Ruf des Blutes 3 - Dämonenring (German Edition)
Sir Wesley stand noch mitsamt Chauffeur an Ort und Stelle. Er hatte seinen Brotgeber seit der Ankunft nicht mehr gesehen.
Verdammt, wie konnte das sein? Panik machte sich in mir breit und griff mit eisigkalter Klaue nach mir. Auch Warren wurde bleich. Hatte sich der Killer etwa einen der Lords geschnappt, während wir danebenstanden? Ich konnte das nicht glauben. Die Ammit wäre aufgefallen. Bei Warrens Vorstellung des Mörders lag es zumindest im Bereich des Möglichen, würde aber bedeuteten, dass der Killer sich in den höheren Kreisen des englischen Adels bewegte.
Via Pieper rief Warren seine Leute zusammen. Nachdem er auch die Queen über den Sachverhalt aufgeklärt und ihre Einwilligung erhalten hatte, erteilte er die Anweisung, das gesamte Anwesen zu durchsuchen. Die Privaträume der königlichen Familie übernahmen dabei selbstverständlich die Royal Guards. Jedes Zimmer wurde durchsucht, der Garten hinter dem Buckingham Palast durchkämmt, alle Bediensteten und sämtliche Chauffeure befragt. Aber keine Spur von Sir Wesley. Warren war kurz vorm Verzweifeln. Ich sah es ihm an und er tat mir leid. Er war der leitende Agent, die Sicherheit auf dem Empfang heute Abend seine Aufgabe.
„Das ganze Aufheben wegen einer Person?“, raunte Armand mir zu.
„Einer sehr wichtigen Person“, gab ich zur Antwort. „Es wird Konsequenzen für Warren haben, falls ihm tatsächlich was passiert ist. Er trägt die Verantwortung für den Empfang.“
Armand schnaubte nur ungehalten und warf dem Agenten einen abfälligen Blick zu. Ich hatte schon eine Bemerkung auf der Zunge, da kam der Chauffeur von Sir Wesley zur Tür herein und ging zu Warren hinüber. Kurz darauf entspannten sich dessen Züge, er atmete erleichtert auf, klopfte dem Chauffeur auf die Schulter, der mit einem Lächeln wieder den Palast verließ.
Armand mischte sich schnell unter die anderen Gäste, die in kleinen Gruppen umherstanden und diskutierten, als Warren in unsere Richtung strebte.
„Was ist? Was hat er gesagt?“, wollte ich von ihm wissen, aber er winkte ab.
„Gleich, Melissa. Ich bin sofort wieder bei Ihnen.“
Er ging zur Queen und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie strahlte über das ganze Gesicht und bat dann um die Aufmerksamkeit der Anwesenden.
„Meine lieben Gäste. Es ist alles in bester Ordnung. Wie ich soeben erfahre, ist Sir Wesley sicher zu Hause in Dornham Court.“
Allgemeines Aufatmen. Es dauerte nur Minuten und die Gäste verhielten sich wieder genau so, wie vor dem kleinen Zwischenfall. Ich hingegen wartete auf Warren und dass er mir erklärte, was geschehen war.
„Sir Wesley hat eben seinen Chauffeur angerufen, dass er nach Hause kommen soll. Er fühlte sich nicht wohl und ist zusammen mit Rafe Desmond, einem Geschäftsmann, den er seit Langem kennt und der heute Abend auch hier war, in den Garten gegangen, um frische Luft zu schnappen. Als das nichts half, hat Mr. Desmond angeboten, ihn nach Hause zu bringen. Sie sind vor einer halben Stunde dort angekommen.“
Ich atmete nun ebenfalls erleichtert auf. Außerdem freute es mich für Warren, dass sein Security-Einsatz somit erfolgreich verlaufen war.
Wer trinkt aus meinem Becherlein
Erschöpft kamen Armand und ich gegen halb drei nachts nach Hause. Warren hatte sich fast den ganzen Abend noch über die Unfähigkeit des jungen Jones aufgeregt, der gleich nach Hause gefahren war. Ich hoffte, er hing seinen Job beim MI5 jetzt nicht gleich an den Nagel. Es gab bestimmt auch passende Fälle für jemanden, der noch nicht viel Erfahrung hatte. Sofern Warren ihm nicht sämtliche Türen zuwarf, indem er eine Beschwerde über ihn einreichte.
Die unerfreulichen Ereignisse für diesen Abend nahmen aber noch kein Ende. Schon vor unserem Haus hörten wir Klaviermusik. Sehr schräge Musik. Armand schaute mich an, entweder standen mir meine Gedanken auf die Stirn geschrieben oder er hatte dieselben.
Mein Liebster schloss die Tür auf. Göttin, das schmerzte in den Ohren. Aber die falschen Töne waren nichts gegen den Schock, der mich durchfuhr, als wir das Wohnzimmer betraten und ich unser beider Befürchtung bestätigt fand. Dracon saß an Armands teurem Konzertflügel und hämmerte ohne Sinn und Verstand und mit noch weniger Gefühl auf die bemitleidenswerten Tasten.
Zischend sog Armand die Luft ein. Unser Gast wurde auf uns aufmerksam und beendete sein Geklimper. Eine Flasche des teuersten Whiskys, den Armands Bar zu bieten hatte, stand auf dem edlen Musikinstrument. Es war
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