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Saat der Lüge

Saat der Lüge

Titel: Saat der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Jones
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Gedanken, bog der Bus schon um die Ecke und verschwand hinter mir. Wenn die junge Frau im Bus Jenny gewesen war, wo waren sie dann hingefahren?
    Direkt am nächsten Tag hatte ich mich auf der Jagd nach einer guten Geschichte bei einer langweiligen Ärztetagung im Thistle Parc Hotel herumgetrieben, und wenn mich meine Erinnerung nicht im Stich ließ, war Jenny eines der Mädchen gewesen, die dort die Plastiknamensschilder austeilten. Sie hatte ganz anders ausgesehen als die Jenny aus dem Charlie’s, völlig unscheinbar. Wie hundert andere Hochschulabsolventinnen auch. Ich erinnerte mich dunkel an ein schlecht sitzendes, billiges graues Kostüm und einen straff gebundenen Pferdeschwanz, der seriös und städtisch wirken sollte. Konnte das Jenny gewesen sein? (Renquist PR – das konnte hinkommen. Die gehörten zu Jackson’s. Das erklärte auch, warum ich im Charlie’s geglaubt hatte, sie von irgendwoher zu kennen. Mir hatte nur der richtige Kontext gefehlt.)
    In der Nacht im Charlie’s hatte Mike sie von Cora fernhalten wollen, damit sie nichts sagte, was Coras Misstrauen erregte. Konnte die Erklärung wirklich so einfach sein? So unschuldig? Der gute alte Stevie, dank ihm fühlte ich mich schon viel besser. Mehr war nicht dran an der Sache. Nur ein dummes, verliebtes Mädchen, das sich in den Vordergrund spielen wollte.
    »Aber behalt es für dich«, bat Stevie. »Er will, dass wir bei seiner Version bleiben. Der Version, dass sie sich nur flüchtig kennen.«
    Typisch Mike. Es war eben leichter, sich unwissend zu stellen. So hatte er es schon immer gehalten. Deshalb hatte er im Club also wie eine Klette an Jenny geklebt: damit ihr nicht versehentlich herausrutschte, dass sie sich bereits aus Wrexham kannten. Wie hätte er Cora auch erklären sollen, dass er Jenny bisher nicht ein einziges Mal erwähnt hatte? Er hatte ihr also nicht den Hof gemacht, weil er in sie verknallt war – ganz im Gegenteil. Sie musste schnell erkannt haben, wer von uns wer war, und war zu uns herübergekommen, um Unruhe zu stiften oder einfach nur ein wenig mitzumischen. Vielleicht hatte Mike ja ein Foto von Cora und uns im Büro stehen. Das hätte die Begrüßung erklärt. Zuordnung durch Ausschlussverfahren. Bestimmt redete er bei der Arbeit gelegentlich von uns.
    Ich fühlte mich wunderbar und war zutiefst erleichtert. Zumindest für ein paar Sekunden. »Dieser Vollidiot«, lachte ich. »Warum hat er sie nicht einfach vorgestellt und Cora erzählt, wer sie ist. Das wäre viel unverdächtiger gewesen, als so an ihren Lippen zu kleben.«
    »Ja, kann sein. Keine Ahnung. Nicht, wenn Cora vorher schon Verdacht geschöpft hat. Vielleicht ist diese Jenny ja ein bisschen schwierig.«
    Dann fiel mir noch etwas ein: »Aber er war die ganze verdammte Nacht weg, Stevie. Und er war bestimmt nicht alleine.«
    »Er war bei Gabe«, antwortete Stevie. »Und überhaupt: Warum interessiert dich das so brennend?«
    »Weil Cora meine Freundin ist«, konterte ich rasch.
    »Ja, meine auch. Das ist jedenfalls alles, was ich weiß, Sherlock«, schloss er vage. Und er ließ sich nicht weiter drängen.
    Etwas in seinem Gesicht sagte mir, dass das noch nicht die ganze Wahrheit war. Oder dass er diese Geschichte zumindest selbst nicht so ganz glaubte, sich aber natürlich Mike gegenüber loyal verhalten musste. Da fühlte ich mich plötzlich nicht mehr so gut.

Gabriel
    I ch hätte nicht bei Gabriel vorbeigehen dürfen, das ist mir jetzt klar. Ich hätte nicht anfangen dürfen zu graben. Ich hätte nach Hause gehen und die Sache vergessen sollen. Ich hätte mir sagen sollen: »Lass es gut sein, Liz, das geht dich nichts an.« Was schließlich der Wahrheit entsprach. Aber das tat ich nicht.
    Vielleicht kann ich als Entschuldigung vorbringen, dass es Teil meiner Arbeit ist, die Fakten herauszufinden und sie glatt und ordentlich und so nahtlos wie möglich ineinanderzufügen, von ein wenig künstlerischem Gestaltungsspielraum natürlich abgesehen. Aber das war nicht der Grund. Nachdem ich Stevies Wohnung mit der Überzeugung verlassen hatte, dass er mir etwas vorenthielt, wollte ich einfach wissen, wo Mike wirklich gewesen war, und zwar so dringend, dass ich es wie Blut auf der Zunge schmeckte.
    Gabe: für immer achtzehn geblieben, ein Mann, der sich noch mit vierzig wie das Mitglied einer Teenie-Rockband anziehen und auch so verhalten würde. Tagsüber freundlicher Handelsvertreter für Fotokopierer, der damit einen – für mich – entmutigenden Haufen Geld

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