Ruf des Blutes 3 - Dämonenring (German Edition)
lange verwandelt. Das würde auch seine Unvorsichtigkeit erklären. Seine Kleidung war schlicht, aber ordentlich – ein graues Sweatshirt, dunkelblaue Jeans, Boots.
„Mr. Viskott?“
Er zuckte zusammen und hob seinen dunklen Schopf. Auch sein Gesicht wirkte zwar jung, doch nicht zeitlos. Tränen schimmerten in seinen blauen Augen. Klare Tränen? Um seine Lippen lag ein zynischer Zug.
„Wollen Sie mir jetzt die gleichen dämlichen Fragen stellen, Miss? Glauben Sie, dass ich Ihnen was anderes sagen kann als Ihrem Kollegen?“
„Mr. Forthys ist kein Kollege. Er ist kein Mitglied der Ashera. Und ich teile auch nicht seine Meinung über Sie und diese Morde, Mr. Viskott.“
„Ach nein?“ Er lächelte spöttisch. In seinen Augen war sie Sache schon gelaufen. Er war geliefert.
Ich reichte ihm den Kaffee, zog mir einen Stuhl heran, setzte mich ihm gegenüber und musterte ihn eine Weile. „Kennen Sie die Gemeinschaft der Ashera?“
„Ich habe davon gehört. Sie beschäftigen sich mit übernatürlichen Wesen.“
„Dann wird es Sie wohl auch nicht wundern, wenn ich Ihnen sage, wir wissen, dass Sie ein Vampir sind.“
Er sah mich an, als hätte ich mich vor seinen Augen in eine Hydra verwandelt.
„Streiten Sie es nicht ab, Mr. Viskott. Slade. Wir haben den Obdachlosen untersucht. Er wäre in Kürze sowieso gestorben. Sie suchen sich Ihre Opfer gezielt aus, nicht wahr? Sie wollen niemandem schaden. Aber Sie brauchen das Blut, um zu überleben.“
Sein Misstrauen war offensichtlich. Eigentlich hätte ich ihn genau wie Warren nur zu dem Fall befragen sollen, aber er war einfach zu reizvoll, weil er nicht unserer Norm entsprach und dennoch kein Zweifel bestand, was er war.
„Sie weinen klare Tränen, keine Bluttränen. Und Sie sehen viel menschlicher aus, tragen noch die Zeichen des sterblichen Lebens. Wie kommt das? Wissen Sie es?“
Er rang mit sich, schaute unsicher im Raum umher.
„Es gibt hier keine Kameras, Slade. Wir haben Sie in diesen Raum gebracht, weil er unterirdisch liegt. Damit das Sonnenlicht …“
„Ich bin immun dagegen.“
Nun war es an mir, überrascht zu schauen. Mir fehlten die Worte. Ein Daywalker? Ein Mischling wie Pettra. Das wäre der Hammer. Aber eine logische Erklärung für seine klaren Tränen und sein andersartiges Aussehen. Ich brauchte einen Moment, um meine Gedanken zu sortieren.
„Sie sind ein halber Vascazyr?“
„Ein was?“
Meine Verwirrung stieg. Laut Pettra wussten ihre Artgenossen alle, woher sie stammten. War er vielleicht früher geschlüpft? Hatte die Höhle verlassen und nichts mitbekommen von seinen Geschwistern?
„Hören Sie, Miss, weil Sie zu diesem Orden gehören, werde ich nicht leugnen, was ich bin. Ich glaube Ihnen, dass Sie die Fakten längst geklärt haben. Und ich bin Ihnen dankbar, dass sie diesem Idioten vom MI5 nichts gesagt haben.“
„Kunststück. Er würde es eh nicht glauben. Aber ein Idiot ist er nicht. Nur ein Ungläubiger.“ Ich zwinkerte und Slade grinste. Diesmal ehrlich belustigt. Das Eis zwischen uns brach ein Stück.
„Im Grunde mögen Sie ihn nicht, wie?“
„Nicht sehr. Aber ich kann ihn ertragen.“
„Da sind wir schon zwei. Aber ich mag ihn nicht mal ertragen.“
Ich konnte nicht anders, als darüber zu lachen. „Wenn Sie nicht grade sein Hauptverdächtiger in mehreren Mordfällen wären, würden Sie vielleicht nicht so schlecht über ihn denken. Ich bin sicher, er kann ein netter Kerl sein, wenn man ein Bierchen mit ihm trinken geht. Übrigens, ich heiße Melissa.“
„Freut mich.“
„Ich bin ebenfalls ein Vampir.“
Zischend sog er die Luft ein. Damit hatte er nicht gerechnet. Er konnte es nicht spüren. Was für eine Art von Bluttrinker war er, wenn ihm die Sensitivität fehlte, andere zu erkennen?
Ich orderte erst mal über die hausinterne Leitung von Franklin die Unterlagen über Vascazyre. Er berichtete, dass Warren Gorlem Manor verlassen hatte, weil er ihm leider sagen musste, dass das Problem mit Tür und Anlage im Verhörbereich nicht kurzfristig lösbar war. Von daher konnten wir gefahrlos nach oben kommen. Vorausgesetzt, ich war mir sicher, dass Slade nicht versuchte zu fliehen. Er versprach es und ich glaubte ihm. Im Grunde war er froh, offen darüber reden zu können.
In der kleinen Bibliothek zeigte ich ihm die Daten über Pettra, ihre Mutter und deren Art. Aber er konnte nichts damit anfangen. Danach gingen wir in den Garten hinaus und wanderten ein wenig umher. Es dauerte noch, bis die Sonne
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