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Russische Freunde: Kriminalroman

Russische Freunde: Kriminalroman

Titel: Russische Freunde: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
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sind dem Fälscher die Stempel eingetrocknet?«, fragte Korhonen, brachte es nicht fertig, sachlich zu reden, obwohl er besorgt dreinblickte.
    »Nicht in Vaalimaa«, antwortete ich.
    Ich ersparte mir den Hinweis, dass ich nie davon gesprochen hatte, »wir« würden die Grenze überqueren. Ich hatte vor, mir ein Visum für Russland in meinen finnischen Pass stempeln zu lassen. Falls das zu zeitraubend war, würde ich stattdessen in meinem russischen Pass ein finnisches Visum und einen Stempel über meine Einreise nach Finnland anbringen lassen. Schließlich konnte mein bewährtes Zweit-Ich Igor Semjonow, geboren am 4. 2. 1968 in Wologda, nicht in sein Heimatland zurückkehren, ohne es zuvor verlassen zu haben.
    »Und auch nicht in Ylä-Urpula und nicht in Wärtsilä. Fahr du nur. Nach Joensuu und von da nach Norden. Ich muss nachdenken«, erklärte ich.
    Korhonen schüttelte den Kopf, ließ den Motor an und fuhr los. Ich stellte die Lehne tiefer und starrte zum Himmel.
    »Dein Telefon ist hoffentlich abgeschaltet«, knurrte ich, während ich meinem Handy den Saft entzog.
    »Ja, ja. Aber du hast doch einen Prepaidanschluss. Den kann keiner zurückverfolgen«, argumentierte Korhonen.
    »Man kann sogar das bloße Gerät orten. Auf einige Meter genau. Ich trau diesen Dingern nicht.«
    »Mir scheint, Viktor, du glaubst an Erdstrahlung, Telepathie und paranormale Phänomene«, spottete Korhonen.
    »Konzentrier dich aufs Fahren, statt über Dinge zu reden, von denen du nichts verstehst«, gab ich barsch zurück.
    Ich erzählte ihm nichts von den Biorhythmuskursen, die ich an der Sporthochschule mitgemacht hatte. Ich hätte Korhonen fragen können, ob er etwa nicht merke, wie sich der Vollmond auf seinen Schlaf auswirke, oder ihn darauf hinweisen, dass die sowjetische Luftwaffe und die Aeroflot ihre Piloten nicht an den Himmel ließen, wenn deren Biorhythmuskurven auf dem niedrigsten Stand waren. Aber ich wusste, dass ich ihn damit nur angestachelt hätte. Er hätte sarkastisch angemerkt, dass die Aeroflot in der Tat bekannt sei für freundliches Bordpersonal und hervorragende Sicherheit. Und obendrein hätte er mir den alten Witz von der Purzelew-Tupolew aufgetischt. Ich war klug genug, den Mund zu halten.
    Korhonen lenkte den Wagen lässig mit einem Finger.
    »Na los, erzähl mal, was du rausgefunden hast«, drängte er und sah mich interessiert und ganz sachlich an.
    Schaden kann es ja nichts, dachte ich mir.
    »Mein Freund Karpow, du erinnerst dich wohl an ihn, macht sich ziemliche Sorgen um mich, er war fast in Panik«, begann ich. Dann erzählte ich, was ich von Waleri gehört hatte: Dass alle Ganoven von Wiburg und Sortavala angeheuert worden waren, mich in Empfang zu nehmen, die halbwüchsigen Taschendiebe und Raubkopienverkäufer vom Markt eingeschlossen. An den Grenzübergängen wiederum hatten die tellermützigen Offiziere, die gelangweilten weiblichen Angestellten und sogar die müde mit ihren Maschinenpistolen herumschlurfenden Rekruten strenge Anweisung, nach Viktor Kärppä, richtiger Kornostajew, Ausschau zu halten, und Achtung: Tritt womöglich unter anderem Namen auf.
    Über die Grenze könne ich nicht, hatte Waleri wiederholt, zumindest im Moment nicht. Er hatte mich beschwichtigt und gesagt, das sei alles, was er wisse. Er habe sich nicht getraut, genauer nachzuforschen.
    Korhonen nickte, als hätte er sich meinen Bericht über die Zunge rollen lassen, die Geschmacksstoffe analysiert und auf den Nachgeschmack gewartet.
    »Du verlässt dich zu sehr auf diese Brüder. Ich tu dir nur einen Gefallen, wenn ich sie mit den Augen und Ohren eines Außenstehenden misstrauisch prüfe. Schau, vielleicht bist du zu nah dran, um das Muster ganz erkennen zu können. Dieser Karpow, der Doppelgänger von Jorma Hynninen, was ist das für ein Mensch? Kann man ihm trauen?«, fragte Korhonen.
    »Ja, das kann man«, antwortete ich.
    Ich mahnte mich zur Ruhe. Vor zwölf Stunden hatten bewaffnete Gangster mich gejagt, und es war gut möglich, dass mir bald wieder Ähnliches bevorstand. Aber im Moment war alles in Ordnung, ich saß im Auto und wir kamen voran. Die Musik im Radio wurde immer wieder durch Ansager unterbrochen, die in gekünstelt zwanglosem Ton Veranstaltungstipps gaben, vom Basar des Hausfrauenvereins bis zum Webkurs, aber selbst das klang einfach nur harmlos und sicher. Und Korhonen neben mir quasselte drauflos, war netter, als er aussah und als man es bei seinem Beruf erwartet hätte. Ich konnte nichts tun,

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