobachtete die Vögel.“
    „War?“, hakte Lea vorsichtig nach.
    „Lisbeth“, antwortete Joshua leise.
    A n sie zu denken, rührte den Schmerz wieder auf, der sich wie ein Dorn in die noch nicht verheilte Wunde bohrte. Als wäre er durch die Erinnerung ungeschützt, bemächtigte sich seiner ein nur zu vertrautes Gefühl. Joshua fühlte sich schwindelig. Trotz der gefütterten Winterjacke fror er plötzlich und ein unangenehmes Kribbeln fuhr über seine Haut. Unsicher sah er sich um. Dann senkte sich ein Schleier vor seinen Blick und Bilder drängten sich ihm auf.
     
    Dunkelheit überschattete den See. Nur einige Laternen und der Mond erhellten den Weg durch die Bäume. Die Frau stöckelte missmutig neben ihrem Begleiter durch den ersten Schnee. Der Mann schien von Lichtquelle zu Lichtquelle zu hasten.
    „Was erhoffst du dir von diesem Spaziergang in der Eiseskälte?“
    „Ich dachte, es wäre romantisch.“
    Sie schnaubte. „Du magst dich ja sonst mit dummen Püppchen umgeben, aber ich bin keine von den einfältigen Gören, die auf so etwas hereinfallen!“
    „Den Eindruck hatte ich aber nicht“, antwortete er g ehässig.
    Sie blieb stehen und warf das dunkle Haar zurück. „Nur weil du mich in einer Bar kennengelernt hast? Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass heute nichts läuft.“
    „Glaubst du, ich will es mit dir im Schnee treiben?“
    „Was willst du dann hier am See? Ich dachte, du lädst mich in das Restaurant ein.“
    „Vielleicht gefällt es mir, wenn sich so hochnäsige Weiber im Dunkeln fürchten“, sagte er seltsam ruhig.
    Seine Begleiterin war sprachlos angesichts so einer Aussage. Wut fachte in ihr auf. „Fürchten? Du bist doch derjenige, der nachts immer ein Lämpchen anhat. Iris hat mir das erzählt. An welche Monster denkst du, wenn du einschläfst?“ Sie lachte.
    Etwas schien in ihm aufzubrechen. Sein Blick wirkte plötzlich schwarz im kargen Licht des Abends. Die Züge seines Gesichtes waren verschwommen.
    Leise Furcht stieg in ihr auf. Sie wich zurück, als er nach ihr griff. Aber er wollte ihr nur die Tasche entreißen. Im hohen Bogen warf er sie zum See. Wasservögel stoben erschrocken auf und flatterten in der Finsternis davon.
    „Bist du bescheuert?!“
    „Hol sie dir“, flüsterte er mit boshaftem Unterton.
    „Da ist alles drin! Mein Handy, mein Schlüssel, mein … Scheiße!“ Sie stolperte das Ufer herunter, als sie sah, dass er die Tasche genau in das Loch geworfen hatte, das man für die Wasservögel ins Eis geschlagen hatte.
    Rasch streifte sie ihre Schuhe ab, keuchte auf, als ihre empfindlichen Füße, die nur eine Feinstrumpfhose schüt zte, auf den Schnee trafen.
    Sie musste ihre Tasche erreichen! Die Frau konnte sie noch sehen, aber sie war schon fast untergegangen. Schlitternd stieg sie auf das Eis, um zu dem Loch zu g elangen, als sie einen Stoß verspürte. Wasser schlug über ihr zusammen, das so kalt war, dass es ihr den Atem raubte. Ihr Schrei wurde erstickt, als jemand ihren Kopf unter das Eis drückte. Panisch machte sie sich von dem harten Griff los und schwamm fort. Gedämpftes Lachen hallte über ihr. Ihre Glieder erlahmten, die frostigen Temperaturen lähmten sie, froren ihre unbeholfenen und hektischen Schwimmbewegungen buchstäblich ein, während die schwere Winterkleidung sich vollsog und sie unbarmherzig nach unten zog. Sie musste auftauchen!
    Doch wohin sie auch griff, i hre Hände stießen nur noch gegen eine lückenlose und unzerbrechliche Decke aus Eis.
     
    „Joshua!“
    Joshua bemerkte, dass er stehen geblieben war. Lea sah ihn erschrocken an.
    „Josh, was ist los?!“
    Sein Herz hämmerte viel zu stark gegen seinen Brus tkorb. „Ich … ich hab was gesehen.“
    „Du warst gar nicht mehr ansprechbar!“
    „Entschuldige …“ Er blinzelte und strich ihr sanft über das Gesicht. Langsam glitt sein Blick zum See.
    Eine junge Frau schwebte über dem Eis. Ihre Augen waren schwarz umrandet, als wäre ihre Wimperntusche verlaufen. Die Strähnen ihre r Haare waren eingefroren. Sie presste eine Tasche an ihre Brust.
    Hol sie dir , hörte Joshua erneut tief

Weitere Kostenlose Bücher