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Russische Freunde

Russische Freunde

Titel: Russische Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Lutz
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Wohnung eingebrochen. Sie haben angegeben, dass ein Koffer gestohlen wurde, der Salnikow gehörte?»
    «Ja. Aber ich weiss selber nicht recht, warum der Koffer bei mir war. Ich habe ihn zufällig in meiner Abstellkammer entdeckt. Ich weiss nicht, wie er dorthin gekommen ist. Plötzlich stand da ein fremder Koffer, und er hatte ein Adressschild mit Juris Namen dran. Ich habe ihn in meine Wohnung genommen und später geöffnet. Weil ich nicht wusste, weshalb Juri ihn bei mir abgestellt hatte und was er enthielt. Juri war damals schon verschwunden, und ich machte mir Sorgen um ihn.»
    Der Mann las mir die Liste vor, die ich über den Inhalt des Koffers verfasst und der Polizei übergeben hatte. Ich bestätigte ihre Vollständigkeit.
    «Und dieser Datenträger hier befand sich ebenfalls in diesem Koffer?»
    «Genau.»
    «Wissen Sie, weshalb Juri Salnikow nach Leukerbad gefahren ist? Hatte er dort Bekannte, Kontakte?»
    «Nicht, dass ich wüsste. Ich habe dafür keine Erklärung.»
    In meinem Rücken herrschte ein gedämpftes, aber unruhiges Treiben, auch an anderen Schreibtischen wurde gesprochen und telefoniert. Unser Gespräch schien die übrigen Personen im Raum weder zu interessieren noch zu stören. Der Polizist, der mich befragte, wollte nun noch mehr wissen über Juris Privatleben, mit wem er verkehrte und womit er sich beschäftigt hatte. Ich gab Auskunft, so gut ich konnte.
    «Der Pereira sollte eigentlich noch im Haus sein, oder?», wandte sich mein Gegenüber plötzlich an seinen Kollegen, den jungen Polizisten.
    «Soviel ich weiss, ist er in der Kantine. Zumindest haben wir ihn gebeten, noch dort zu warten.»
    «Es wäre vielleicht gut, wenn er auch dabei wäre.»
    Der jüngere Polizist verstand den Hinweis und stand auf, um Pereira zu holen. Ich war erstaunt, dass er in der Kantine sass, ich hatte ihn in einer Zelle vermutet. Der andere Polizist erhob sich ebenfalls und entschuldigte sich. Ich blieb alleine sitzen und wartete. Der Raum hinter mir schien sich geleert zu haben. Jemand hatte in meinem Rücken ein Fenster geöffnet, der Luftzug störte mich, aber ich blieb sitzen und unternahm nichts. Ich dachte über den Verlauf des Gesprächs nach, gespannt auf Pereiras Aussagen, und ich fragte mich, was jetzt noch kam. Durch das offene Fenster drangen die Geräusche einer Baustelle. Plötzlich, während ich über die Fragen nachdachte, die mir gestellt worden waren, wurde mir klar, dass die Polizei gar nicht wusste, dass ich in Leukerbad gewesen war. Sie hatten mir nur Fragen zu Juri und zu seinem Koffer gestellt. Zum ersten Mal seit heute Morgen entspannte ich mich.
    Es vergingen mindestens zwanzig Minuten, bis sie zurückkamen, dafür waren sie dann gleich zu dritt. Pereira sah schlecht aus. Wir begrüssten uns, und ich entschuldigte mich für den überstürzten Abgang nach der Beerdigung.
    «Ich möchte zusammenfassen, was wir bis jetzt wissen. Vielleicht fällt einem von Ihnen noch etwas ein, was wichtig sein könnte. Das wäre der Sinn dieses Gespräches», nahm der ältere Polizist den Faden wieder auf.
    Er wandte sich an mich. Inzwischen konnte ich entspannt zurückblicken.
    «Herr Pereira hat sich, wie gesagt, einige Male in Leukerbad mit Juri Salnikow getroffen. Sie können mich jederzeit ergänzen oder korrigieren, Herr Pereira. Gemäss Ihrer letzten Aussage hatten Sie das Gefühl, dass Salnikow Angst hatte. Kurz vor seinem Tod hat er Ihnen erzählt, weshalb er in Leukerbad war. Gewisse Leute, über die er leider nichts Näheres sagte, hatten ihn nach Leukerbad bestellt. Es handelt sich um Personen aus Russland, so viel wissen wir. Und Sie hatten den Eindruck, dass er sich von diesen Personen bedroht fühlte. Er hat gesagt, er besitze etwas, was diesen Leuten wichtig sei. Stimmt das so?»
    Pereira nickte und übernahm.
    «Erzählt hat er das Folgende: Zwei Russen haben ihn in Bern vor der Uni abgefangen und bedroht. Aber Juri konnte abhauen. Nach diesem Ereignis ging er zuerst nach Hause, hat er gesagt. Aber er hatte Angst. Ihm war klar, wenn sie zur Uni kamen, würden sie auch bei ihm zu Hause auftauchen. Deshalb wollte er sich eine Zeit lang verstecken. Er ging nach Zürich, zu einem Bekannten. Bis sie dort anriefen, auf dem Festnetzanschluss der Wohnung des Bekannten. Juri hatte keine Ahnung, woher sie wussten, dass er dort war. Das hat ihn sehr beschäftigt, dass sie so gut informiert waren. Sie haben ihn aufgefordert, nach Leukerbad zu kommen. Und Juri ist, wie verlangt, gefahren. Weil er gar

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