Rywig 01 - Bleib bei uns Beate
nach dem Abendbrot versprochen.“
„Einverstanden. Aber erst raten. Tierreich plus Pflanzenreich, konkret.“
Bernt und sein Vater brauchten eine halbe Minute, dann hatten sie „Sahneeis“ geraten, und gleich darauf saßen wir alle fünf beieinander und schleckten.
„Wieso sagtest du eigentlich Pflanzenreich, Beate?“ fragte einer der Zwillinge. „Da sind doch bloß Eier drin und Sahne und...“
„Na, und wozu gehört der Zucker - und der Kaffee, du Schaf?“ sagte Bernt. „Dachtest du vielleicht, die Kaffeebohnen kommen von den Ziegen?“
„Nein, aber von den Kaninchen“, erwiderte Sonja schlagfertig. Der Doktor schwieg. Seine Augen gingen vom einen zum anderen. Am häufigsten ruhte sein Blick auf Bernt.
Ich will nicht behaupten, daß Bernt gesprächig gewesen wäre. Aber seine hartnäckige Schweigsamkeit war gebrochen.
Die Zwillinge gähnten heimlich. Es war spät geworden. Viel später, als die Kinder sonst ins Bett zu kommen pflegten.
„So“, sagte Dr. Rywig schließlich. „Das war aber ein wirklich gemütlicher Abend, ich glaube, jetzt muß unser Kleeblatt ins Bett. Senta und Sonja, ihr könnt ja kaum noch aus den Augen gucken -und Bernt, du und ich, wir haben morgen einen Riesenberg Krankenscheine wegzuarbeiten.“
Die Kinder standen auf und reichten uns die Hand zur guten Nacht. Bernt erhielt von seinem Vater einen Schlag auf die Schulter. „Gute Nacht, Bernt, und schönen Dank für die Hilfe!“
„Nichts zu danken, Papa.“ Dann verschwanden sie, und der Doktor und ich waren allein. „Können Sie noch ein halbes Stündchen aushalten, Beate?“
„Aber gewiß - soll ich etwas...“
Dr. Rywig ging hinaus und kam mit einer Flasche Sherry und zwei Gläsern zurück.
Er lachte vor sich hin. Seine Augen hinter der Brille funkelten vergnügt. Er schenkte ein.
„Ich muß mit Ihnen anstoßen, Beate. Wohlsein - und herzlichen Dank für den gemütlichsten Abend, den ich seit Jahr und Tag erlebt habe.“
Ich fühlte, daß ich rot wurde. „Mir gebührt der Dank nicht.
Sondern lediglich Ihren Kindern.“
„Oh, Sie sind aber eine kleine Heuchlerin. Ich weiß ganz genau, wem der Dank gebührt, sowohl für diesen Abend als auch - für vieles andere außerdem.“ Dann leerten wir die Gläser.
Der Doktor half mir, die gebrauchten Teller zusammenzustellen und hinauszutragen und das Zimmer wieder in Ordnung zu bringen. Als wir uns gute Nacht wünschten, drückte er mir fest und lange die Hand.
Es war nur ein gewöhnlicher, normaler Samstagabend. Nichts weiter. Und dennoch, ich hatte ein sicheres und zufrieden glückliches Gefühl, als ich in meinem Bett lag. Irgend etwas hatte sich gelöst, es war eine neue, frohe Atmosphäre in dies Haus eingezogen.
Plötzlich fiel mir etwas ein, und der Gedanke war so verblüffend, daß ich da im Dunkeln hellwach wurde.
Ich hatte tatsächlich den ganzen Abend nicht eine Sekunde an Axel gedacht!
Drei Triumphe
Es war ein Mittwoch, und Maren hatte frei. Senta war an der Reihe, Geschirr abzutrocknen und den Abendbrottisch zu decken.
Sonja und Senta waren zwei durch und durch normale Elfjährige. Normal auch in der Hinsicht, daß Abwaschen ihnen ein Greuel war.
Die eine verschwand nach dem Essen auf Nimmerwiedersehen. Ich stand in der Küche und stellte das abgegessene Geschirr zusammen und wartete, ob meine kleine Gehilfin irgendwann erscheinen würde. Da hörte ich ein Rascheln im Flur und schaute hinaus. Tatsächlich. Da stand der zweite Zwilling und zog sich den Mantel an.
„Halt, mein Fräulein. Du hilfst jetzt mal ganz schnell in der Küche.“
„Ich?“ sagte eine harmlos erstaunte Stimme. „Heute ist doch Senta dran.“
Ich hatte sofort ein komisches Gefühl. Natürlich konnte ich nicht erkennen, ob ich Senta oder Sonja vor mir hatte, und auf dem halbdunklen Vorplatz schon gar nicht. Aber in der Stimme, dieser allzu harmlosen Stimme, lag etwas, was mir verriet, daß hier irgend etwas nicht stimmte.
„Eben, Senta ist dran, und es hat gar keinen Zweck, daß du so tust, als seiest du Sonja. Den Mantel ausgezogen und die Küchenschürze umgebunden, und zwar ‘n bißchen hoppla.“
Kleinlaut und beschämt kam Senta in die Küche geschlichen.
„Du, Beate - seit wann hast du eigentlich gelernt, uns auseinander zu halten? In den letzten Tagen hast du dich nicht ein einziges Mal geirrt.“
Gesegnet seien die Mohrrübenfinger, dachte ich. Aber leider, jetzt waren sie wieder sauber, und das vorhin - das war lediglich Instinkt.
„Das möchtest
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