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Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Titel: Rum Diary: Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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etwas zu tun hatte. Hin und wieder sah ich zum Bett rüber. Sie lag auf dem Rücken, die Arme über dem Bauch verschränkt.
    »Chenault«, sagte ich schließlich. »Geht’s dir gut?«
    »Ja«, antwortete sie mit dem gleichen matten Tonfall.
    Ich drehte mich um. »Vielleicht sollte ich besser einen Arzt rufen.«
    »Nein«, sagte sie. »Es geht mir gut. Ich will mich nur ausruhen.«
    Ich zuckte die Schultern und ging zurück an den Herd. Ich verteilte Speck und Eier auf zwei Teller und goß zwei Gläser Milch ein. »Hier«, sagte ich und brachte ihr den Teller ans Bett. »Vielleicht geht es dir besser, wenn du das gegessen hast.«
    Sie rührte sich nicht, und ich stellte den Teller auf einen Tisch neben dem Bett. »Besser, du ißt etwas«, sagte ich. »Du siehst verdammt ungesund aus.«
    Sie starrte immer noch zur Decke. »Ich weiß«, flüsterte sie. »Laß mich einfach ausruhen.«
    »Von mir aus gern«, sagte ich. »Ich muß sowieso in die Arbeit.« Ich ging in die Küche und nahm zwei Schlucke warmen Rum, dann duschte ich und zog mich an. Als ich ging, stand ihr Teller unangetastet auf dem Tisch. »Dann sehen wir uns gegen acht«, sagte ich. »Ruf mich an, wenn du irgendwas brauchst.«
    »Mach ich«, sagte sie. »Bis dann.«
    Ich verbrachte den größten Teil des Tages im Archiv, machte mir Notizen zu früheren antikommunistischen Untersuchungen und stöberte nach Hintergrundmaterial über Personen, die mit den Hearings zu tun hatten, die am
Donnerstag beginnen sollten. Ich ging Sala aus dem Weg und hoffte, daß er mich nicht suchen würde, um nach Neuigkeiten über Chenault zu fragen. Um sechs Uhr meldete sich Lotterman aus Miami; er beauftragte Schwartz, sich um das Blatt zu kümmern, und kündigte an, am Freitag mit »guten Nachrichten« wieder da zu sein. Das konnte nur bedeuten, daß er irgendeine Geldquelle aufgetan hatte; das Blatt würde wohl eine Weile überleben, und ich hatte noch meinen Job.
    Ich ging gegen sieben. Es gab nichts mehr zu tun, und ich wollte es vermeiden, jemandem in die Arme zu laufen, der auf dem Weg zu Al’s war. Ich ging über die Hintertreppe runter und schlüpfte in meinen Wagen wie ein Flüchtling. Irgendwo in Santurce überfuhr ich einen Hund, aber ich hielt nicht an. Als ich zurück ins Apartment kam, schlief Chenault noch immer.
    Ich machte ein paar Sandwiches und eine Kanne Kaffee, und während ich in der Küche herumklapperte, wachte sie auf. »Hallo«, sagte sie leise.
    »Hallo«, sagte ich, ohne mich umzudrehen. Ich machte eine Dose mit Tomatensuppe auf und stellte sie auf den Herd. »Magst du was essen?« fragte ich.
    »Ich glaube schon«, sagte sie und setzte sich auf dem Bett auf. »Aber ich koche.«
    »Ist schon fertig«, sagte ich. »Wie geht’s dir?«
    »Besser«, sagte sie. »Viel besser.«
    Ich brachte ihr ein Schinkensandwich und einen Teller Suppe ans Bett. Der Speck und die Eier vom Frühstück standen immer noch da, kalt und eingetrocknet. Ich nahm den Teller vom Tisch und stellte das andere Essen an die Stelle.
    Sie sah auf und lächelte. »Du bist so ein guter Mensch, Paul.«
    »Ich bin nicht gut«, sagte ich auf dem Weg zur Küche. »Nur ein bißchen konfus.«
    »Warum?« fragte sie. »Wegen dem, was passiert ist?«
    Ich trug mein Essen hinüber an den Tisch am Fenster und setzte mich. »Genau«, sagte ich nach einer Pause. »Deine … äh … deine Manöver in den letzten Tagen waren … äh … ein bißchen eigenartig, um es vorsichtig auszudrücken.«
    Sie sah auf ihre Hände. »Warum hast du mich reingelassen?« sagte sie schließlich.
    Ich zuckte die Schultern. »Keine Ahnung – dachtest du, ich würde nein sagen?«
    »Ich wußte es nicht«, antwortete sie. »Ich wußte nicht, was du denken würdest.«
    »Das wußte ich auch nicht«, sagte ich.
    Plötzlich schaute sie mich an. »Ich wußte einfach nicht, was ich tun sollte«, platzte sie heraus. »Als ich ins Flugzeug stieg, habe ich gehofft, daß es abstürzt! Ich wünschte mir, daß es explodiert und im Ozean versinkt!«
    »Woher hattest du ein Flugticket? Ich denke, du hattest kein Geld«, fragte ich, ohne nachzudenken, und in dem Moment, als die Worte aus meinem Mund kamen, bereute ich sie schon.
    Sie sah erschrocken aus, dann fing sie an zu weinen. »Jemand hat es mir gekauft«, sagte sie schluchzend. »Ich hatte kein Geld, ich –«
    »Schon gut«, sagte ich schnell. »Ich wollte das gar nicht fragen. Ich hab nur Journalist gespielt.«
    Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen und fuhrt fort

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