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Ruf der Sehnsucht

Ruf der Sehnsucht

Titel: Ruf der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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Marchand war sie selbstverständlich nur das Beste gewohnt.
    Margarets Stimme drang an sein Ohr, und er rief sich zur Ordnung und richtete seine Aufmerksamkeit auf seine Tochter.
    Er war verstimmt, und das ärgerte ihn noch zusätzlich, denn die Besuche in der Firma mit Margaret waren sonst eine vergnügliche Angelegenheit. Das wollte er sich durch nichts zunichtemachen lassen – nicht einmal durch seine Enttäuschung ob Jeannes Gleichgültigkeit.
    Margaret nahm Jeanne bei der Hand und zog sie weiter den Mittelgang hinunter, blieb allerdings alle paar Schritte stehen und tat ihr Entzücken über diese und jene neuen Güter kund. Douglas folgte den beiden.
    »Seht Euch nur diese Farben an, Miss du Marchand!« Mit leuchtenden Augen ließ Margaret ihre Finger über einen Seidenballen gleiten.
    Als Nächstes blieb sie vor den frisch aus Westafrika eingetroffenen Eisenbeschlägen stehen, zeichnete ehrfürchtig die filigrane Arbeit nach.
    Sie kamen an Säcken mit wohlriechendem Pfeffer vorbei, an Kisten mit Elfenbeinschnitzereien und eisernen Fischhaken. Bei einer Reihe an der Wand lehnender, in bunten Stoff eingeschlagener Gegenstände hielt Margaret erneut an.
    »Was ist da drin, Papa?«, wollte sie wissen.
    Als er das Paket öffnete, kam eine Waffe zum Vorschein. »Das ist ein Kurzschwert«, erklärte er und griff nach dem nächsten Bündel. »Und das hier ein Speer.«
    »Aber doch nicht aus Benin in Afrika, oder, Papa?«
    »Natürlich nicht.« Er war stolz darauf, dass sie noch wusste, was er ihr beim letzten Besuch hier erzählt hatte. »Allerdings ist die Ausführung sehr ähnlich.«
    »Papa treibt keinen Handel mit Benin«, wandte Margaret sich Jeanne zu. »Niemand, der für MacRae Brothers segelt, darf das.«
    »Das Land lebt hauptsächlich vom Sklavenhandel«, beantwortete Douglas Jeannes fragenden Blick. »Sie nehmen ihre eigenen Landsleute gefangen und verkaufen sie nach Europa.«
    »MacRaes kaufen keine Sklaven, Miss du Marchand«, sagte Margaret und klang wieder sehr erwachsen.
    Jeanne lächelte sie an.
    »Onkel Hamish war mal ein Sklave.« Margaret hatte geflüstert, aber in der stillen Halle hatte Douglas es ohne Schwierigkeiten verstehen können, und so bedachte er seine Tochter mit einem strafenden Blick. »Papa will nicht, dass darüber geredet wird.« Noch eine vertrauliche Mitteilung. Diesmal ging er darüber hinweg.
    »Benin scheint ein barbarisches Land zu sein«, meinte Jeanne.
    Er lächelte dünn. »Auch Europa ist nicht frei von Barbarei, Miss du Marchand. Zum Beispiel werden in England die nicht zur Staatskirche Gehörenden verfolgt. Und Frankreich erweist sich seit einiger Zeit auch nicht als zivilisiert.«
    Und was war mit
ihrem
barbarischen Verhalten? Es war zwar nicht der geeignete Zeitpunkt für eine Auseinandersetzung, aber Douglas konnte die Frage kaum zurückhalten, warum Jeanne die Verantwortung für ihr neugeborenes Kind an Leute abgegeben hatte, die weder willens noch in der Lage waren, diese zu übernehmen. So beging man einen Mord, ohne sich die Hände schmutzig zu machen. Aber es war natürlich völlig undenkbar, ein solches Gespräch in Anwesenheit seiner Tochter vom Zaun zu brechen, die jedem Wort, das sie wechselten, mit brennendem Interesse lauschte.
    Er packte das Schwert und den Speer wieder ein und nahm sich vor, die Waffen sämtlich polieren zu lassen, bevor sie den Sammlern, die sie bestellt hatten, ausgehändigt würden.
    Ursprünglich hatte MacRae Brothers nur Dinge des täglichen Lebens in den Speichern, doch Edinburgh war eine wohlhabende Stadt, und die Neugier auf andere Kulturen und der Wunsch, Besonderheiten aus fremden Ländern zu sammeln, hatten die Palette in den letzten fünf Jahren wesentlich vergrößert.
    Douglas ging tiefer in das Gebäude hinein. Margaret hüpfte neben ihm her. Als er keine Schritte hinter sich hörte, warf er einen Blick über seine Schulter und sah, dass Jeanne stehen geblieben war und sich interessiert umschaute. Auf Hanfbündeln und Kesselpauken waren mehrere Teppiche zur Ansicht ausgebreitet.
    »Ihr importiert wirklich alles, nicht wahr?«
    »Wartet nur, bis Ihr die Gewürzkammer seht, Miss du Marchand«, schwärmte Margaret, »und den Teeschrank. Der ist riesengroß und hat Hunderte von winzigen Schubkästen. Und vor allem den Tresorraum.«
    Lachend legte Douglas die Hände auf die Schultern seiner Tochter. »Vielleicht teilt deine Gouvernante unsere Begeisterung ja nicht in derselben Weise, Meggie.«
    Margaret schaute zu ihm auf.

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