Russische Freunde
ermittelte.
«Ich habe mir übrigens diesen USB -Stick angeschaut», fuhr ich weiter, «ich nehme an, er gehört einem Gri gori Gussew, dem Geschäftsführer von AdFin, einer russischen Firma in Bern. Juri hat an einer Tagung teilgenommen, an der Gussew einen Vortrag hielt. Vielleicht ist der Stick am Tagungsort liegengeblieben, und Juri hat ihn gefunden. Neben ein paar anderen Dokumenten sind auf dem Stick sehr viele Fotos gespeichert. Gut möglich, dass sich etwas darunter befindet, was Grigori Gussew oder sonst jemanden in Verlegenheit bringen kann. Sei es, dass es sich um Frauengeschichten handelt oder um Geschäftsverbindungen, die nicht bekannt werden sollten.»
Der Polizist hinter dem Schreibtisch sah mich verblüfft, aber auch sehr skeptisch an. Bisher hatte er vieles mitgeschrieben und nun mir fiel auf, dass er weder den Namen von AdFin noch den von Gussew notierte. Dabei hatte ich ihm doch gerade einen konkreten Hinweis gegeben, wer «diese Leute» waren.
«Bisher handelt es sich um Vermutungen, um eine mögliche Theorie, dass der Datenträger hier das gesuchte Objekt war», brachte er sofort ein.
«Ja, sicher.»
Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, dass der jüngere Polizist die Namen notierte und ich gab mich zufrieden.
«Dann noch Folgendes», ich sprach zu Pereira, «der Tramper, der Sie im Bad abgelenkt hat, ich habe mit ihm gesprochen. Er ist zu Juris Beerdigung gekommen», sagte ich erklärend zu den Polizisten, um Rückfragen über dieses Treffen vorzubeugen.
«Dieser Tramper, Thomas Dubach ist sein Name, hat im Bad etwas gesehen. Als er rausging, sah er zwei Männer, allerdings nur von weitem und nur von hinten. Dubach hat mir auch gesagt, dass er damit beauftragt war, sie abzulenken. Sie sollten nicht merken, was im Bad läuft. Beauftragt von Lothar Perren, einem Rechtsanwalt aus Leukerbad, der seinerseits im Verwaltungsrat von AdFin sitzt. Von AdFin, der Firma von Grigori Gussew», schloss ich.
Alle Augen waren auf mich gerichtet. Nach einer kurzen Pause wandte sich der Polizist, der das Gespräch leitete, an Pereira.
«Danke. Das sind wichtige Informationen. Können Sie uns sagen, wo wir diesen Dubach erreichen können?»
«Ich wusste doch nicht einmal, wie er heisst. Er ist damals aus dem Nichts im Bad aufgetaucht und wieder verschwunden. Nur bei der Beerdigung, ja, da habe ich ihn noch einmal von weitem gesehen.»
Zum ersten Mal mischte sich der jüngere Polizist ins Gespräch ein. Mit einem Lächeln um die Augen, wie mir schien, wandte er sich an mich.
«Hat dieser Herr Dubach noch mehr gesagt? Wissen Sie, wo wir ihn erreichen können?»
«Thomas Dubach ist aus Leuk. Zurzeit ist er in Frankreich, aber ich glaube, ich kann mit ihm in Kontakt treten. Ich werde das von zu Hause aus sofort versuchen, und ich werde ihm sagen, er soll sich hier melden.»
Ich wollte unbedingt zuerst selbst mit Dubach sprechen und ihn bitten, über die Art und Weise unserer Begegnung zu schweigen. Mindestens, was die Kabelbinder und die Pistole anging. Notfalls gegen Bezahlung.
«Thomas Dubach hatte Angst, eine Aussage zu machen. Ich hoffe, er ist jetzt dazu bereit», fügte ich noch an.
«Ja, das kennen wir, das hatten wir schon», antwortete der Polizist hinter dem Schreibtisch, mit einem Nicken zu Alexandre Pereira.
In dem Moment tauchte Stefan Ricklins Kopf in der Tür auf.
«Ach, es gibt Neues im Fall Salnikow. Ich habe davon gehört», meinte er. Er kam rasch herein, begrüsste mich mit einem Händedruck, dem Rest der Runde widmete er ein Kopfnicken.
«Sie arbeiten nicht mehr an dem Fall?»
«Der Einbruch, die Einbrüche scheinen in dem Fall nur ein Nebenschauplatz gewesen zu sein. Der Fall ist jetzt bei Herrn Kummer», er wies mit dem Kinn auf seinen Kollegen hinter dem Schreibtisch. Worauf er, so schnell wie er aufgetaucht war, wieder verschwand.
Was folgte, war Geplänkel, die Polizisten bedankten sich bei uns für unsere Mitarbeit.
«Sie haben uns sehr geholfen», meinte der jüngere Polizist zu mir, als wir die Stühle zurückschoben und aufstanden. Wir wurden hinausgeleitet. Auf dem Weg zur Tür bemerkte ich, dass an einem Schreibtisch jemand damit beschäftigt war, sich die Fotos anzusehen. Professionell und mit Hilfe von für die Personenidentifikation entwickelten Programmen, so hoffte ich.
Ich ging geradewegs in mein Büro, wo ich seit vielen Tagen nicht mehr gewesen war. Ich setzte mich, an die Wand gelehnt, auf die Kleider, die ich für Lisas Besuch aufgeschichtet hatte, und
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