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Russisch Blut

Titel: Russisch Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Jahr, förmlich explodiert. Sie hatte schon wieder alles versäumt: wann waren die Bäume ergrünt? Seit wann blühten die Forsythien? Und wieso waren die Krokusse schon fast wieder vorbei?
    Zeus lief japsend voran. Am Wegesrand blühte der Bärlauch, und selbst die Baumveteranen im Schloßpark hatten Frühling angeordnet. Zeus sprang einer Hummel hinterher, vergrub die Nase tief im Erdreich, schnüffelte an einem der zerfallenden Haufen, die noch an Leo erinnerten. Sie folgten dem Weg bis zu den Wiesen und Ställen. Kurz vor dem Pferdestall blieb der Hund stocksteif stehen.
    Aus dem Stall trat Sophie, einen hellen Strohhut mit Blumengesteck tief ins Gesicht gezogen. Zeus gab ein leises Grollen von sich. Katalina stieg vom Rad und legte ihm die nagelneue Leine an. Dann richtete sie sich wieder auf. Sie hatte kein Wort mehr mit Sophie gewechselt seit der Tragödie mit Leo, auch gestern hatte sie das Gefühl gehabt, die Frau weiche ihrem Blick aus. Dabei konnte sie nichts für den Tod der Dogge. Oder hätte sie Sophie vielleicht raten sollen, das Tier ins Krankenhaus zu bringen und ihm den Magen auspumpen zu lassen?
    Die Frau steckte hastig etwas in eine Umhängetasche, nahm den Hut ab und lächelte sie verlegen an. Es war nicht Sophie. Es war Erin. Katalina nickte ihr zu und zog den grollenden Zeus weiter. Ausgerechnet Erin hätte sie nicht zugetraut, daß sie Spaß daran haben könnte, sich am hellichten Tag in einem Pferdestall herumzutreiben. Von drinnen hörte man Hufe gegen die Bretterwände schlagen. Das war im übrigen auch für Pferde nicht die geeignete Lebensweise. Sie mußte mit Alex reden. Daphne war eindeutig verstört, aber auch Woodstock bekam es nicht, tagelang nicht bewegt zu werden, nur weil sein Besitzer seinem Beruf nachging. Und wieso die Pferde bei diesem Wetter im Stall standen, war gänzlich unverständlich.
    Als sie weit genug von Erin entfernt waren, nahm sie dem unleidlichen Hund die Leine wieder ab. Wie ein Blitz war er im Unterholz verschwunden. Nach einer Weile hörte sie ihn ein Freudengebell ausstoßen. Sie fuhr hinterher, auf die Wiese mit den alten Gräbern. Zeus hatte seinen Freund von gestern wiedergefunden und sprang mit verzücktem Jaulen an Moritz Bergen hoch. Dessen Kollege Rust hatte eine Gruppe junger Leute um sich versammelt, darunter Noa, und redete auf sie ein.
    Katalina stieg ab und lehnte das Rad an einen Baum. Rusts ölige Stimme war nicht zu überhören. »Wir wollen den Bewohnern von Blanckenburg zeigen, wie großartig unsere technischen Möglichkeiten heute sind, bevor auch nur ein Spatenstich nötig ist. Schau’n wir also mal, was sich unter den Trümmern der Kirche findet. Die Krypta mit dem Familiengrab? Die leiblichen Überreste der Kirchenmänner? Oder vielleicht sogar der Brunnen, der schon bei Merian erwähnt wird und als Besonderheit Blanckenburgs überliefert ist?«
    »Wieso baut jemand in einen Brunnen eine zweite Wand, hinter der 150 Stufen in die Tiefe führen?« fragte einer der Studenten.
    »Gute Frage«, antwortete Rust, der Katalinas Anwesenheit nicht zur Kenntnis nahm. »Der Brunnen und der gemauerte Zylinder in diesem Brunnen gehören zur Baugeschichte der Burgenzeit, und es ist anzunehmen, daß er zu einem unterirdischen Gang führt.«
    »Und der wiederum führt –?«
    »Das herauszufinden«, sagte Rust, »wäre doch eine schöne Aufgabe für Ihre Seminararbeit. Also: los geht’s!«
    Katalina fiel auf, daß Noa den vier Studenten folgte, als ob sie dazugehörte. Als sie den Blick sah, mit dem das Mädchen den größeren der beiden jungen Männer bedachte, war ihr der Grund klar. Noa hatte endlich Ersatz gefunden für Alex Kemper.
    »Mark Kennedy, Archäologiestudent im 4. Semester«, sagte Moritz Bergen neben ihr, der ihrem Blick gefolgt zu sein schien. »Einer unserer besten Studenten. Ein netter Kerl.«
    Die fünf räumten einen Kombi aus, der am Weg hinter den Grabsteinen stand. Auch Noa schleppte etwas, das wie ein Grillspieß aussah.
    »Die vier bauen die ›Campus Geopulse‹ auf. Eine einkanalige Gleichstrom-Geoelektrik-Apparatur mit einer maximalen Ausgangsleistung von 17 Watt. Wir können damit bis zu 64 Elektroden ansteuern, in unserem Fall haben wir uns auf 50 beschränkt.«
    »Ach ja?« Katalina sah ihn an.
    Moritz blickte zurück und grinste. »Und wenn Sie es noch genauer wissen wollen: Noa trägt einen der polarisierbaren Stahlspieße, die wir verwenden, dazu wird als Meßsignal ein Rechtecksignal mit wechselnder Polarität

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