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Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen

Titel: Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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kann beinahe „Zärtlichkeit“ sagen - für Heikos Eltern. Lebenskünstler, sagte Papa. Wie recht hatte er! Sie waren immer ausgeglichen, immer guter Laune, immer fröhlich und aufgeschlossen. Und wie sie es genossen, im Auto abgeholt und wieder nach Hause gebracht zu werden!
    Ja, es war ein schöner Tag. Als wir zu Bett gegangen waren, steckte Heiko den Arm unter meinen Nacken.
    „Ich danke dir, Liebling. Es war ein so schöner Tag. Der schönste Geburtstag, den ich jemals gehabt habe!“
    „Ach, Heiko, du bist aber bescheiden!“
    „Bescheiden! Von wegen bescheiden! Anspruchsvoll bin ich! Ich begnüge mich nur mit dem Besten vom Guten, hast du das nicht entdeckt?“
    „Nein“, lächelte ich, „das habe ich allerdings nicht. Was ist dann das Beste in seiner Art? Die Fleischklöße oder das Taschenmesser oder.“
    „Meine Frau“, flüsterte Heiko.
    Der Alltag ging weiter. Ich hatte mich in meiner Konditorei gut eingelebt, und die Arbeit machte mir Spaß. Nachdem ich so lange den ganzen Tag allein gewesen war, fand ich es schön, immer neue Menschen zu sehen, immer neue Gesichter. Ich fand auch Spaß daran, die Menschen zu studieren.
    Meine beiden Kolleginnen holten mich manchmal zu Hilfe, wenn wir ausländische Gäste hatten. Mein Amt war ja nur, Kuchen zu verkaufen, aber in solchen Fällen übernahm Fräulein Bluhm oder Frau Heinrichsen mein Wägelchen, und ich nahm Bestellungen auf Englisch oder Skandinavisch auf.
    Eines Tages stand ich gerade und ließ meine Tabletts neu beladen, als Fräulein Bluhm kam.
    „Ach, Frau Brunner, seien Sie doch so lieb und helfen Sie mir da bei Tisch drei, ich verstehe kein Sterbenswort, ich übernehme Ihren Karren!“
    Am Tisch drei saßen zwei Herren. Als ich sah, daß der eine pechschwarz war, machte mein Herz einen kleinen Sprung. Jedesmal, wenn ich einen Dunkelhäutigen sah, empfand ich es als einen Gruß aus Afrika.
    Ich versuchte es auf Englisch und kam damit an. Sie wollten wissen, ob man hier auch ein kleines, leichtes Lunchgericht bekommen könnte.
    Das hatten wir. Ich erklärte, daß die Auswahl nicht groß sei, aber vielleicht Pastetchen oder ein paar Würstchen?
    Der Schwarze hatte anscheinend nicht alles verstanden. Der Engländer übersetzte, und mein Herz sprang hoch! Er sprach Suaheli.
    Dann konnte ich der Versuchung nicht widerstehen! Ich hatte bis jetzt Suaheli nur als ein Schulfach gebüffelt - jetzt wollte ich versuchen, ob ich es auch sprechen konnte!
    Ich brachte die Karte, legte sie dem Schwarzen hin und sagte: „Tafadhali, Bwana! Tuna sambusa na ulimi.“
    „Was?“ riefen die beiden Gäste gleichzeitig.
    Ich fuhr mit Aufbietung allen Mutes fort:
    „ - na ulimi na nyama ya ndama na uyoga.“
    So - wenn ich nun die Aussprache einigermaßen richtig fertiggebracht hatte, müßten sie wissen, daß ich ihnen Pasteten mit Zunge, Kalbfleisch und Pilzen empfohlen hatte.
    Ein Wortschwall brach über meinen armen Kopf los, und demütigend genug mußte ich gestehen: „Nisamehe, sifahamu“ was so viel bedeutet wie „Entschuldigung, ich verstehe nicht.“
    Dann fragten sie auf englisch. Wie in aller Welt das möglich sei, daß ein blondes deutsches Mädchen Suaheli könne?
    Ich mußte lachen.
    „Erstens kann ich es leider nicht, aber ich bin fleißig dabei, weiter zu lernen. Zweitens bin ich kein Mädchen, sondern eine verheiratete Frau. Drittens bin ich nicht deutsch, sondern norwegisch.“
    „Noch merkwürdiger!“ sagte der Afrikaner. Es läßt sich nicht leugnen, daß sein Englisch entschieden besser war als mein Suaheli. „Wie in aller Welt kommen Sie dazu, Suaheli zu lernen?“
    „Weil ich Ostafrika liebe“, sagte ich. „Und weil ich alles darauf setze, wieder hinfahren zu können!“
    „Ach, Sie waren schon dort?“
    „Ja, voriges Jahr. Und wir - mein Mann und ich - haben nur den einen Wunsch, wieder hinzufahren, am liebsten für längere Zeit.“
    Sie fragten weiter, und ich erzählte willig. Als ich ihnen anvertraute, mein Mann sei Zoologe, horchte der Afrikaner auf.
    „Interessant! Ich werde vielleicht Zoologie studieren, vorläufig muß ich allerdings viel anderes lernen, ich bemühe mich um eine Stellung als Game Warden, entweder in Manyara oder Serengeti - “
    „Sie Glückspilz! Das war es ja, was mein Mann so gern wollte, und er hat die allerbesten Kenntnisse - nur ist seine Hautfarbe verkehrt!“
    „Er muß zusehen, daß er ein Stipendium kriegt“, sagte mein schwarzer Freund.
    „Der Antrag läuft schon“, erklärte ich.

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