Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
es ist ebenfal s ein altes Nest. O nein…«
    »Was ist passiert?«
    »Ich fürchte, mein Schlüpfer ist gerissen…«
    »Ich lege immer großen Wert darauf, daß die Dinger genug Platz bie-
    ten«, sagte Nanny.
    Agnes setzte den linken Fuß auf einen Zweig, der bedrohlich knackte.
    Trampel, dachte Perdita. Ich könnte hier wie eine Gazelle klettern!
    »Gazellen klettern nicht!« erwiderte Agnes scharf.
    »Wie bitte?« ertönte es von unten.
    »Oh, schon gut…«
    Agnes schob sich vorsichtig weiter, und plötzlich füllten schwarz-weiße
    Federn ihr Blickfeld. Eine Elster landete nur dreißig Zentimeter vom
    Gesicht der jungen Hexe entfernt auf einem Zweig und schnatterte. Fünf
    weitere segelten von nahen Bäumen heran und stimmten mit ein.
    Eigentlich mochte Agnes gar keine Vögel. Es gab nichts gegen sie ein-
    zuwenden, wenn sie hoch am Himmel flogen, und manchmal klang ihr
    Gezwitscher ganz nett. Aber wenn man sie aus der Nähe sah, waren es
    zornige Nadelkugeln mit der Intelligenz einer Stubenfliege.
    Sie schlug nach der nächsten Elster, die daraufhin zu einem höher ge-
    legenen Ast flatterte, während Agnes um ihr Gleichgewicht kämpfte. Als
    der Ast unter ihr nicht mehr schwankte, setzte sie den Weg behutsam
    fort und versuchte dabei, den wütenden Vögeln keine Beachtung zu
    schenken und sich auf das Nest zu konzentrieren.
    Es ließ sich kaum feststellen, ob es die Reste eines alten Nestes oder
    das Fundament eines neuen war. Es enthielt ein wenig Flitter, einen
    Glassplitter, der selbst unter dem grauen Himmel glitzerte, und ein wei-
    ßes Objekt mit… goldener Kante.
    »›Fünf für Smaragde… sechs für Achat… ‹«, sagte Agnes zu sich selbst.
    »Es heißt ›fünf die Höl e, die Sechs Paradies‹!« rief Nanny von unten.
    »Ich kann das Nest von hier aus erreichen…«
    Der Ast brach. Auf dem Weg in die Tiefe gab es noch viele andere Äs-
    te und Zweige, aber diese bremsten den Fal nur wenig. Der letzte warf
    Agnes in einen Busch.
    Nanny nahm die Einladungskarte aus der nach oben gestreckten Hand.
    Regen hatte die Tinte verwischt, doch das Wort »Wetterwachs« ließ sich
    noch immer klar entziffern. Mit dem Daumen kratzte sie an der golde-
    nen Kante.
    » Zuviel Gold«, sagte sie. »Nun, jetzt wissen wir, warum Esme nicht gekommen ist. Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, daß Elstern al es stehlen, was glänzt.«
    »Ich bin nicht verletzt«, verkündete Agnes. »Der Busch hat den Auf-
    prall gedämpft.«
    »Ich drehe ihnen die verdammten Hälse um«, sagte Nanny. Die Elstern
    in den Bäumen kreischten.
    »Al erdings ist mein Hut ein wenig verrutscht«, fügte Agnes hinzu, er-
    hob sich und gab den sinnlosen Versuch auf, Mitleid zu erregen. »Na
    schön, wir haben die Einladungskarte gefunden. Es war al es ein bedau-
    erlicher Irrtum. Niemand hat schuld. Laß uns jetzt nach Oma suchen.«
    »Das hat keinen Sinn, wenn sie nicht entdeckt werden will«, sagte
    Nanny und rieb noch immer nachdenklich den Rand der Karte.
    »Du könntest borgen. Selbst wenn sie früh aufgebrochen ist – einige
    Geschöpfe haben sie bestimmt gesehen…«
    »Ich borge nicht mehr«, entgegnete Nanny mit fester Stimme. »Mir
    fehlt Esmes Selbstdisziplin. Ich lasse mich… in Dinge verwickeln. Ein-
    mal bin ich drei Tage lang ein Kaninchen gewesen, bis unser Jason Esme
    holte – sie brachte mich zurück. Noch etwas länger, und es hätte kaum
    mehr ein Ich für die Rückkehr gegeben.«
    »Kaninchen scheinen nicht sehr interessant zu sein.«
    »Sie haben gute und schlechte Zeiten.«
    »Na schön, dann sehen wir eben in die grüne Glaskugel«, sagte Agnes.
    »Damit kennst du dich gut aus, wie ich von Magrat weiß.« Auf der ande-
    ren Seite der Lichtung fiel ein gelockerter Ziegelstein aus dem Schorn-
    stein der Hütte.
    »Aber nicht hier«, erwiderte Nanny widerstrebend. »Hier ist es mir zu
    unheimlich… O nein, als hätten wir nicht schon genug Probleme… Was
    macht er denn hier?«
    Hilbert Himmelwärts wanderte durch den Wald und bewegte sich da-
    bei mit der Unbeholfenheit eines Städters, der zum erstenmal auf ech-
    tem, von Furchen durchzogenem, mit welkem Laub und Zweigen be-
    deckten Boden unterwegs war. Sein besorgter Gesichtsausdruck verriet,
    daß er befürchtete, jeden Augenblick von Eulen oder Käfern angegriffen
    zu werden.
    In seiner sonderbaren schwarzweißen Kleidung wirkte er fast wie eine
    menschliche Elster.
    Die in den Bäumen hockenden Elstern schnatterten einmal mehr.
    »›Sieben das Geheimnis,

Weitere Kostenlose Bücher