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Russische Freunde

Russische Freunde

Titel: Russische Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Lutz
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geben. Sie war gut.
    Ich konzentrierte mich wieder auf die Anwesenden. Der für die Stadtbauten zuständige Gemeinderat war hinter dem Buffet hervorgekommen und begrüsste, leise, um die Rede nicht zu stören, den Botschafter und seine Begleiter. Der Chef der Stadtbauten hatte sich dazugestellt. Während der russische Botschafter, der offensichtlich die nächste Rede halten sollte, von Klatschen begleitet nach vorne ging, blieben die Männer in ein reges Gespräch vertieft, ohne sich um den offiziellen Teil der Veranstaltung zu kümmern. Nach missbilligenden Blicken aus der Umgebung begaben sie sich in den hinteren Teil des Raumes, Petar mit ihnen. Die Igelfrisur des Gemeinderats blieb über alle Anwesenden hinweg gut sichtbar, und ich veränderte meine Position, um die Männer zu beobachten.
    Ich witterte Mafiaverbindungen. So liefen doch die wichtigen Kontakte zur Politik, von denen Lisa gesprochen hatten. Einer der Männer, ein hagerer Mann in einem zerknitterten Parka und mit schlechten Zähnen, kam mir bekannt vor. Plötzlich glaubte ich mich zu erinnern, ihn auf den Fotos auf Juris Stick gesehen zu haben. Je länger ich der Gruppe zusah, umso mehr hatte ich das Gefühl, auch andere wiederzuerkennen. Vielleicht hatte Lisa recht, sie hatte von Anfang an die Fotos für bedeutsam gehalten. Am Schluss war ich fast überzeugt davon, selbst den Gemeinderat auf den Fotos gesehen zu haben. Aber ich bin in solchen Dingen leicht zu beeinflussen und zu verunsichern. Ich nahm mir vor, morgen den ganzen Tag mit den Fotos zu verbringen, und ich versuchte mir die Gesichter der Anwesenden einzuprägen.
    Am besten, indem ich mir die Männer aus der Nähe ansah. Ich war gerade dabei, Petar anzusteuern, um in ihre Nähe zu kommen, als die Rede des Botschafters endete. Ein paar die Veranstaltung abschliessende Worte und ein letzter höflicher Applaus folgten. Einige Leute machten sich bereits daran, aufzubrechen, andere drängten zum Buffet. Die Gruppe um den Gemeinderat löste sich auf, ich sah die Herren davoneilen. Da stand Petar vor mir.
    «Willst du noch bleiben? Ich bin am Gehen und ich kann dich nach Hause bringen», fragte er mit starkem Akzent. Ich merkte, dass er getrunken hatte.
    «Ich bleibe noch ein bisschen. Du brauchst mich nicht zu bringen.»
    «Doch, doch. Bei diesem Wetter, und du bist sicher zu Fuss hier», Petar insistierte.
    Ich kam nicht dazu, zu antworten, denn Anita hatte sich zu uns gestellt und redete ebenfalls auf mich ein. Sie zog mich aus der Halle, hinaus auf die Freitreppe vor dem Gebäude. Wir standen unter Dach auf dem obersten Treppenabsatz, der Regen fiel in Strömen. Anita, aufgekratzt von ihrem öffentlichen Auftritt, zog gierig an einer Zigarette. Petar war uns gefolgt und wartete nun, unruhig wie ein ungeduldiges Kind, unter aufgespanntem Regenschirm. Trotz dem Koffer in seiner Wohnung, Petar war harmlos. Leute drängten sich an uns vorbei, die Halle leerte sich.
    Ich wollte mich gerade von Anita verabschieden, als, wie für uns bestellt, die beige Limousine mit Genfer Nummer vorfuhr und vor dem geschmiedeten Tor anhielt. Wieder sass der ältere Mann, von dem ich in der Zwischenzeit wusste, dass er Jaschin hiess, im Fonds. Der Chauffeur stieg aus und kam auf das Haus zu. Gleichzeitig eilten drei Männer mit aufgespannten Schirmen zum Wagen. Der Chauffeur kehrte auf halbem Weg um, und alle stiegen ein.
    Anita war ohne sich zu verabschieden wieder im Gebäude verschwunden, und ich folgte nun Petar zu seinem Auto. Während ich mich angurtete, fragte ich ihn, ob er wusste, wer die drei Männer waren.
    «Ich glaube, das waren Geschäftsleute aus der Ukraine», antwortete er und startete das Auto.
    «Von der Botschaft?», fragte ich nach.
    «Nein», er stockte, weil er den Wagen aus der Parklücke manövrierte, «nein, Geschäftsleute».
    «Und der Mann im Auto. War das nicht Jaschin?», fragte ich.
    «Stimmt. Stimmt», Lischkow hielt in seinen Bewegungen inne und sah mich überrascht an. «Du kennst Jaschin? Und ich glaube, du hast recht. Der Mann sah aus wie Jaschin. Ich kenne ihn nur von Bildern. Aber auf den Zeitungsbildern sieht er genauso aus. Er ist steinreich, wusstest du das?»
    «Und die anderen Geschäftsleute? Leben sie in der Schweiz?»
    «Weiss ich doch nicht. Warum willst du das wissen?»
    «Nur so. Es gibt wohl nicht so viele Ukrainer in der Schweiz. Warum kommen sie an diese Vernissage? Welches Interesse haben sie am Historischen Museum der Stadt Bern?»
    «Weiss ich nicht. Keines,

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