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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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kommen Sie hierher?«
    »Durch die Thüre. Herr Legationsrath hatte vergessen, den Schlüssel umzudrehen. Sehen Sie mal, liebster Herr von Wandel, in unsern unsichern Zeiten! Wie viel Gesindel schleicht um. Hätten ja Ihren Sopha forttragen können. Sie hätten's in Ihren Meditationen nicht gemerkt. Aber ich habe hinter mir zugeschlossen; wir können jetzt ganz sicher sein.«
    »Tausendmal Vergebung, mein theuerster Freund, daß Sie mich in diesem Kostüm und hier – Kommen Sie in meine Wohnstube. Diese unerwartete Freude –« Er wollte ihn unter den Arm fassen; eben so schnell aber hatte der Kaufmann einen Schemel vor die Thür gestellt und darauf Platz genommen. Wo van Asten einmal Platz genommen, hätte es anderer Kräfte bedurft, ihn wieder fortzubringen. Breitbeinig saß er, die Füße fest auf den Boden, die Arme auf den Stock gestützt. Der Stock schon hatte etwas Respekt gebietendes, er schien mit Blei ausgegossen, als er auf die gebrannten Fliesen sank. »Werde mich ja nicht unterstehen, Sie zu derangiren. Wo ich Sie finde, sind mir Herr Legationsrath lieb.«
    »Wie Sie wollen!« sagte Wandel und nahm auf dem Stuhle Platz, so nachlässig, wie seine innere Aufregung erlaubte, den Rücken dem Herde zugekehrt, ein Bein über das andere streckend. Wie der Kaufmann in seiner Positur dem Rath den Weg durch die Thür versperrte, schien dieser den zum Herde zu verbarrikadiren. Der Kaufmann ließ seine Augen im Laboratorium wandern. »Was sind denn das für Frauenbilder?« – »Wären Ihnen die Züge vielleicht bekannt?« fragte Wandel, ihn scharf fixirend. – »Kam nie aus Berlin heraus. Aber das sind keine deutschen Frauenzimmer.« – »Welcher Kennerblick! Die Aeltere eine Schwedin, die Jüngere eine Italienerin.« – »So! so! Ich hätte sie für Schwestern gehalten, und sie kommen mir so niederländisch vor. Sie müssen nämlich wissen, ich bin auch aus flämischem Blute.«
    Der Legationsrath verzog faunisch das Gesicht: »Ich strenge mich vergebens an, eine Aehnlichkeit zwischen Ihnen und den Damen zu entdecken.« – »So wenig, als zwischen mir und dem Skelett da. – War auch wohl eine Dame?« – »Ich führe es mit mir zu anatomischen Studien. Schon seit länger. Ich kaufte es einmal von einem Todtengräber, ich erinnere mich wirklich nicht, wo.« – »Gleichviel! Der Tod ist jetzt umsonst, und Leichen wohlfeil. Aber die italienische und die schwedische Schwester, das müssen ein paar hübsche Mädchen gewesen sein. Gönne es Ihnen, Recreations der Jugend, geht mich nichts an.«
    Die umschweifenden Blicke schienen je mehr und mehr den Legationsrath in eine unbehagliche Spannung zu versetzen. Er kämpfte sichtbar mit einem Entschluß, der ihm ebenfalls schwer ward, aber es brach heraus: »Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuchs?« – »Eine kleine Geschäftssache.« – »Welche, theuerster Freund? Doch nicht –« »Ein kleiner Wechsel –« »Richtig!« Der Legationsrath schlug sich an die Stirn. »Der ist aber erst in acht Tagen fällig!« »Freut mich, daß Sie sich so genau erinnern. Ich habe immer gesagt, Sie sind ein prompter Mann. Ja, in acht Tagen fünftausend Thaler.« – »Die Sache ist mir sehr erinnerlich – zu Ende der Hundstage, aber ich glaubte, Sie hätten die Bagatelle längst abgegeben.« – »Auch geschehen, mir aber wieder zurückcedirt. Hat viele Herren gehabt; das macht sich wohl so im Geschäft.«
    Als der Kaufmann sein Taschenbuch aus der Brust zog, wobei er aber etwas sorgsamer zu Werke ging, als an jenem Abend, wo er die Wechsel vor dem Rittmeister auf den Tisch ausstreute, fiel Wandel ihm ins Wort: »Aber lassen wir das bis nachher. Die Sache ist ja kaum der Rede werth. Wie geht es jedoch Ihnen? Sie sehen nicht ganz wohl aus. Daß die Partie Ihres Herrn Sohnes rückgängig ward, konnte Sie doch nicht touchiren. Er ist im Gegentheil in sich gegangen und hat beim neuen Minister eine kleine Stellung angenommen. Ich parire, er wird ein vernünftiger Mensch werden.«
    »Kann sein. Söhne kosten immer Geld, so oder so; ob sie vernünftig sind oder toll.« – »In jenem Zustande wird er auch die vernünftige Partie, welche ein geliebter Vater für ihn ausgesucht, nicht länger von der Hand weisen.« – »Kann sein, kann auch nicht sein. So oder so. Hilft auch nichts, wenn Krieg wird. Es weiß Niemand, wo den Andern der Schuh drückt, mein Herr Geheimer Legationsrath.« – »Ich bin simpel Legationsrath,« lächelte Wandel. – »Sie sind ein geborner Geheimer. Ja, wenn

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