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Ruf der Sehnsucht

Ruf der Sehnsucht

Titel: Ruf der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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verlassen?«, fragte Betty. Plötzlich klang ihre Stimme nicht mehr frostig, und Jeanne hatte ein
Werdet Ihr auch Mr. Douglas verlassen?
herausgehört. Offenbar hatte das Kindermädchen aus Loyalität gegenüber Douglas so misstrauisch reagiert.
    »Wenn meine Anwesenheit nicht mehr gewünscht wird«, gab Jeanne ihre schmerzhaft gewonnene Erkenntnis weiter.
    Betty nickte. »Beschreibt mir den Weg. Ich hole Eure Kette heute Nachmittag.« Damit verließ sie die Küche, und Jeanne blieb allein zurück.
    »Wenn meine Anwesenheit nicht mehr gewünscht wird«, sagte sie in die Stille hinein. Ja, sie würde gehen, wenn Douglas sie fortschickte – aber nicht aus eigenem Antrieb.
    Eigentlich hätte dieser Gedanke ihr Angst machen müssen, doch sie lächelte nur über sich. All ihren Vorsätzen zum Trotz war sie doch wieder zu einer Gefangenen geworden.

Kapitel 18
    E rleichtert, dass es morgen wieder heim nach Edinburgh ginge, ließ Douglas den Blick durch die Clanhalle schweifen. Er war bis zum Schluss geblieben, obwohl es reichlich Gründe gegeben hatte, Gilmuir vorzeitig zu verlassen. Er stand in Verhandlungen wegen eines Lagerhauses in London, und zusätzlich wurden zwei Schiffe – die
MacRae Maiden
und die generalüberholte
Moira MacRae –
aus Indien erwartet. Kameraden aus seiner Kinderzeit befehligten die beiden Kauffahrer, und er freute sich auf das Wiedersehen.
    Dass seine Ungeduld auch – und nicht zuletzt – auf der Tatsache gründete, dass Jeanne sich in Edinburgh befand, würde er keiner lebenden Seele gegenüber eingestehen.
    Auf seinem Weg durch den großen Saal nickte er ein paar Dorfbewohnern zu und setzte sich schließlich an die Tafel, eine exakte Kopie derjenigen, die über Generationen hier gestanden hatte. Gilmuir war zunächst in Brand gesteckt und dann von englischen Kanonen in Grund und Boden geschossen worden. Nur ein paar Mauern waren stehengeblieben und Reste des Priorats. Beim Wiederaufbau des Castles hatte Alisdair die Anlage um zwei Flügel und mehrere Türme erweitert.
    Die Decke der dreigeschossigen Clanhalle war mit Nachbildungen der Fahnen geschmückt, die die MacRaes jahrhundertelang besessen hatten. Unzählige Kerzen in Nischen und an gelb bemalten Wänden beleuchteten mehr als hundert Menschen, die hier versammelt waren, und die festliche Stimmung und das Gelächter ließen Douglas’ Schweigsamkeit unbemerkt.
    Margaret war wie die übrigen Kinder auf die Galerie im dritten Geschoss zum Schlafen geschickt worden, doch niemand erwartete im Ernst, dass die Sprösslinge auch nur ein Auge schließen würden.
    Brendan ließ sich neben Douglas nieder und reichte ihm einen Krug mit seiner neuesten Whiskykreation. Er war seit neun Jahren mit Elspeth verheiratet, der Tochter eines Brennereibesitzers, der ihm den Betrieb vor ein paar Jahren übergeben hatte.
    »Ich nehme hundert Fässer«, erklärte Douglas nach einem herzhaften Schluck.
    Sein Bruder lachte. »Wenn du zweihundert nimmst, gebe ich dir noch meinen Schwager als Hilfskraft dazu.«
    Douglas zog fragend die Brauen hoch. »Probleme in Inverness?«
    Brendan beugte sich zu ihm herüber und sagte leise: »Jack braucht dringend Ablenkung.«
    Douglas hatte Brendans Schwager bei einem lange zurückliegenden Besuch in Inverness kennengelernt. Damals war Jack frisch verheiratet und arbeitete in der Brennerei. Als ein Jahr später seine Frau bei der Geburt ihres Kindes starb, war er am Boden zerstört.
    »Elspeth meint, er braucht einen Tapetenwechsel.« Voller Zuneigung schaute Brendan zu seiner Frau, die ihm gegenübersaß.
    »Sie sieht blass aus«, bemerkte Douglas, der seinem Blick gefolgt war. Dank seiner verfrühten Ankunft in diesem Jahr hatte er miterlebt, wie viel Arbeit seinen Schwägerinnen die Vorbereitungen für die Zusammenkunft machten.
    »Sie ist wieder guter Hoffnung«, vertraute sein Bruder ihm an.
    Douglas nahm noch einen großen Schluck. »Wie viele Kinder macht das dann – sechs? Willst du im Alleingang für die Wiederbevölkerung Schottlands sorgen, Brendan?«
    Sein Bruder grinste nur, stand auf, ging um die Tafel herum und setzte sich zu seiner Frau. Douglas konnte nichts von ihrer geflüsterten Unterhaltung verstehen, aber er konnte sich vorstellen, worum es ging. Brendan würde Elspeth bewegen wollen, sich hinzulegen, und sie würde nur gehen, wenn er mitkäme.
    Fürsorge, Zusammenhalt und Liebe – das war es, was er im vergangenen Monat bei den MacRae-Ehepaaren miterlebt hatte. Er war nie neidisch auf seine

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