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Ruht das Licht

Ruht das Licht

Titel: Ruht das Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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schwieg. Im Hintergrund hörte ich andere Mädchenstimmen, hohes, unverständliches Geplauder, das Rauschen eines Wasserhahns, dann wieder Stille. »Okay«, sagte sie.
    »Was, okay?«, fragte ich.
    »Okay, vielleicht darfst mich doch mal anrufen. Irgendwann. Meine Nummer hast du ja jetzt.«
    Ich wollte noch etwas sagen, aber sie hatte schon aufgelegt.

KAPITEL 18
SAM
    Ich hatte keine Ahnung, wo meine Freundin war, mein Handyakku war leer, ich lebte unter einem Dach mit einem möglicherweise wahnsinnigen neuen Werwolf, von dem ich nicht wusste, ob er sich umbringen würde oder vielleicht eher mich, und ich war meilenweit entfernt von allem und zählte Bücher. Irgendwo da draußen geriet gerade meine ganze Welt aus den Fugen und ich stand hier in einem wunderbar normalen Fleckchen Sonnenlicht und schrieb »Die Bienenhüterin (3/TB)« auf einen gelben Notizblock mit der Überschrift INVENTUR.
    »Heute müssten wir eigentlich ein paar neue Schätzchen reinkriegen.« Nachdem ihre Stimme ihr schon vorausgeeilt war, kam Karyn, die Inhaberin des Ladens, aus dem Büro. »Wenn der UPS-Mann kommt. Hier.«
    Ich drehte mich zu ihr um und sah, dass sie mir einen Styroporbecher entgegenstreckte.
    »Womit hab ich das denn verdient?«, fragte ich.
    »Mit gutem Benehmen. Grüner Tee. Den trinkst du doch immer, oder?«
    Ich nickte erfreut. Ich hatte Karyn von Anfang an gemocht, seit unserer ersten Begegnung. Sie war Mitte fünfzig, hatte kurzes, fransiges Haar, das schon vollkommen weiß war, aber ihr Gesicht – besonders ihre Augen – mit den immer noch dunklen Augenbrauen wirkte jugendlich. Hinter ihrem freundlichen, zuvorkommenden Lächeln allerdings verbarg sich ein eiserner Kern. Es war, als schlüge sich das Beste aus ihrer Persönlichkeit in ihrem Äußeren nieder. Ich stellte mir gern vor, dass sie mir den Job gegeben hatte, weil das bei mir ganz ähnlich war.
    »Danke«, sagte ich und trank einen Schluck. Als das heiße Getränk mir den Hals hinunter in den Magen lief, fiel mir ein, dass ich noch nichts gegessen hatte. Ich hatte mich zu sehr daran gewöhnt, morgens zusammen mit Grace mein Müsli zu essen. Ich hielt Karyn den Block hin, damit sie sehen konnte, wie weit ich gekommen war.
    »Sehr schön. Irgendwas gefunden?«
    Ich deutete auf die Bücher, die am falschen Platz gestanden hatten und jetzt ordentlich gestapelt hinter mir auf dem Boden lagen.
    »Wunderbar.« Mit angestrengter Miene friemelte sie den Deckel von ihrem Kaffeebecher und pustete auf den dampfenden Inhalt. Sie musterte mich. »Und, schon aufgeregt wegen Sonntag?«
    Ich hatte keine Ahnung, wovon sie redete, und ich war sicher, dass man mir das auch ansah. Ich wartete, ob mein Gehirn mir einen Hinweis liefern würde, als jedoch keiner kam, wiederholte ich einfach: »Sonntag?«
    »Das Studio?«, präzisierte sie. »Mit Grace?«
    »Du weißt davon?«
    Ohne ihren Kaffee abzustellen, hob Karyn umständlich die Hälfte meines Bücherstapels auf und erklärte: »Grace hat mich angerufen und gefragt, ob du an dem Tag arbeiten musst.«
    Natürlich hatte sie das. Grace hätte nie einen Termin für mich vereinbart, ohne vorher alles genau abzuklären. Ich spürte ein Stechen im Bauch, wieder diese beißende Verzweiflung, weil ich sie so vermisste. »Ich weiß gar nicht, ob daraus noch was wird.« Ich stockte. Karyn hob eine Augenbraue und wartete darauf, dass ich weitersprach. Und dann erzählte ich ihr alles, auch die Einzelheiten, die ich Isabel in der Nacht zuvor verschwiegen hatte – weil sich Karyn, im Gegensatz zu Isabel, wirklich dafür interessierte. »Ihre Eltern haben mich in ihrem Zimmer erwischt … also, im Bett.« Ich merkte, wie meine Wangen heiß wurden. »Sie war krank und hat plötzlich geschrien, darum sind sie reingekommen, um nach ihr zu sehen. Sie haben mich weggeschickt. Ich hab keine Ahnung, wie es ihr jetzt geht. Ich weiß noch nicht mal, ob sie mich noch mal zu ihr lassen.«
    Karyn antwortete nicht sofort. Das war eins der Dinge, die ich so an ihr mochte. Sie brabbelte nicht automatisch irgendwas daher, von wegen Das kommt schon wieder in Ordnung, wenn sie nicht davon überzeugt war, dass das auch die richtige Antwort war. »Sam, warum hast du denn nicht gesagt, dass du heute nicht arbeiten kannst? Ich hätte dir doch freigegeben.«
    »Aber die Inventur«, erwiderte ich etwas hilflos.
    »Die Inventur hätte auch warten können. Wir machen das doch nur, weil es März ist und eiskalt und sowieso keiner kommt«, sagte Karyn. Nachdenklich

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