Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde
Fensterscheibe. Leider bekamen wir ja bei dieser Reise beinahe nur Städte zu sehen. Und ich hätte doch so wahnsinnig gern etwas von dem weiten, geheimnisvollen Land gesehen - Steppen, Wüsten, Gebirge und Buschlandschaft! Nun ja, Heiko würde schon erzählen -und vielleicht, vielleicht kämen wir noch einmal hierher - vielleicht würden wir einmal in einem solchen Mary-Green-Team in einer Hütte im australischen Busch arbeiten!
Vom Flugzeug aus war leider wenig zu sehen, außerdem fing es an, dunkel zu werden. Aber morgen - morgen würden wir mit kleinen Sportmaschinen fliegen, die gingen nicht so hoch - und dann würden wir etwas von dem unberührten Land zu sehen bekommen. Wer weiß - vielleicht würden wir von der Luft Känguruhs sehen, wirkliche, wildlebende Känguruhs!
Es war dunkel, als wir in Alice Springs ankamen. Nur im Scheinwerferlicht des Autos ahnten wir bunte Blumen und Bäume und goldgelbe Früchte im dunklen Laub.
Wir wohnten wieder in einem Motel, sauber und gepflegt, aber leider ohne Schwimmbad. Das wurde gerade gebaut!
Ein bißchen primitiv war es, unter anderem war alles auf Selbstverpflegung eingerichtet. Na, das machte ja nichts. Wir hatten
im Flugzeug Abendessen gehabt, für morgen früh war gesorgt, und Mittagessen würde es am Ayers Rock geben.
Mit diesem beruhigenden Gedanken schliefen wir ein.
„Wie freue ich mich auf morgen!“ war das letzte, was ich Tante Helene sagte, bevor sie das Licht ausmachte.
Wie gut, daß ich nicht in die Zukunft sehen konnte!
Ein Schock am Ayers Rock
Es war ein wahres Glück, daß Tante Helene und ich luftfest waren. Und ein Glück, daß Mrs. Stone in dem anderen, großen Flugzeug saß. Es waren für uns zwei Maschinen gechartert worden. Eine, die zwölf Plätze hatte, und dann ein kleiner Floh, wo sieben Personen sich reinzwängen konnten. Wir hatten uns freiwillig für den Floh entschieden, ebenso die Schwestern Smith, Mr. Nicol und Ehepaar Connor. Es wurde ein außerordentlich lebhafter Flug! Die kleine leichte Maschine hopste und wackelte, plumpste in „Luftlöcher“ und rüttelte. Mir machte es nichts aus, ich war ja Kummer gewohnt, und die anderen waren auch „alte Flughasen“.
Da unten lag die eintönige, graurote Landschaft, eine trostlose Steppe mit sehr wenig Vegetation. Und weit und breit kein Leben. Ich hatte von Känguruhs geträumt, hatte mir vorgestellt, daß wir vom Flugzeug aus große, springende Herden sehen würden -Pustekuchen! Öde und trostlos war es da unten.
Wir mußten uns eben auf morgen vertrösten. Das Programm versprach uns eine Stadtbesichtigung und einen Besuch in einem Naturpark, wo wir garantiert Känguruhs und Emus in jeder Menge zu sehen bekommen würden.
Wir waren so ziemlich gerädert, als wir auf dem kleinen Flugplatz ausstiegen. Da schlug uns eine Hitze entgegen, wie ich sie kaum in Afrika erlebt hatte! Zweiundvierzig Grad, erzählte uns der Pilot.
„Zweiundvierzig in dem nicht vorhandenen Schatten“, stöhnte Mr. Nicol und wischte sich den Schweiß vom Gesicht.
Aber - da lag er, der rote Riesenstein, dieses seltsame Gebilde, das die Natur in einer bizarren Laune auf die endlose Hochebene hingelegt hatte. Und da stand auch schon der Bus parat, der uns um den ganzen Rock fahren sollte.
Ich paßte auf, daß wir in Mrs. Stones Nähe kamen. Sie machte uns auf die Höhlen aufmerksam, auf die eigenartigen Formationen, erzählte uns die alte Volkssage, wie die Eingeborenen meinten, dieser merkwürdige Berg sei einmal ein Riesenkänguruh gewesen, das noch - obwohl im versteinerten Zustand - daliegt und Wache hält. Nun ja, etwas war bestimmt dran, denn am einen Ende des „Rocks“ war eine ganz überraschend seltsame Formation, sie heißt „der Känguruhschwanz“ und sieht tatsächlich auch so aus!
Ein paarmal durften wir aussteigen, um uns die Höhlen näher anzusehen, Fotos zu machen und die feuchten Streifen nach sickerndem Wasser zu bestaunen. Ja, das war auch eine Merkwürdigkeit. Mrs. Stone erzählte, daß dieser Bergklotz die Eigenschaft hat, Regenwasser speichern zu können, und ein harter Schlag gegen den Stein könnte das Wasser zum Sickern bringen.
„Da haben wir die Erklärung von Moses’ Wunder in der Wüste!“ rief Mr. Nicol. „Er kannte bestimmt einen Stein, der genau dieselbe Eigenschaft hatte!“
Ich bückte mich und nahm einen kleinen roten Stein von dem heißen, trockenen Boden. Den wollte ich Papa bringen. Aus Hawaii sollte er ein Lavaklümpchen kriegen. Ich hatte ihm schon
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