Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
bereitwillig Auskunft. „Was er von ihm wollte, hat er nicht gesagt. Nur, dass er ihn dringend sprechen muss. Scheint sich verdammte Sorgen zu machen, der Junge.“
Sorgen! Fragte sich nur warum und um wen.
Cyron hatte das Gerücht verbreitet, dass Blue welche der Waffen besaß, mit denen die Anschläge verübt wurden.Warren interessierte sich dafür und hatte daher im Untergrund nach dem Sangui gefragt.
Er hatte keine Ahnung, wie er sie bezahlen sollte, und umsonst gab Blue sie bestimmt nicht raus. Falls er sie überhaupt besaß. Dem Gestaltwandler, da waren sich sogar die Leute vom PU ziemlich einig, durfte man nicht trauen.
Aber darüber konnte er sich Gedanken machen, wenn er Blue gefunden hatte. Die Typen, mit denen sich Mel und Armand in letzter Zeit trafen, konnten ihm nur sagen, dass Blue eine Wohnung in Fulham gemietet hatte. Dort war er einige Male gesehen worden. Straße und Hausnummer jedoch unbekannt. Wie sollte er ihn mit diesen wenigen Angaben finden? Alles Wissen, das er sich während seiner Ausbildung beim MI5 angeeignet hatte, war nutzlos, weil ihm die Utensilien fehlten, es umzusetzen. Warren atmete tief durch. Er war kein Agent mehr, er war ein Vampir. Also sollte er auch denken wie einer und seine Fähigkeiten einsetzen.
Mit geschlossenen Augen rief er in seinem Inneren nach der klauenbewehrten Bestie. Als sie hervorsprang, hieb sie Warren als Erstes die Krallen in seine Seele, was ihn unterdrückt aufstöhnen ließ. Es kostete ihn Überwindung, nicht sofort abzubrechen. Offenbar ahnte der Blutdämon bereits, dass die Beute diesmal etwas Besonderes war. Warren konzentrierte sich auf Blues Bild, auf jede Erinnerung, die er in sich trug. Mimik, Gestik, Geruch, Ausstrahlung. Es dauerte keine Minute und der Jäger machte sich mit einem lauten Brüllen auf den Weg.
Er hatte Mühe, ihm im Geist zu folgen. Flirrende Bilder in schwarz-weiß. Schnelle Wechsel, Haken und rasante Sprints. Sprünge an Häuserwänden empor und über flache Garagendächer. Dabei immer die Nase im Wind. Ihm wurde schwindelig und er sank auf die Knie. Schweißperlen standen auf seiner Stirn, kleine Rinnsale flossen seinen Rücken hinab, er zitterte. Wenn er nicht bald eine Spur fand, musste er abbrechen.
Und dann erstarrte der Räuber wie ein britischer Vorstehhund. Sein Blick fokussierte, der Schwindel in seinem Kopf ließ nach. Ein Gefühl, als würde er durch eine Front wirbelnder Wolken hinabstoßen und für den Bruchteil einer Sekunde den Boden klar vor sich sehen. Blue!
Der Sangui hatte den Kragen seiner Bomberjacke hochgeschlagen und schaute sich wachsam um. Da waren Lagerräume im Hintergrund. Das Straßenschild glitt vorbei, als Blue daran vorbeischritt, einen Herzschlag, bevor Warren den Kontakt zu seinem Dämon verlor.
Jetzt wusste er, wo. Die Ecke kannte er. Wenn er sich beeilte, konnte er ihn noch dort abpassen, aber beim Aufstehen verließ ihn die Kraft in seinen Beinen und er fiel zu Boden.
„Verdammt“, entfuhr es ihm. Wenn er sich nicht beeilte, verlor er die Spur erneut und noch mal schaffte er es nicht in dieser Nacht, seinen Dämon auszusenden. Er mobilisierte seine letzten Kräfte und kämpfte sich hoch. Halb gehend, halb taumelnd, bemüht, die Orientierung nicht zu verlieren, machte er sich auf den Weg. Mit klopfendem Herzen befürchtete er, zu spät zu kommen, doch dann kam ihm der Sangui entgegen – und erkannte ihn.
„Warren?“
Er wusste sogar seinen Namen.
„Du bist doch ein Freund von Melissa. Ich hab dich mit ihr in Alwynns Club gesehen.“
Warren rang sich ein Lächeln ab, hoffte, dass es nicht so gequält ausfiel, wie es sich anfühlte. Seine Muskeln waren taub, lange konnte er sich nicht mehr aufrecht halten. Er hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, da geriet er ins Straucheln. Blue fing ihn auf, irritiert, was mit ihm los sei. Die Instinkte seiner Agentenzeit kehrten zurück. Aus jeder Situation das Beste machen und die eigenen Schwächen als Stärken nutzen.
„Ich … weiß nicht. Mir … ist so … komisch“, stammelte er und bemühte sich erst gar nicht mehr, seine Glieder zu kontrollieren.
„Meine Wohnung ist nicht weit von hier. Da kannst du dich ausruhen. Soll ich Mel anrufen?“
Er schüttelte den Kopf. Seine Lider flatterten, sein Verstand verschwamm zu wirren Bildern und bunten Lichtern. Ein Gefühl von Schwerelosigkeit ergriff von Warren Besitz, was vielleicht daran lag, dass Blue ihn sich über die Schulter warf.
Der Körper unter ihm verhieß
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