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Rushdie Salman

Rushdie Salman

Titel: Rushdie Salman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die bezaubernde Florentinerin
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weiser Birbal. Abul Fazl, 0 behutsamer Beschützer, eines Menschen Kraft ist nicht unerschöpflich. Ein Mann braucht
des Tags einen Mann, der sich ihm zuwendet, und eine
Frau, die sich des Nachts in seine Arme schmiegt. Wir
glauben, unser Mogor hat eine solche Stärkung schon
lange nicht mehr erfahren. Es glühte ein Licht in ihm, als
wir ihn trafen, das war schon fast erloschen, doch leuchtet es in unserer - oder in ihrer, der mageren Mohini -
Gesellschaft von Tag zu Tag heller. Vielleicht rettet sie
ihm das Leben. Falls es stimmt, wissen wir nicht, wie
dieses Leben gewesen ist. Sein Name, erzählte uns Pater
Acquaviva, ist in seiner Stadt berühmt; sollte dem wirklich so sein, fehlt ihm heute die entsprechende Protektion. Wer weiß schon, warum er verstoßen wurde? Wir
finden jedenfalls, dass er uns erfreut, und vorläufig liegt
uns nichts daran, seine Geheimnisse zu ergründen. Mag
sein, er ist ein Verbrecher, vielleicht sogar ein Mörder,
das können wir nicht sagen. Wir wissen nur, dass er um
die halbe Welt reiste, um eine Geschichte hinter sich zu
lassen und eine andere zu erzählen, dass die Geschichte,
die er uns brachte, sein ganzes Gepäck war und dass sein
innerstes Verlangen jenem von Dashwanth gleicht - soll
heißen, er will in die Geschichte eindringen, die er erzählt, und darin ein neues Leben beginnen. Kurz und gut,
er ist wie ein Geschöpf der Fabelwelt, und ein gutes afsanah, ein Abenteuer, hat noch nie jemandem geschadet.»
«Mein Herr, ich hoffe, wir müssen zu unseren Lebzeiten
nicht mehr am eigenen Leibe erfahren, wie töricht diese
Bemerkung ist», erwiderte Birbal mit ernster Miene.
Der Ruf der verstorbenen Khanzada Begum, der älteren
Schwester der verschwiegenen Prinzessin, verschlechterte sich in ebendem Maße, in dem die Schwärmerei der
Stadt für die jüngere Schwester zunahm. Jene große Dame, die nach ihrer triumphalen Rückkehr aus Jahren der
Gefangenschaft bei Shaibani Khan zur Heldin am Hof
von Akbars Vater Babar avanciert war, um in der Folge
eine starke Machtstellung im Mogulhaushalt einzunehmen, eine Frau, die man in allen Staatsangelegenheiten
zu Rate weg, wurde nun zum Inbegriff aller grausamen
Schwestern, und ihr einst so verehrter Name verkam zu
einer Beleidigung, die Frauen sich wütend an den Kopf
warfen, wenn sie gegeneinander Vorwürfe der Eitelkeit,
Eifersucht, Engstirnigkeit oder des Verrats erhoben. Viele Menschen begannen den Verdacht zu hegen, dass die
verschwiegene Prinzessin sich ebenso wegen der Behandlung, die ihrer Schwester in den Händen von Khanzada widerfahren war, wie wegen ihrer Vernarrtheit in
einen ausländischen Pascha aus dem Hause getrieben
fühlte, eine Wahl übrigens, die auf rätselhaften, unbekannten Wegen in völlige Vergessenheit geraten war.
Der öffentliche Widerwille gegen die «böse Schwester»
sollte im Laufe der Zeit aber noch schlimme Folgen haben. Etwas Garstiges stieg aus der Geschichte auf, ein
grünliches, pestilentes Wölkchen der Zwietracht schwebte aus der Geschichte empor und infizierte die Frauen
von Sikri, weshalb dem Palast Berichte über bittere Streitigkeiten zwischen zuvor sich liebenden Schwestern zu
Ohren kamen, über Unterstellungen und Klagen, unüberbrückbare Brüche und extreme Entfremdungen, über
Gezänk und gar über Messerstechereien, über das Aufbrodeln von Unmut und einen Groll, von dem die fraglichen Frauen kaum etwas geahnt hatten, ehe Khanzada
Begum vom Fremden mit dem gelben Haar die Maske
vom Gesicht gezogen worden war. Dann breiteten sich
die Unruhen immer weiter aus, bis schließlich sogar Vettern und Cousinen betroffen waren, danach entferntere
Verwandte und schließlich alle Frauen, ob nun verwandt
oder nicht; und selbst im Harem des Herrschers schwoll
ein feindseliger Tumult in bislang ungekanntem und
schlichtweg inakzeptablem Maße an.
    «Frauen haben von jeher über Männer geklagt», sagte
Birbal, «die haben sie schließlich schon immer für launisch, verräterisch und schwach gehalten, doch jetzt erheben sie auch gegeneinander die schlimmsten Vorwürfe.
Das eigene Geschlecht beurteilen sie nach strengeren
Maßstäben, erwarten mehr von ihresgleichen -Treue,
Verständnis, Glaubwürdigkeit und Liebe -, nur haben sie
plötzlich offenbar alle gemeinsam entschieden, dass diese
Erwartungen enttäuscht worden sind.» Mit höhnischem
Unterton fügte Abul Fazl noch hinzu, dass des Herrschers
Glaube an die Harmlosigkeit von Geschichten immer
stärker ins

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