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Ruf der Sehnsucht

Ruf der Sehnsucht

Titel: Ruf der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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Eichhörnchen, Vögel und sonstige Waldtiere Zeugen seiner geistigen Verwirrung wurden. Er schüttelte den Kopf, um die unerwünschte Illusion loszuwerden. Seine Tochter wartete auf ihn.
    Er ging weiter, nahm eine wenig bekannte Abkürzung, die an einer Höhle vorbeiführte, die ebenfalls eine wichtige Rolle in den Geschichten seiner Eltern spielte.
    Douglas dachte daran, wie spurlos Alisdair das Fort der Engländer nach deren Abzug Backstein für Backstein hatte abtragen und dann einen Teil von Gilmuir darauf errichten lassen.
    Vielleicht sollte er auch etwas Neues aufbauen. Vielleicht sollte er heiraten. Eine Frau suchen, die ihm und Margaret zusagte, und mit ihr und seiner Tochter ein Leben beginnen, das nicht mit Erinnerungen befrachtet war.
    Aus dem Augenwinkel sah er etwas aufblitzen. Oder narrte ihn wieder seine Einbildung?
    Geh weg, Jeanne. Gib mich frei.
    Er trat aus dem Wald. Vor ihm lag der Gipfel des Hügels.
    Margaret war nicht zu sehen, aber Douglas wusste, dass sie in der Nähe war. Gleich darauf hörte er sie kichern und lächelte. Seine Tochter war temperamentvoll und fröhlich, rannte lieber, als zu gehen, lachte lieber, als zu lächeln. Sie war so voller Leben, dass auch er sich in ihrer Gegenwart lebendig fühlte.
    »Papa!« Sie kam hinter einem Baum hervor auf ihn zugelaufen. Douglas breitete die Arme aus, fing Margaret auf und wurde umklammert, dass ihm beinahe die Luft ausging.
    Im nächsten Moment rückte Margaret von ihm ab und sagte vorwurfsvoll. »Du hast dir ganz schön Zeit gelassen.«
    »Du irrst dich, Meggie. Ich bin sogar eine Woche früher gekommen als geplant.«
    Er betrachtete sie. Die Nase und die Wangenknochen spiegelten die Schönheit ihrer Mutter. Auch die langfingrigen Hände – mit augenblicklich allerdings schmutzigen Fingernägeln – glichen denen Jeannes. Doch obwohl sie ihren Eltern in vieler Hinsicht ähnelte, war sie eine eigenständige Persönlichkeit.
    »Mir kam es aber vor, als wären wir schon eine Ewigkeit getrennt – und wie lange einem etwas vorkommt, kann man nicht messen, Papa.«
    Als sie da so vor ihm stand, fiel ihm wieder einmal auf, dass sie größer war als andere Mädchen ihres Alters, was ihr gelegentlich Unbehagen bereitete.
    »Das kommt nur, weil ich als kleines Kind so dünn war«, hatte er sie sich einmal gegenüber einigen ihrer Cousins verteidigen hören, die sie deshalb neckten. »Ich wurde unentwegt gefüttert, und da musste ich doch groß werden, oder?«
    »Mir kam es auch sehr lange vor«, erwiderte er. »Hast du die Zeit trotzdem genossen?«
    Sie sah ihn mit leuchtenden Augen an. »O ja, Papa – es war herrlich.«
    Plötzlich erinnerte sie ihn an das junge Mädchen aus Paris. Auch Jeanne war temperamentvoll und fröhlich gewesen. War das nur verschüttet oder für immer verloren?
    Er dachte an die Narben auf ihrem Rücken und an ihre Begründung für ihren Aufenthalt im Kloster.
    Ich hatte das Missfallen meines Vaters erregt.
    Für welche Missetat hatte er eine solche Bestrafung als angemessen betrachtet?
    Douglas wollte Jeanne dafür hassen, dass sie so facettenreich war, anstatt einfach nur böse zu sein. Er wollte sie dafür hassen, dass sie seine Rüstung aus Selbstbeherrschung aufgebrochen, seine Fassade aus Gleichgültigkeit zum Einsturz gebracht hatte. Er wollte sie ob ihrer Tränen hassen und ob ihrer Narben, ob ihrer Aura des Kummers und ob ihrer Neugier, was die letzten zehn Jahre seines Lebens anging. Aber vor allem wollte er sie dafür hassen, dass all das ihn überhaupt interessierte.
    Margaret nahm seine Hand und weckte seinen Beschützerinstinkt. Douglas dachte daran, wie er damals seine winzige Tochter im Arm gehalten hatte und ein abgrundtiefer Abscheu vor ihrer Mutter in ihm erwacht war. Jetzt richtete sein Abscheu sich gegen ihn selbst. Willenlos hatte er zärtlich und leidenschaftlich der Frau beigewohnt, der ihre Tochter so wenig bedeutete, dass sie sie Leuten gegeben hatte, die sie hätten sterben lassen.
    In diesem Moment blickte die besagte Tochter zu ihm auf, voller Vertrauen darauf, dass er ihr Leben in Ordnung halten würde.
    Er würde zumindest alles daransetzen.
    »Ich wünschte, wir könnten immer hier leben«, sagte Margaret sehnsüchtig.
    »Leider geht das nicht.«
    Sie nickte. »Weil dein Unternehmen in Edinburgh und Leith ist.«
    »Und dein Zuhause, vergiss das nicht.«
    »Könntest du denn nicht hier ein Zuhause für uns bauen?« Ihr Blick umfasste das Tal. Das wohlhabende Dorf erstreckte sich jedes

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