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Rushdie Salman

Rushdie Salman

Titel: Rushdie Salman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die bezaubernde Florentinerin
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die hundert
Janitscharen, deren Aufmachung Entsetzen im Herzen
aller Zuschauer weckte. Jetzt ist unsere Stadt sicher, hörte man jemanden rufen, denn unsere unbesiegbaren Beschützer sind gekommen. Dieser Name - die Unbesiegbaren - blieb an den neuen Wächtern der Stadt hängen.
Herzog Giuliano, der vom Balkon des Palazzo Vecchio
herabwinkte, schien es zu freuen, dass sein neuer Mitstreiter bei der Öffentlichkeit so gut ankam, wohingegen
sein Neffe Lorenzo einen mürrischen und griesgrämigen
Eindruck machte. Als Argalia zu den beiden mächtigen
Medici aufsah, wurde ihm klar, dass er den Jüngeren besonders aufmerksam im Blick behalten musste.
    Herzog Giuliano erkannte in Qara Köz auf Anhieb die
Frau aus dem Zauberspiegel wieder, das Objekt seiner
knospenden Begierde, und vor Freude hüpfte ihm das
Herz im Leib. Lorenzo de’ Medici sah sie ebenfalls, und
mit lüsternem Verlangen träumte er davon, sie zu besitzen. Was Argalia betraf, so kannte er die Gefahr, seine
Geliebte derart prächtig geschmückt in die Stadt zu bringen, und dies noch unter den Augen jenes Herzogs, dessen Namensvetter, sein Onkel, einst die große Schönheit
der Stadt schamlos ihrem Mann gestohlen hatte, dem
Gehörnten Marco Vespucci, woraufhin dem Armen sein
Selbstwertgefühl so vollständig abhandenkam, dass er
nach dem Tod seiner Frau an ihre Kleider und Gemälde
in den Palazzo Medici schickte, damit der Herzog auch
noch die letzten Reste dessen besäße, was von ihr geblieben war, um dann zum Ponte alle Grazie zu gehen und
sich zu erhängen. Doch Argalia gehörte nicht zu denen,
die zu Selbstmord neigen; er sagte sich, dass der Herzog
kaum den starken Mann des Militärs gegen sich aufzubringen wünschte, den er eben erst eingestellt hatte und
dessen Einzug in die Stadt er gerade feierte. Wenn er sie
mir aber doch nehmen will, dachte Argalia, wird er sehen, dass ich ihn mit all meinen Männern erwarte. Und
wollte er sie mir gegen solch einen Widerstand nehmen,
müsste er schon Herkules oder Mars sein, was dieses
Sensibelchen, wie für niemanden zu übersehen, ganz
offenkundig nicht ist.
Vorläufig jedenfalls war er froh, sie herumzeigen zu
können. Als die Menge Qara Köz zu Gesicht bekam,
breitete sich in der Stadt ein Flüstern aus, das gleich darauf zu einem Murmeln anschwoll, in dessen Folge der
turbulente Lärm des Tages verstummte. Und so kam es,
dass sich eine ungewohnte Stille über die ganze Stadt
gelegt hatte; als Argalia mit den bei den Damen am Palazzo Cocchi deI Nero anlangte, gedachten die Bürger
von Florenz doch der Ankunft körperlicher Vollkommenheit in ihrer Mitte, einer dunklen Schönheit, die jene
Leere füllte, welche seit Simonetta Vespuccis Tod in
ihren Herzen klaffte. Schon wenige Augenblicke nach
ihrem Eintreffen hatte die Stadt Qara Köz als ihr ureigenes Gesicht angenommen, als das neue Symbol ihrer
selbst, als die menschliche Verkörperung ihrer eigenen
unübertroffenen Lieblichkeit. Die dunkle Dame von Florenz: Dichter griffen zu ihren Stiften, Maler nach ihren
Pinseln, Bildhauer nach ihren Meißeln. Das gemeine
Volk, die wildesten, aufmüpfigsten vierzigtausend Seelen
in ganz Italien, ehrte sie auf eigene Weise, indem es still
wurde und verstummte, wo immer sie vorüberging. Folglich konnte jedermann hören, was geschah, als Herzog
Giuliano und Lorenzo de’ Medici der Gefolgschaft am
Eingang zu Argalias neuem Haus entgegentraten, einem
vierstöckigen Gebäude mit drei hohen Torgewölben in
einer pietraforte-Fassade. Über dem Eingang, im Mittelpunkt der Fassade, prangte das Wappen der Familie Cocchi deI Nero, die in letzter Zeit ein wenig Pech gehabt
hatte und deshalb den Palast an die Medici verkaufen
musste. Es war das größte architektonische Meisterwerk
in einer Straße voller Meisterwerke, zu denen auch die
weitläufigen Residenzen einiger der ältesten Familien der
Stadt gehörten, die der Soldanieri, der Monaldi, der Bostichi, der Cosi, der Bensi, der Bartolini, der Cambi, der
Arnoldi und der Davizzi. Herzog Giuliano wollte Argalia
und auch allen übrigen Anwesenden beweisen, wie großzügig sein Geschenk war, und richtete seine erste Bemerkung deshalb mit einer kleinen Verbeugung und allerhand schwungvollen Gesten nicht an Argalia, sondern an
Qara Köz.
«Ich freue mich», sagte er, «einem solch exquisiten Juwel das passende Schmuckkästchen bieten zu können.»
Qara Köz erwiderte mit weithin schallender Stimme:
«Ich bin kein billiger Tand, mein Herr,

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