Runenschwert
Hedin, » vielleicht fünfzig, mit Speeren und Klingen und Schilden, aber ohne Rüstung, und auf dem Kopf haben sie lediglich Turbane. Aber sie haben Bogen, Bärentöter, und wenn wir uns ihnen im offenen Gelände nähern, können sie uns einfach abschießen.«
» Reiter?«
Schielauge schüttelte den Kopf. » Keine Spur. Sie gehören nicht zu denen, mit denen wir gekämpft haben.«
Das hatte ich auch nicht vermutet. Die waren direkt zu Faruk geritten, um Bericht zu erstatten, und jetzt war er vermutlich schon auf dem Weg hierher, denn einige der Reiter hatten wahrscheinlich gehört, dass dieses Dorf unser Ziel war. Ich sah zum Himmel, der sich langsam verdunkelte.
» Es wohnen auch Leute dort«, sagte Hedin, der an einem Streifen von getrocknetem Ziegenfleisch kaute.
» Natürlich wohnen dort Leute. Es ist ja ein Dorf«, brummte Finn, aber Hedin schüttelte den Kopf.
» Frauen und Kinder, mit verschleierten Gesichtern. Das sind doch keine Griechen, oder?«
Nein, das war eine Sitte, die man aus Serkland kannte. Natürlich war dieser Faruk kein einfacher Räuber, er war einer der großen Herren, dem der Kaiser von Miklagard befohlen hatte, aus Zypern zu verschwinden, der aber beschlossen hatte, zu bleiben und zu kämpfen. Jetzt hatte er eine Stadt und zwei Dörfer erobert und war eine echte Bedrohung.
» Wir werden sie angreifen, wenn es fast dunkel ist«, sagte ich, » dann wird es schwer für sie, mit Pfeilen zu schießen. Wir müssen nur bis zur Kirche kommen und den Gegenstand finden, um den es Balantes geht. Dann verschwinden wir sofort wieder.«
» Wollen wir ihn denn stehlen?«, fragte Schielauge, worüber sogar seine eigenen Rudergefährten lachen mussten.
» Natürlich stehlen wir ihn, du Esel«, erwiderte Hedin Häuter und boxte ihn in die Seite.
Ich überließ es ihnen, sich weiter die Köpfe heißzureden, denn ich hatte ein ganz anderes Problem – nämlich, was sollte ich mit den Verwundeten machen? Einer wurde schon vom Wundfieber geschüttelt, der andere hatte ein so schwer verletztes Bein, dass er nie mehr richtig laufen würde, obwohl er noch reiten konnte.
Der Fiebernde war ein alter Rudergefährte namens Ofeig, er war es, der auf die Rabenklaue getreten war. Eine einfache kleine Wunde, kaum zu erkennen, die sich aber in einem halben Tag schlimm entzündet hatte. Also musste ein Gift daran sein, und ich nahm mir vor, die Männer, die sie ausstreuten, zu warnen. Doch plötzlich schämte ich mich. Ich machte schon wieder Pläne, während hier ein guter Mann im Sterben lag.
Bruder Johannes saß bei ihm, er legte nasse Tücher auf seine Stirn und murmelte seine Gebete um Heilung, er bekreuzigte sich und legte immer wieder die Hände ineinander. » Ich bete zur Erde und zum hohen Himmel, zur Sonne, zur Jungfrau Maria und zu Gott selbst, dass er mir heilende Hände und eine heilende Zunge schenke, damit ich Ofeig von der Schüttelkrankheit heilen kann. Vom Rücken und von der Brust, vom Leib und von den Gliedern, von Augen und Ohren, von überall her, wo Übel in ihn eindringen kann …«
Es half nicht im Geringsten. Finn kniete auf der anderen Seite, und Ofeig, in Schweiß gebadet, öffnete die Augen und grinste schwach.
» Eigentlich hatte ich mir eine Walküre hübscher vorgestellt«, sagte er, denn er wusste, wie es um ihn stand.
Finn nickte ernst. Walküren waren nicht hübsch. Sie kamen auf Wölfen geritten, um die Erwählten in den Himmel zu tragen, grausam und unbarmherzig – aber manchmal war eine barmherzige Lüge erlaubt.
» Auf dich wartet schon eine«, sagte er so sanft wie möglich. » Sie hat rotgoldenes Haar und Brüste wie Kopfkissen, sie hat nur Augen für dich und fragt sich, was dich noch hält.«
Er legte Ofeig seine große, schwielige Hand über die Augen, der erstarrte, dann fing er erneut an zu zittern.
» Gute Reise, Ofeig«, sagte Finn, indem er mit der anderen Hand die scharfe Klinge über Ofeigs Kehle gleiten ließ. Dann hielt er ihn fest, während das Blut stoßweise herausquoll und über die Brust des Toten lief.
Kurz darauf richtete Finn sich auf und wischte Hände und Klinge – die, die ich ihm geschenkt hatte und die er Godi genannt hatte – an Ofeigs Hose ab. Über den Toten hinweg sah er mich an. » Das nächste Mal machst du es«, sagte er, und ich schämte mich, denn das hatte Einar ebenfalls gemacht, als er noch lebte. Es war die Aufgabe des Jarls.
» Zu mir brauchst du nicht zu kommen«, knurrte Sumarlidi, der das verletzte Bein hatte. Er setzte
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