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Saat der Lüge

Saat der Lüge

Titel: Saat der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Jones
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dazu elegante, enge schwarze Hosen und spitze Lederstiefel. An meinem rechten Handgelenk glänzen silberne Armreifen, die auf mein Glas hinunter und dann hoch zu meinen Lippen klimpern. Dabei scheinen sie einen unwiderstehlichen Reiz auf die umstehenden Männer auszuüben, deren Blicke vom weichen Schlucken meiner Kehle, der Kurve meines Halses, dem Verweilen meiner rosa glänzenden Lippen auf dem Glas angezogen werden und dann Sekundenbruchteile lang auf meinen dunkel geschminkten Augen verweilen. Auch Mike bemerkt es.
    Mir fällt auf, dass Cora niedergeschlagen wirkt. Sie ist sich der kleinen Nebenhandlung, die vor ihren Augen stattfindet, durchaus bewusst, sie beunruhigt und deprimiert sie. Ihr entgeht nicht, dass ich mich verändert habe. Sie selbst sieht fast genauso aus wie immer. Ihre Haare sind ein wenig länger, aber ihr ist klar, dass sie in ihrer schwarzen Jeans und der roten Seidenbluse eher vernünftig als glamourös wirkt. Sie öffnet noch einen Knopf an der Bluse und schiebt die Hand unter ihr Haar, um die Frontpartie aufzuplustern.
    Ich fühle mich schuldig und beuge mich vor, um ihr ins Ohr zu rufen: »Komm, lass uns tanzen!« Ich greife nach Stevies Hand und grinse Mike an. Sie folgen mir auf die schwankende, brodelnde Tanzfläche.
    Die Lichter pulsieren, und wir tanzen, anfangs noch zurückhaltend. Ich will, dass Cora sich amüsiert. Aber schon nach kurzer Zeit, fällt es mir schwer herunterzuspielen, was sich gerade in meinem Körper abspielt. Der Whiskey zeigt Wirkung und strömt mir von der Brust in den Kopf, warm, stechend. Fahrt aufnehmend. Die Sinneseindrücke übernehmen die Führung.
    Und der Beat wird immer besser.
    Ein Song aus alten Zeiten. Von Pulp. Disco 2000 , kitschig, prophetisch, oberflächlich und nostalgisch zur gleichen Zeit. Wir lachen über die Absurdität und Brillanz dieses Songs. Mike ist ganz in meiner Nähe, langbeinig in seiner Jeans. Wie er mich ansieht … und das nach all den Jahren. Genauso wie früher, nur ist es jetzt viel realer als damals in jener dunklen Straße unter den Bäumen. Es ist hier und kommt uns immer näher.
    Ich brenne innerlich und hasse mich dafür, will es jede Minute aufs Neue. Ein harmloser Spaß. Cora hat bestimmt nichts dagegen. Bühne frei, die Zweitbesetzung ist dran. So mühelos nach so langer Zeit. Im nächsten Augenblick hat er seinen Arm um meine Taille geschoben und meine rechte Hand genommen, um mich nach hinten zu biegen. Unsere Körper stoßen gegeneinander, verschmelzen mit den einladenden Körperformen des anderen. Wir passen nahtlos ineinander. Eine elegante, nachhallende Geste, wie in jener Nacht auf der Straße, auf der Motorhaube des roten Sportwagens.
    Er streckt sich nach vorn, und ich wölbe mich nach hinten, so weit, dass meine Haare fast über den Boden schleifen und mir das Blut in den Kopf steigt. Erst in diesem Moment wird mir klar, wie sehr ich ihn vermisst habe.
    Stevie feuert uns anerkennend an. Ich weiß, wie gern er es selbst getan hätte. Aber manche handeln eben, und manche beobachten nur. Und vielleicht ist es für den persönlichen Assistenten eines ranghohen Mitglieds des walisischen Regionalparlaments nicht ganz angemessen, sich auf diese Weise in einem billigen Club aufzuführen und beschwipst und albern mit einer Blondine in hochhackigen Schuhen zu tanzen. Schließlich muss er jetzt ein wenig dezenter auftreten, nicht wahr? Aus dreißig Zentimetern Entfernung spürt er, eher als dass er sieht, wie Fleisch an Fleisch reibt, wie Nervenbahnen sich durch die Kleidung hindurch begegnen.
    Dann stellt mich Mike wieder auf die Füße und lässt mich los, um nach Coras Hand zu greifen und sie herumzuwirbeln, bis ihr schwindlig wird und sie abbrechen muss, erleichtert und lachend. Die Ordnung ist wiederhergestellt.
    Aber von diesem Moment an wird die alte Ordnung nie wieder gelten. Weil Jenny plötzlich aus den Rauchschwaden auftaucht. Sehnig und unwirklich, mit flammendem Haar.

Jenny
    H i!«, sagt sie strahlend und breitet in einer Geste, die uns alle einschließt, die Arme aus. Willkommen in unserer Runde.
    Sie taucht einfach so auf. Innerhalb von nur fünf Sekunden hat sie Gestalt angenommen, vollständig, endgültig, tödlich.
    Und nach einem kurzen Moment der Unschlüssigkeit und der diffusen Überraschung treten wir beiseite und lassen sie herein. »Du siehst toll aus!«, ruft sie und wirft links und rechts von meinen Wangen Küsse in die Luft.
    Ich weiß noch genau, wie ihr glänzendes rotes Haar, das sie in

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