Runlandsaga - Sturm der Serephin
dass ihm die Füße eingeschlafen waren. Es war unübersehbar, wie peinlich ihm die Bemerkung war, die er gerade herausgepoltert hatte. Margon überraschte das nicht. Er hatte schon zu oft erlebt, dass Menschen zu glauben schienen, ein Magier würde sie sofort mit einem Fluch belegen, wenn man ihn verärgerte. Außerdem gab es unter jenen, die das Wissen um die Verborgenen Dinge erlangt hatten, nicht wenige, die genau das taten. Magie brachte nicht unbedingt bessere Menschen hervor.
»Euch meine ich damit doch gar nicht«, sagte Pezarin unsicher. »Ihr – Ihr seid nicht hier geboren, aber Ihr lebt hier. Mit Fremden meine ich diejenigen, die hierher kommen, Ärger machen und wieder weiterziehen.«
Seine Stimme wurde wieder lauter, als er fortfuhr.
»Der Fellhandel spült den letzten Abschaum an. Erinnert ihr euch noch an dieses Schiff aus Yesat letzten Sommer? Die versoffenen Schweine von diesem Kahn haben damals die ganze Handelsstation auseinander genommen – und wer musste die alle wieder auf ihr Schiff verfrachten, nachdem sie sich ausgetobt hatten? Die Stadtwache! Meinem Bruder haben sie damals den Kiefer gebrochen!«
Nivas trank einen Schluck Wein und nickte.
»Ich kann mich noch erinnern. War das eine Keilerei!«
»Das wäre alles nicht passiert, wenn wir kein Umschlag-platz für den Fellhandel wären!«, rief Pezarin. »Die verdammten Fremden bringen nur Ärger! Und wer von uns sieht denn schon etwas von dem ganzen Geld, das sich die reichen Herren, die am Stadtrand wohnen, mit dem Handel in die Truhen schaufeln?«
Enris starrte zu Boden.
»Wir Fischer bestimmt nicht«, fuhr Pezarin fort, der mittlerweile in Fahrt geraten war. Rote Flecken leuchteten auf seinen Wangen. »Nur der Ärger, den das ganze Gesindel mitbringt, mit dem sie Handel treiben, der bleibt an uns hängen! Hat uns vielleicht mal einer gefragt, ob wir Lust darauf haben, alle paar Monate diese unbequemen Rüstungen anzuziehen und Büttel zu spielen? Nein, das legt der Rat der Stadt einfach fest, und im Rat sitzen keine Fischer!«
»Aber wenigstens hat es etwas Gutes«, meldete sich Nivas in versöhnlichem Tonfall zu Wort. »Dass wir eine Stadtwache haben, hält uns die Überfälle der Piraten vom Hals.«
»Ay, Überfälle, die es bestimmt nicht gäbe, wenn wir nur ein einfacher Fischerort wären«, entgegnete Pezarin wütend. »Wer würde uns schon ausrauben wollen, wenn es hier keinen Fellhandel mehr gäbe?«
»Da fänden sich immer noch genügend Verbrecher«, wandte Margon mit ruhiger Stimme ein. Die drei anderen im Raum blickten ihn gespannt an.
»Und reichlich Gründe für Auseinandersetzungen gäbe es ebenso. Du glaubst doch nicht im Ernst, Pezarin, dass all eure Probleme gelöst wären, hätte Andostaan plötzlich keine Händler mehr! Ich habe Dörfer gesehen, die weit ärmer waren als diese Stadt, aber das hat die Banden der Gesetzlosen nicht abgehalten, sie heimzusuchen. Mit reich oder arm hat das nichts zu tun, nur damit, ob man wehrlos ist oder nicht. Wer sich nicht wehrt, der wird zu Boden getreten, egal wie wenig bei ihm zu holen ist.«
»Er hat Recht«, meldete Nivas sich zu Wort. »Du kannst dich am elendsten Stück Land weit und breit festklammern und hoffen, dass diesen Haufen Steine doch niemand haben wollen wird, aber irgendwann kommt jemand mit einem Schwert in der Hand und nimmt dir selbst das.«
Pezarin griff sich den zweiten Becher und schenkte sich Wein ein.
»Es wird sich nie etwas ändern«, brummte er, nun etwas leiser. Er wandte sich wieder der Partie Dreyn zu und setzte mit einer schnellen Bewegung einen seiner schwarzen Steine auf den weißen, den Nivas gerade bewegt hatte.
»Wir werden jedenfalls die Augen offen halten«, versprach Nivas. »Wenn die Kerle, von denen Ihr gesprochen habt, tatsächlich zur Meeresburg heraufkommen sollten, dann schlagen wir Alarm. Niemand schafft es hier herein, wenn wir es nicht wollen.«
Damit griff sich einen seiner Spielsteine, die sich noch nicht auf dem Brett befanden, und setzte ihn.
»Dreyn«, sagte er trocken. »Du hast verloren.«
Pezarin starrte wortlos auf das Brett.
Um Margons Mund spielte ein Lächeln.
»Wir verlassen euch jetzt wieder. Habt eine ruhige Nacht!«
»Danke für den Wein«, fügte Enris hinzu. Er folgte dem alten Magier in die Kälte des nächtlichen Turms. Hinter sich hörte er Pezarins Stimme.
»Das gibt‘s doch nicht! Du hast ein paar Steine vertauscht, als ich nicht hingesehen hab!«
»Ach was«, widersprach Nivas. »So, wie du
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