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Runlandsaga - Feuer im Norden

Runlandsaga - Feuer im Norden

Titel: Runlandsaga - Feuer im Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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den Tiefen des Weltalls das Quelor umgab. Sein Leuchten taucht die Gesichter aller an Deck in den mehr gelben als rötlichen Schein eines Sonnenuntergangs, wie er besonders den Gegenden des Nordens zu eigen ist.
    Er sieht jenseits der durchsichtigen Kugel an Steuerbord den Wirbelsturm, der das Schiff erreicht hat, eine um sich selbst rasende Säule, durchsetzt von Blitzen wie ein Netzwerk aus gleißenden Adern.
    Er sieht Arcad, der mit geschlossenen Augen über Syr zusammengesunken ist. Seine Hände liegen auf ihren Saiten. Obwohl sich die Finger des Elfen nicht rühren, ertönen noch immer die Klänge des Instruments, als wäre es zu eigenem Leben erwacht.
    Er sieht Calach, der sich krampfhaft am Mast des Schiffs festhält, um auf den Beinen zu bleiben. Die Finger des Kochs sind abgerutscht, dennoch schlittert er nicht über die Planken der schräg in den Wellen liegenden Tjalk. Alle seine Bewegungen sind erstarrt.
    Er sieht Suvare am Heck ihres Schiffs über das Steuerrad gebeugt, ihr Gesicht bleich und angespannt unter ihrem kurz geschnittenen Haar, das leuchtet wie Feuer. Ihre Augen sind starr vor Schrecken und Staunen auf die Spitze des Mastes gerichtet. Es ist der höchste Punkt der Tjalk und gleichzeitig auch der Scheitelpunkt der Kugel aus Licht, des gewaltigen, gelben Bernsteins, in dem sie alle eingeschlossen sind wie Überreste des Lebens aus vergangener Zeit.
    Er sieht all dies in einem Augenblick, als würde er aus den verschiedensten Winkeln ins Innere eines geschliffenen Kristalls blicken. Erst jetzt dringt die Ahnung einer Erkenntnis durch seinen Geist: Der lähmende Zauber, den Arcad mit Syrs Hilfe hervorgerufen hat, bewahrt sie alle davor, von der Gewalt des Wirbels erfasst und über Bord geschleudert zu werden. Die leuchtende Sphäre beschützt sie, wie versteinertes Harz die Fliege bewahrt, die es umhüllt.
    Ein dumpfes Grollen wirft ihn wieder in die Zeit hinein. Der Sturm hat die das Schiff umgebende Kugel mit voller Wucht getroffen. Ihr Licht flackert, doch es erlischt nicht. Die Gewalt des Wirbels kann den Schild, der von der Harfe ausgeht, nicht durchdringen, aber dennoch wird die Tjalk von der Kraft des Sturms aus dem Wasser gerissen. Das Auf und Ab der Wellen, denen die Suvare ausgesetzt ist, endet abrupt. Enris fühlt sich mitsamt dem Schiff in die Höhe geschleudert. Ein Brausen füllt seinen Verstand, drückt schmerzhaft gegen das Innere seines Schädels, bis er vor Schmerzen laut aufschreit, doch der Lärm dröhnt so ohrenbetäubend, dass er Enris‘ Stimme völlig verschluckt.
    Vor seinen weit aufgerissenen Augen, die er ebenso wenig schließen kann, wie es ihm auch sonst unmöglich ist, selbst die geringste Bewegung zu vollziehen, rasen dunkle Wolkenfetzen vorbei. Blitze schießen durch die graue Masse. Immer wieder flackert ein gelbes Leuchten in dem Sturm auf, der sie alle ergriffen hat. Es erinnert ihn daran, dass Syrs Schild sie noch weiterhin schützt, auch wenn sie mitsamt dem Schiff zu einem Spielball dieses riesigen Wirbels geworden sind.
    Auf einmal hört er Arcads Stimme, so laut und deutlich, als riefe ihm der Endar direkt ins Ohr.
    Bei der Träumenden! Der Wächter – sie töten den Wächter!
    Enris versteht nicht, was Arcad meint, doch bevor er Worte für eine Frage gefunden hat, vernimmt er wieder die erregte Stimme des Elfen wie die seiner eigenen Gedanken in seinem Verstand.
    Sieh nicht mit deinen Augen, Junge! Sieh mit deinem Geist!
    Alles, was Enris zunächst erblickt, ist das Innere des Sturms, der sie alle höher und höher mit sich reißt, ein brüllendes Ungeheuer aus entfesselten Naturgewalten, doch er beginnt, Formen in dem tosenden Wirbel zu erkennen. Die vorbeirasenden Wolkenfetzen sind miteinander verbunden, unzählige dunkle Schuppen auf einem lang gezogenen, echsenartigen Körper mit riesigen, ausladenden Schwingen. Das Wesen dreht sich wie besessen um sich selbst, als jage es seinen eigenen Schwanz. Sein Rachen, der ebenfalls aus brodelnden Wolken besteht, ist weit aufgerissen, und das Heulen des Sturms, der das Schiff in seiner Gewalt hat, ist die Stimme dieses riesigen Drachen aus Luft. Enris ist es unbegreiflich, wie er die Form des Wirbels nicht gleich erkennen konnte. Er glaubt, dass es etwas mit Arcads Zauber zu tun haben muss, doch bevor er weiter darüber nachsinnen kann, schießen weitere Blitze krachend durch den Wirbel. Einer schlägt so hart an der Außenseite der schützenden Kugel auf, dass ihr Licht kurz aufflackert, als hätte ein

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