Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
Tropfen.
„Scheiße“, fluchte ich leise, als ich es sah. Somit war der Objektträger unbrauchbar. Ich wollte ihn aus dem Mikroskop nehmen und im Mülleimer entsorgen, als das Gemisch plötzlich purpurviolettfarben aufleuchtete. Es phosphoreszierte stark in dem abgedunkelten Laborraum. Auch Pettra sog scharf die Luft ein, während Armand lediglich einen Schritt näher trat, um sich das Ganze genauer anzuschauen. „Impressionnant. Beeindruckend. Es reagiert miteinander.“
Allmählich wurde das Leuchten schwächer, bis es schließlich mit bloßem Auge kaum noch zu erkennen war. Vorsichtig nahm ich den Objektträger, legte jetzt zur Sicherheit gleich ein zweites Plättchen darauf und schob ihn unter das Fluoreszenzmikroskop. Meine Hand zitterte, während ich die Schärfe nachstellte. Endlich hatte ich die Probe klar vor Augen. Die Fadenstruktur von Pettras Blut hatte sich wie kleine Wollstränge um die roten Blutkörperchen meines Blutes gelegt. Aber nur um die roten. Wie ein winziger Schutzmantel. Ich nahm mir noch mal eine Probe von Pettras reinem Blut und schob diese ebenfalls unter das Fluoreszenzmikroskop.
Wie erwartet enthielt Pettras Blut bereits runde rote Blutkörperchen, nur waren sie unter den spiralförmigen Fäden des Vascazyrblutes verborgen. Mit dem Fluoreszenzmikroskop konnte man sie sehen. Mit dem Dunkelfeldmikroskop nicht. Zur Sicherheit kontrollierte ich auch die vermischte Blutprobe noch einmal mit diesem. Tatsächlich war hier von meinen Blutkörperchen nichts mehr zu sehen.
Ich musste aber sichergehen, dass diese Fäden sich auch um meine Blutkörperchen gelegt hatten und es bei der Mischprobe nicht nur Pettras rote Blutkörperchen waren, die ich sah. Darum präparierte ich einen weiteren Objektträger mit einer Probe von mir und verzichtete wieder auf das Schutzglas. Ich schob ihn unter das Fluoreszenzmikroskop, nahm mit einer Pipette eine kleine Menge von Pettras Blut und beobachtete durch das Okular, was passieren würde, wenn ich beides miteinander vermischte. Nach und nach ließ ich Pettras Blut auf den Objektträger laufen, bis es sich schließlich mit meinem vermischte. Und tatsächlich, einzelne Fäden aus Pettras Blut begannen augenblicklich, sich um meine roten Blutkörperchen zu legen. Es war tatsächlich, wie Armand es ausdrückte, faszinierend.
„Gib mir mal die Infrarotlampe da hinten vom Tisch“, bat ich Pettra, die wieder mit großen Augen auf die leuchtende Substanz starrte.
Armand reichte mir hilfsbereit die Lampe, da Pettra im Augenblick nicht ansprechbar schien, wie ich schmunzelnd feststellte. Sie war so gefesselt von der leuchtenden Substanz, dass sie nichts anderes mehr wahrnahm.
Unter dem Mikroskop sah das ganze noch viel eindrucksvoller aus. Aber das konnte sie sich gleich ansehen. Erst wollte ich ein paar Tests mit dieser Probe machen. Ich nahm die Lampe entgegen, richtete den Lichtstrahl auf den Objektträger. Nichts.
„Jetzt die UV-Lampe.“
„Diese hier?“, fragte Armand und hielt einen kleinen Strahler hoch.
„Nein, die daneben. Mit der man die verschiedenen UV-Strahlen simulieren kann.“
Als erstes versuchte ich es mit UV-A-Licht. Die Zellen reagierten nicht. Danach wechselte ich zu UV-B-Licht. Jetzt kam Bewegung in die Masse. Die Fäden des Vascazyrblutes zogen sich zusammen, wurden breiter, bis sie die roten Blutkörperchen schließlich vollkommen verdeckten. Unglaublich.
Ich wechselte den Objektträger und nahm noch einmal eine reine Probe von meinem Blut. Auch sie reagierte nicht auf Infrarot oder UV-A-Strahlung. Bei der UV-B-Strahlung begannen sich jedoch die roten Blutkörperchen zu zersetzen. Sie verglühten regelrecht.
„Autsch“, sagte Armand und verzog das Gesicht.
Ja, das gab ein großes Autsch, wenn es innerhalb des Körpers passierte. Das steckte also hinter unserer Sonnenempfindlichkeit. Unser Vampirblut reagierte sozusagen allergisch auf direkte UV-B-Strahlen. Und zwar einzig und allein die roten Blutplättchen. Alle übrigen Zellen blieben auch nach der Bestrahlung unversehrt.
„Das ist einfach phantastisch“, murmelte ich.
„Was? Was denn?“ Jetzt war auch Pettra wieder geistig anwesend. „Hast du etwas herausgefunden?“
Ich schaute Pettra belustigt an. Dann ergriff ich ihre Hände und verkündete mit feierlicher Stimme: „Pettra, ich bin mir absolut sicher, dass dein Vater ein Vampir war. Und es ist das Blut deiner Mutter, das dich davor schützt, durch die Sonne zu verbrennen. Aber weißt du, was das Beste
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