Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)
neblige Straße hinuntergehen. Ich bin noch zu klein. Deshalb trägt Tante Lilly mich. Mama schaut zurück. Zu den Scheinwerfern. In dem Auto sitzt Papa und fährt weg. Aber wir können nicht mit ihm fahren. Das ist zu gefährlich. Wir müssen uns verstecken. Und Tante Lilly weiß auch, wo
.
Es ist so kalt. So furchtbar kalt. Und alles ist so dunkel. Hier riecht es komisch. Ich mag hier nicht bleiben. Die Schädel schauen mich alle an. Das ist gruselig. Wenigstens kann ich mich jetzt in Mamas Arme kuscheln. Sie ist viel wärmer als Lilly. Und ganz weich. Warum kannst du nicht aufhören zu weinen, Mama?
Ich erwachte mit tränenüberströmtem Gesicht. Der Geruch des Friedhofs lag noch in der Luft. Zitternd kroch ich tiefer unter die Decken. Es war nur ein Traum. Nichts als ein Traum. Aber ich war dort gewesen.
In Finanzfragen
Armand fand mich unten bei Eleonora, wo wir gerade eine Partie Rommé spielten. Das war zu zweit etwas eintönig, darum schloss er sich uns an. Wir spielten bis tief in die Nacht hinein. Er konnte es sich leisten, lange zu bleiben, denn er hatte bereits genug getrunken. Ich hatte es gleich bei seinem Eintreten bemerkt. Seine Haut war frisch und rosig. Nicht bleich und durchscheinend. Eleonora hatte Verständnis, als wir uns gegen drei Uhr schließlich zurückziehen wollten. Sie wünschte uns eine Gute Nacht und versprach, sich morgen um Scaramouche zu kümmern, da wir – wie Armand ihr erklärte – sehr früh wegfahren würden. So rechtfertigte er also immer seine Abwesenheit bei Tage.
„Soll ich noch ein Feuer anmachen?“, fragte er oben.
„Nein, lass nur. Es ist schon spät. Und ich bin ein bisschen müde. Eleonora hat mich zwei Tage lang durch ganz New Orleans geschleppt. Ich glaube, es gibt fast keinen Fleck mehr, den ich nicht kenne.“
Er fiel in mein Lachen ein und nahm mich liebevoll in die Arme. Ich legte meinen Kopf an seine Brust, und er stützte sein Kinn darauf.
„Armand?“
„Ja, mon cœur?“
„Ich denke, es ist Zeit. Ich muss zurück. Franklin wird sich Sorgen machen.“
Er atmete einmal tief durch. „Ich hatte befürchtet, dass du so denkst.“
Ich hob meinen Kopf von seiner Brust und blickte ihn an. „Dachtest du etwa, ich würde einfach so bei dir bleiben und gar nicht mehr zurückgehen?“
„Nein, das natürlich nicht. Aber ich hatte gehofft, dein schlechtes Gewissen würde noch eine Weile schweigen.“ Er strich mir eine Haarsträhne zurück und blickte mich traurig an. „Also gut“, gab er nach. „Wir kehren morgen Nacht zurück.“
Glücklich über sein Verständnis schmiegte ich mich wieder an ihn. Armand streichelte mich zärtlich. Ich dachte an die vergangenen Tage in New Orleans mit Eleonora.
„Hast du je daran gedacht, sie zu verwandeln?“, fragte ich ihn.
„Manchmal. Aber sie würde das nicht aushalten. Und ich will sie nicht auf diese Weise sterben sehen.“
Nicht aushalten! Ob ich es aushalten würde?
„Du bist stark genug.“
Ich antwortete nicht.
„Außerdem kann ich Eleonora gar nicht verwandeln.“
„Und warum nicht?“
„Na, wer kümmert sich denn dann um Scaramouche?“
Wir mussten beide lachen. Nein, das ging wirklich nicht. In dieser gelösten Stimmung fragte ich:
„Sag mal, was sind das eigentlich für Firmen, die du besitzt? Du hast mir bisher nichts Genaues darüber erzählt, außer dass du Schecks ausstellst.“
„Ich weiß nicht, ob ich es dir erzählen soll. Vielleicht schockiert es dich.“
„So leicht bin ich inzwischen nicht mehr zu schockieren.“
Das ließ ihn lächeln. „Na gut. Wenn du es unbedingt wissen willst.“ Ich nickte eifrig. „Ende des letzten Jahrhunderts habe ich den Besitz meiner Familie in Frankreich wieder übernommen.“ Er spielte mit einer Haarsträhne, die mir ins Gesicht gefallen war. „Die Toulourbets waren immer schon sehr reich. Und meine Familie hat es geschafft, diesen Reichtum nicht nur durch gute, sondern auch durch schlechte Zeiten zu retten. Heute sind einige loyale und fähige Verwalter damit beauftragt, alles instand zu halten und meinen Besitz zu vermehren, so gut es geht. Es gehört auch eine Winzerei dazu. Und ich habe viel investiert. In unterschiedlichen Branchen. Mir gehören beinah dreißig Firmen auf der ganzen Welt. Software, Kommunikation, Öl, Stahl. Von allem etwas. Du siehst, ich belüge Eleonora nicht völlig. Nur ein bisschen.“ Ein bisschen viel, dachte ich. Aber warum sollte es mich schockieren, dass er den Familienbesitz übernommen hatte?
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