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Ruf der Sehnsucht

Ruf der Sehnsucht

Titel: Ruf der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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ihn zutrat und ihn begrüßte, überrascht war, dass sein Bruder nicht auch Jeanne ansprach.
    »Du siehst müde aus.« Alisdair umarmte ihn und klopfte ihm auf den Rücken. »Du arbeitest zu viel. Haben wir noch nicht genug Geld?«
    Douglas quittierte den sattsam bekannten Scherz seines Bruders mit einem Lächeln.
    »Mary wird dir alle möglichen Stärkungstränke aufnötigen.«
    Die Jahre waren freundlich mit Alisdair umgegangen. Sein Haar wies ein paar Silberfäden mehr auf und sein Gesicht ein paar Falten mehr, aber ansonsten sah er nicht anders aus als früher. Seine Frau Iseabal hatte ebensolches Glück. Ihr Haar hatte die gleiche Farbe wie eh und je, und die Fältchen in ihren Augenwinkeln zeugten lediglich davon, dass sie gerne lachte.
    Alisdair erinnerte Douglas an ihren Vater Ian, denn er strahlte die gleiche Autorität aus, ohne ein Wort sagen zu müssen. Vielleicht, weil er der älteste von fünf Brüdern war. Oder weil er nicht nur der Herr von Gilmuir war, sondern auch noch, vom Vater ererbt, den Titel eines englischen Earls besaß.
    Er war eine Führernatur, dazu geboren, Verantwortung zu tragen. Sein einziger Fehler war, gelegentlich seine Brüder bevormunden zu wollen, die ihrerseits mit der gleichen starken Persönlichkeit gesegnet waren.
    »Margaret ist irgendwo da draußen.« Alisdair ließ seinen Blick suchend über das Tal schweifen.
    »Ich weiß, wo sie ist.« Douglas verabschiedete sich von seinem Bruder und machte sich auf den Weg zu dem Hügel, den sie »Iseabal’s Knoll« nannten. Der Pfad führte vom Tal aus aufwärts durch den Wald. Ein grünes, um einen jungen Baum geschlungenes Fichu bewies Douglas, dass er auf der richtigen Fährte war. Seine Mutter hatte oft erzählt, wie sein Großonkel die Engländer von diesem Hügel aus provoziert hatte, indem er dort oben seinen Dudelsack erklingen ließ.
    Douglas war gleich bei ihrem ersten Besuch auf Gilmuir mit Margaret dort hinaufgestiegen. Sie war zwei Jahre alt, noch immer zu dünn, aber gesund. Er hatte sie hochgehoben, damit sie alles um sich her sehen konnte. »Da unten liegt Gilmuir, Meggie. Es gehört den MacRaes, also auch dir.«
    Obwohl Alisdair einen Großteil seines englischen Erbes in den Wiederaufbau des Castles gesteckt hatte, bestand er nach dem Gedenkgottesdienst für die Eltern darauf, das Eigentum an Gilmuir neu zu ordnen. Also hatten alle Brüder vor einem Anwalt mit ihrer Unterschrift einen Anteil am Stammsitz erhalten, und so waren sie, auch wenn sie nicht dort lebten, vor dem Gesetz Miteigentümer von Gilmuir.
    Die Sonne stand hoch am Himmel und ließ hier und da Strahlen auf dem Waldboden tanzen. Die kühle Luft roch nach faulenden Blättern und feuchter Erde. Das an einigen jungen Stämmen wachsende Moos deutete darauf hin, dass der Frühling regnerisch gewesen war.
    Langsam ging Douglas bergauf. Er atmete tief und spürte, wie seine innere Anspannung sich löste. Entweder lag es an der Stille des Waldes oder an Gilmuir, das er stets als erholsam empfand, oder daran, dass er Margaret gleich wiedersehen würde. Diesmal hatte sie so lange gebettelt, außer der Reihe Zeit mit Mary und Hamish verbringen zu dürfen, bis er ihr drei Extra-Wochen vor der Zusammenkunft genehmigt hatte. Sein sorgsam durchgeplantes Leben war auch ohne sie weitergegangen, aber er hatte sie schmerzlich vermisst.
    Er arbeitete nicht nur um Margarets willen so hart – sein Ehrgeiz trieb ihn dazu. Schon als er noch mit Hamish gefahren war und dessen Schiff kommandierte, hatte er sich selbst angetrieben, so viel wie möglich zu lernen. Jetzt besaß er eine Flotte von MacRae-Schiffen.
    In Augenblicken wie diesem, da die Seereise nach Gilmuir noch so frisch in seiner Erinnerung war und er zwischen den Bäumen hindurch in der Ferne das Meer liegen sah, sehnte er sich noch immer nach dem Leben da draußen. Doch Margarets wegen hatte er, als sie drei Jahre alt war, den schwankenden Decks und wütenden Stürmen adieu gesagt und sich eine konventionelle Existenz in Edinburgh aufgebaut.
    Und er war glücklich und zufrieden gewesen – bis er Jeanne du Marchand wiedersah. Er hatte geglaubt, mit ihr abgeschlossen zu haben, aber ihr bloßer Anblick hatte ihn eines Besseren belehrt.
    Douglas blieb stehen. Da war sie wieder, stand vor ihm in einem Sonnenstrahl, ein durchsichtiges Produkt seiner Phantasie. Sie streckte ihm die Hand entgegen, als fordere sie ihn auf, mit ihr zu gehen. Wohin? Ins Verderben, zweifellos.
    Geh weg, Jeanne.
    Ein Glück, dass nur

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