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Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)

Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Carpenter
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zu brodeln, und Rauch quoll hoch. Immer noch murmelnd ging sie zum Bett zurück, hob den Kopf des Kranken an, um ihm das Gefäß an die Lippen zu setzen. Ich wollte wissen, was sie ihm gab. Ob es helfen würde. Doch in dem Moment, als ich etwas von der Vision verlangte, löste sie sich auf. Ich dumme Gans! Jeder weiß, dass eine bewusste Forderung an eine Vision diese sofort zerstört.
    Ich kam wieder zu mir. Wie erwartet, kniete ich am Bett und hielt meine Hände so, als wollte ich jemandem etwas einflößen. Wer dieser Mann gewesen sein mochte? Ein einfacher Pächter, der die Heilkräfte seiner Herrin erbeten hatte, oder gar der Mann, der später den Tod von Angelique verursacht hatte? Ich verließ das Zimmer.
    Der nächste Raum war leer. Vermutlich nur ein Ankleide- oder Frühstückszimmer in grauer Vorzeit. Die nächsten drei Räume enthielten auch nichts Aussagefähiges. Ein paar Stühle, Tische, Schränke und Schlafstätten. Anders der Raum, der direkt gegenüber dem Treppenabsatz lag. Dieser Raum war eingerichtet. Zweifellos hatte der Amerikaner hier geschlafen. Ich berührte jeden Gegenstand, und das Bild eines Mannes – Jonathan Miller jr. – tauchte immer wieder vor meinem geistigen Auge auf.
    Plötzlich spürte ich Angst. Jonathans Angst, als er in der Dunkelheit aufwachte und zur Tür blickte. Er sah dort eine Frau in einem purpurfarbenen Kleid mit dunklem Umhang. Doch es war nicht die Herrin vor D’Argent. Auch sie hatte helles Haar, aber nicht weiß, wie das von Angelique. Der Ansatz war dunkel. Dieses Haar war künstlich aufgehellt worden. Das Kleid war viel zu modern geschnitten, um aus der Vergangenheit zu stammen. Der Umhang hätte schon eher gepasst. Er war aus rauer Wolle, hatte aber keine Taschen, wie ich es in meiner ersten Vision gesehen hatte.
    Sie kam näher, ein weißes Tuch in der Hand. Der beißende Geruch von Chloroform. Dann endloses Dunkel und eisige Kälte. George hatte Recht. Der Amerikaner hatte es mit einem Wesen aus Fleisch und Blut zu tun gehabt.
    Ich versuchte, mich noch mehr zu entspannen, um die Vision nicht wieder zu verlieren. Aber die Dunkelheit ließ sich nicht vertreiben. In diesem Raum war nichts weiter geschehen. Die restlichen Räume waren still.
    George kam mit ein paar Dingen aus dem Keller, die man benutzt hatte, um dem Amerikaner die Verletzungen beizubringen. Außerdem eine leere Einwegspritze mit Kanüle. Eine Analyse der abgelagerten Flüssigkeit würde vielleicht Weiteres erklären. Wahrscheinlich ein starkes Psychopharmakon. Gleich am nächsten Morgen wollte George es ans Mutterhaus in Paris – das Calais de Saint – schicken. Ich erzählte ihm von meinen Visionen.
    „Vielleicht kannst du mehr sehen, wenn du mit dem Amerikaner sprichst. Für heute Nacht haben wir genug getan. Ein paar Stunden Schlaf werden uns gut tun.“
    Erst als George das sagte, bemerkte ich, wie müde und erschöpft ich war. Die Visionen hatten mich ausgepowert. Ein Bett war jetzt genau das Richtige. Ob Armand auf Jagd war? Ich vermisste ihn. Aber wir mussten sicher nicht lange hier bleiben, da klar war, dass es sich nicht um paranormale Aktivitäten handelte.
    „Wann werden wir den Fall den Behörden übergeben?“, fragte ich.
    „Zunächst werden wir Beweise suchen, dass es wirklich nichts Übernatürliches ist“, antwortete George. „Dann sehen wir weiter. Wenn wir Hinweise auf die wirkliche Identität unseres Geistes haben, können wir den Fall der Polizei geben, damit sie ihn abschließt. Aber jetzt ist es noch unser Fall. Weißt du Mel, ich bin einfach zu neugierig, um die Sache vorschnell anderen zu überlassen.“
    Als wir das Chateau verließen, drehte ich mich einer plötzlichen Eingebung folgend noch einmal um. Da war etwas. Etwas, das ich nicht greifen konnte. Ich strengte mich an, doch es wurde nicht mehr als ein undeutliches Gefühl. Vielleicht doch etwas Übersinnliches? Aber so stark, dass es sich vor uns verbergen konnte? Undeutlich glaubte ich eine sanfte, leise Stimme zu hören, die ‚Frère Jacques’ sang. Ich schüttelte den Kopf, um die Gedanken loszuwerden. Die Stimme verstummte augenblicklich. Vermutlich nur Einbildung. George zeigte mit keiner Miene, dass er etwas Paranormales spürte. Ein bisschen nachdenklich erschien er mir. Aber da er nichts sagte, ging ich davon aus, dass ihn lediglich die Wendung der Ereignisse verwirrte.
    Wir fuhren ins Gasthaus und zogen uns auf unsere Zimmer zurück. Dort streifte ich meinen Pyjama über, bürstete meine Haare

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