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Ruf Des Dschungels

Ruf Des Dschungels

Titel: Ruf Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kuegler
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versteckt hielten, waren auch Häuptling Noak und seine Dorfgemeinschaft sowie die drei Papua mit ihren Gewehren.
    An diesem Punkt fragte ich Häuptling Noak, warum er den drei Männern erlaubt hatte, ihn und seine Leute zu begleiten. Denn waren sie nicht an allem schuld?
    Er aber war der Meinung, Thelis habe die Männer zu ihm geschickt. Somit zählte er sie zu den Seinen, und sie hatten das Recht auf Schutz. »Was haben wir denn noch in diesen harten Zeiten, wenn nicht einander?«, fügte er hinzu.
    Für uns im Westen mag diese Art zu denken nur schwer nachvollziehbar sein, aber man muss die Kultur der Papua berücksichtigen. Sie gehen bis zum Äußersten, um sich gegenseitig zu beschützen und zu helfen; es ist ihr Schlüssel zum Überleben.
     
    Wenige Tage nachdem Häuptling Noak und sein gesamtes Dorf geflohen waren, war Herman auf dem Weg zum Markt in Wasior, als er beobachtete, wie Thelis’ Schwager mit einigen Polizisten von der BRIMOB sprach. Er fragte sich, was da los war, versteckte sich hinter einem Stand und rief den kleinen Sohn des Schwagers zu sich herüber. Auf die Frage, worüber sich die Männer gerade unterhielten, erwiderte der Junge, dass sein Onkel Thelis demnächst von der BRIMOB verhaftet würde. Denn der Schwager hatte behauptet, dass Thelis an den Morden schuld war. Herman machte auf dem Absatz kehrt und eilte zum Haus seines Freundes, um ihn zu warnen. Innerhalb weniger Minuten flüchtete Thelis’ Familie in die Berge. Einige Tage später fuhren sie im Schutz der dunklen Nacht mit einem Boot in die Hauptstadt Jayapura, wo sie untertauchten.
     
    Nachdem drei Wochen verstrichen waren, ohne dass die BRIMOB die für die Schießerei Verantwortlichen gefunden hatte, zog sie sich aus der Gegend um Wasior zurück. Das Holzschlaggebiet wurde geschlossen. Doch an diesem Punkt begann die Geschichte sich erst richtig zu entwickeln. Denn die Männer hatten ihre getöteten Kameraden nicht vergessen.
    Als das Militär von Manokwari einen Monat später in derselben Gegend ein neues Holzschlaggebiet eröffnete, kam es erneut zu Gewaltausbrüchen. Der Ärger der BRIMOB war umso größer, da sie nicht nur zwei Männer, sondern auch das lukrative Holzschlaggebiet an das Militär verloren hatte.
     
    Am 27 . April 2001 traf Herman in Manokwari ein, um eine Reise nach Ujangpanda vorzubereiten, wo er an einem Landwirtschaftstreffen teilnehmen wollte. Um die Kosten möglichst gering zu halten, übernachtete er im Bürogebäude in Manokwari. Um vier Uhr nachts wurde er durch ein Klopfen geweckt.
     
    »Ich öffnete die Tür. Plötzlich spürte ich den Druck von drei Gewehrläufen auf meinem Körper. Eine Gruppe maskierter Männer stürmte das Büro. Weder sagten sie, wer sie waren, noch gaben sie eine Erklärung ab oder konnten einen Haftbefehl vorweisen.
    Völlig verwirrt fragte ich sie, ob etwas nicht in Ordnung sei. Schließlich waren meine offiziellen Reisedokumente für Ujangpanda erst am Vortag bewilligt worden. Sie schrien mich an und sagten, ich sei für die Morde an ihren Kameraden in Wasior verantwortlich, legten mir Handschellen an und nahmen anschließend das ganze Büro auseinander. Ich versuchte sie zu beruhigen und erklärte ihnen, dass ich ein Staatsbeamter sei und mit den Morden nichts zu tun hätte. Nachdem sie das Büro auf den Kopf gestellt hatten, ergriffen sie mich und schleppten mich nach draußen auf den Parkplatz. Dort stand ein ganz normaler Jeep ohne Polizeikennzeichen.
    Sie stießen mich in den Wagenfond, wo ich mich auf den Bauch legen musste. Ein entsetzlicher Schmerz durchfuhr mich, als sie mir ein Messer ins Genick stachen. Die Narbe ist noch immer zu erkennen. Dann sprang mir jemand wiederholt auf die Hände. Ich spürte, wie meine Knöchel knirschten und brachen, als sie mit ihren schweren Stiefeln wieder und wieder darauf herumtrampelten.
    Noch immer schrien sie mich an, ich solle mich zu der Tat bekennen. Ich beharrte darauf, dass ich unschuldig sei. Sie wurden immer wütender, steckten mir einen Gewehrlauf in den Mund, schlugen mir mehrere Zähne aus und traktierten mich für anderthalb Stunden mit Schlägen und Hieben. Dabei gingen sie mit solcher Gewalt vor, dass eines meiner Augen aus der Höhle sprang. In dem Moment verlor ich das Bewusstsein.
    Als ich wieder zu mir kam, zerrten sie mich gerade in die Zelle einer örtlichen Polizeiwache. Dort tat eine andere Gruppe der BRIMOB Dienst, die früher in Wasior stationiert gewesen war. Sie erklärten, dass sie mich kannten

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