Rywig 01 - Bleib bei uns Beate
drücken.
Zwei fröhliche, helle Gesichter unter goldblonden Schöpfen waren mir zugewandt, und ein glückliches Lächeln begegnete mir. „Das hat Tante Julie auch nie gemacht“, sagte Sonja. „Ich - ich mußte euch bloß eben mal ein bißchen drücken - denn ich hab es so gut bei euch“, sagte ich. „ Wir haben es gut“, erwiderte Senta. „Es ist einfach primstens, daß du zu uns gekommen bist, Beate.“
Da hörte ich diese Worte nun zum zweiten Male. Wie sie mir das Herz wärmten.
Ich klopfte beim Doktor an und ging zögernd hinein.
Vater und Sohn saßen am Schreibtisch einander gegenüber, beide über Kartothekkarten und Krankenscheine gebeugt. Der Vater reichte dem Sohn gerade quer über den Tisch hinüber eine Karte. „Achte auf die Beratung am achten August, Bernt.“
„Ja, ganz recht, ich sehe schon, Papa. A, das bedeutet ,Außerhalb der Sprechstunde’.“
Der Arzt lächelte mir zu.
„Na, Bea. na, Fräulein Hettring?“
„Verzeihung, daß ich einen Augenblick störe, ich wollte nur mal fragen, wann Sie zu Abend essen möchten, Herr Doktor?“
„Ja, was meinen Sie, Fräulein Hettring?“
„Ich fände es schön, wenn wir etwas früher essen könnten, falls es Ihnen paßt, damit Hansemann noch mit uns essen kann.“
„Ach ja, das wäre großartig. Halb acht vielleicht? Dann stecken Sie den Schlingel gleich hinterher ins Bett. Wir schaffen bis dahin sicher noch diesen Packen, Bernt, meinst du nicht?“
„Doch, leicht. Aber Papa - sieh mal hier, das kann doch nicht stimmen. hier steht ein Krankenbesuch am sechsundzwanzigsten August, aber da steht nur ein Kreuz dabei und kein S - und der sechsundzwanzigste August war ein Sonntag.“
„Fein, daß du so gut aufpaßt“, lachte der Doktor. „Schreib noch ein S dazu, und vor allen Dingen, setz es mit auf den Krankenschein, ich will mir dies Sonderhonorar doch nicht entgehen lassen. Und hier, Bernt, diese Karte ist vollgeschrieben, da mußt du bitte eine neue ausstellen. Kannst du das? Du siehst, wie man es macht, mit Namen und Beruf und...“
„Jaja, ich sehe schon.“ Bernt nahm eine neue Karte zur Hand und fing an, sie in seiner allerbesten Schönschrift auszufüllen.
„Ich glaube, ich stelle dich fest an als Kartothekschreiber“, schmunzelte der Doktor. „Was du sonst noch besser kannst als dein alter Vater, das weiß ich nicht, aber daß du schöner schreibst als ich, das steht auf alle Fälle fest.“
Bernt blickte flüchtig auf, lächelte und fuhr dann in der Arbeit fort.
Ich mußte wieder weg. Aber, ach, wie war mir leicht ums Herz, als ich die Tür hinter mir schloß.
„Nein, das muß ich aber sagen - wie haben Sie das fein gemacht“, rief der Doktor aus, als er an den Eßtisch trat. Wir hatten das beste Geschirr gedeckt, der Schinken leuchtete rot und saftig auf einer wunderhübschen alten Zinnplatte, und der Salat war einladend in einer gelben Fayenceschüssel angerichtet.
„Es ist ja Samstag heute“, sagte ich zur Erklärung.
„Ja, und bei Beate zu Hause haben sie’s samstags immer besonders gemütlich gemacht“, schwabbelten die Zwillinge durcheinander. „Und nach dem Abendbrot immer was Schönes, und das kriegen wir heute auch. Wir wissen, was es ist, wir haben nämlich dabei geholfen, aber es ist noch streng geheim. Und wir haben Beate versprochen, daß wir hinterher mit abwaschen, dann geht es fix, und wir können noch schön lange am Kamin sitzen.“
Der Doktor betrachtete seine vergnügten Töchter, und seine Augen hinter der Brille lachten.
„Sieh mal einer an! Ihr fangt an, geradezu häuslich zu werden. Wo ist Maren übrigens?“
„Ich habe sie gehen lassen, heute ist ein Fest in der Jungbauerngruppe, und da dachte ich.“
„Ja, natürlich, gewiß. Ja, lassen Sie die Zwillinge nur tüchtig mit zugreifen - wie ist es, Mädels, ihr vergeßt doch nicht, daß ihr mittwochs immer helfen müßt?“
Auf den beiden Gesichtern malte sich deutlich schlechtes Gewissen, und beide waren eifrig mit dem Zerschneiden ihres Schinkens beschäftigt.
„Aha“, sagte der Doktor. „Dachte ich es mir nicht? Da habt ihr euch natürlich gedrückt. Fräulein Hettring, die beiden Rangen dort
sollen Ihnen abwechselnd an Marens freien Tagen helfen. Das habe ich angeordnet, und ich glaube, das ist in den letzten beiden Jahren bei Tante Julie auch durchgeführt worden. Stimmt es, Mädels?“ „Ja-a...“
„Nun also. Ihr seid mir ein schönes Gelichter. Das habt ihr also Fräulein Beate nicht gesagt? Ich will aber
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