Runlandsaga - Die Schicksalsfestung
Dessen reglose, tote Augen glotzten ihn aus nächster Nähe an, als forderten sie ihn auf, ebenfalls still neben ihm liegen zu bleiben, wenn er nun schon einmal zu Boden gegangen war – ein weiteres Opfer dieses erbarmungslosen Landes, in dem jede Bewegung nur aus zwei Gründen erfolgte: zu jagen, um am Leben zu bleiben, und zu fliehen, um am Leben zu bleiben.
Pándaros trat einen Schritt vor und hob erneut seine Arme in dem Versuch, den Fremden zu beruhigen. Im selben Moment richteten sich drei gespannte Bögen auf ihn. Die Nomaden hatten sie so schnell ergriffen, wie sie auch ihre Pferde den Hang hinabgelenkt hatten.
Der Mann, der die Sprache der beiden Priester beherrschte, hatte im Gegensatz zu seinen Kameraden beide Hände noch auf dem Sattelknauf liegen und sah neugierig auf ihn herab.
»Hört mich an«, richtete Pándaros das Wort an ihn. Neben ihm hatte Denebs Angreifer noch immer seine Faust geballt, bereit, ein weiteres Mal zuzuschlagen.
»Dieses Fohlen«, er deutete auf das tote Tier zu seinen Füßen und hörte seinen Freund auf dem Boden leise stöhnen, als dieser seine Nase betastete, »wurde gerade von Wölfen gerissen. Versteht ihr? Wölfe!« Als keiner der Männer darauf eine Regung zeigte, legte er seinen Kopf in den Nacken und gab ein lautes Heulen und Knurren von sich. Wahrscheinlich würden sie ihn jetzt für verrückt halten, aber die Hoffnung bestand doch, dass sie errieten, was er ihnen mitteilen wollte. Tatsächlich sahen ihn die Männer stirnrunzelnd über ihre gespannten Bögen hinweg an, als sei er ein gefährlicher Irrer. Der Nomade, der Deneb niedergeschlagen hatte, war etwas von Pándaros abgerückt.
»Wölfe«, wiederholte der Priester noch einmal. »Wir haben sie fortgejagt.« Er ahmte einen Tritt gegen einen unsichtbaren Wolf nach, bei dem die auf ihn gerichteten Bögen beinahe noch stärker gespannt wurden. »Wir haben uns nur über das tote Tier hergemacht.«
Der Mann, der keine Waffe auf sie gerichtet hatte, winkte kurz mit seiner rechten Hand, und die anderen senkten ihre Bögen.
»Ihr – Diebe!«, sagte er erneut mit einer ruhigen, aber festen Stimme, die keinen Widerspruch duldete.
»Ihr versteht nicht ...«, erwiderte Pándaros lahm.
»Ich verstehe«, gab der Fremde in seinem schwer verständlichen Akzent zurück. Er musterte den Priester beinahe beleidigt. »Ich verstehe gut. Ihr habt nicht getötet das ingla , aber auch totes ingla ist von uns. Dies Land ist von uns. Ihr gehört nicht in dies Land.«
»Da hat er Recht, bei allen Geistern«, murmelte Deneb kaum verständlich. Er hörte sich an, als sei er schwer verschnupft. Seine Nase wies einen Höcker auf, den sie vorher nicht besessen hatte. Frisches Blut glänzte auf seinen Lippen und seinem Kinn. »Es tut uns leid, wenn wir euch ... wenn wir euch beleidigt haben sollten.« Mühsam kam er auf die Beine. »Ihr könnt das Fohlen – das ingla gerne behalten. Wir hatten noch nicht einmal Zeit, etwas Fleisch aus ihm herauszuschneiden.«
»Ihr kommt mit uns«, sagte der Nomade, dessen Blick weiter auf Pándaros gerichtet war, als hätte er Deneb nicht gehört.
»Was?«, rief der kleine Archivar erschrocken.
Pándaros rempelte ihn sofort an. »Sei still«, flüsterte er. »Die bringen uns ohne zu zögern um, wenn wir uns weigern.«
»Aber wir haben doch nichts getan«, empörte sich Deneb. Er berührte seine gebrochene Nase und zuckte sofort schmerzhaft zusammen.
»Das ist denen egal. Die würden uns auch mitnehmen, wenn du dein Messer nicht in dem toten Fohlen versenkt hättest. Das hier ist ihr Land, und niemand darf es durchqueren, wenn sie es nicht wollen. Ich habe gehört, sie misstrauen den Stadtmenschen.«
Deneb senkte stöhnend den Kopf. Die Nomaden waren von ihren Pferden gestiegen. Einer von ihnen trat mit einer Lederschnur auf sie zu.
»Nicht wehren«, sagte der Mann, der die Sprache der beiden Priester verstand. »Wenn ihr euch wehrt, sterbt ihr hier.«
»Was habt ihr mit uns vor?«, fragte ihn Deneb, während einer Pándaros die Hände fesselte.
»Wir bringen euch zu Callabarum , unser ... Dorf. Watanja sagt, was wir mit euch tun. Heilige Mann aus Sol guter Preis.«
» Guter Preis? «, ächzte Deneb, dem nun ebenfalls von dem Mann, der ihn niedergeschlagen hatte, die Hände gebunden wurden. Er schniefte laut, so dass das an seinen Nasenlöchern klebende Blut Blasen warf, konnte es nun aber nicht mehr abwischen. Hilflos wandte er sich Pándaros zu. »Hast du das gehört? Wollen die uns etwa
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