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Saat der Lüge

Saat der Lüge

Titel: Saat der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Jones
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verdiente, nachts unerschrockener Luftgitarrenheld und kompromissloser Rebell, der ein Vermögen für Bier und Reisen zu Rockfestivals im ganzen Land ausgab – eine verfrühte Midlife-Crisis mit nicht einmal dreißig?
    Seine Wohnung war in einem grauenhaften Zustand. Das war das Einzige, was ich an unserer ehemaligen Studenten- WG nicht vermisste. Natürlich war keiner der drei Bewohner mehr Student, aber sie machten immer noch den Eindruck äußerster häuslicher Unzulänglichkeit und wirkten, als weilten sie zum ersten Mal fern von zu Hause und ihren Müttern, was sich in ungenügend gebügelten Kleidungsstücken und zu langen Haaren äußerte. Ein Bank-Azubi, ein Fabrikleiter und Gabe. Drei Schlafzimmer und ein Gästezimmer, die alle von einem einzigen Flur abgingen, und am Ende die Küche, ein Schattenreich aus Tellerstapeln, Bechern mit kalten Kaffeeresten und wer weiß was für Scheußlichkeiten im Kühlschrank.
    Direkt hinter dem Eingang ging die Tür zum großen Wohnzimmer ab, in dem zwei riesige, mit verblichenen Überwürfen bedeckte Sofas wie Inseln in einem Ozean aus Playboy -Heften, Musikzeitschriften und Motorsportmagazinen schwammen. Eine große, halb verwelkte Palme teilte sich ihren Topf mit einer Action-Man-Figur, die unerschrocken ihr Gewehr emporreckte.
    Gabe wirkte peinlich berührt, aber auch irgendwie geschmeichelt, als er mich vor der Tür stehen sah. Höflich wie immer bat er mich herein, drückte sich aber in der Nähe der Türschwelle herum. Wir waren nicht mehr wirklich befreundet, aber wenn er mich im Pub erspähte, kam er manchmal auf ein Bier herüber, bevor ich einen Termin vorschob und rasch die Flucht ergriff. Er befand sich noch im Modus des freundlichen Vertreters und trug Hemd und Anzughose, auch wenn er Krawatte und Schuhe bereits ausgezogen hatte.
    Mein Anblick muss ihn völlig verwirrt haben, denn ich hatte ihn noch nie allein besucht, nicht einmal zu Studentenzeiten, als er in einer ähnlichen Bude über dem Thai-Imbiss gehaust hatte. Damals hatte ich sein Blickfeld lediglich zusammen mit Mike und Cora gekreuzt, wenn wir auf dem Weg zu besseren Partys und besseren Freunden bei ihm vorbeigeschaut hatten.
    »Hat Mike seine Jacke hier vergessen?« Mir war klar, dass ich zu schnell zur Sache kam, aber ich versuchte krampfhaft, den schwachen Geruch nach feuchten Sportklamotten zu ignorieren, dessen Quelle sich irgendwo in der Nähe befinden musste.
    »Wann?«, fragte er verwirrt, verlegen und wachsam zugleich. Er erinnerte mich an den schüchternen, pubertierenden Cousin, den ich nie gehabt hatte, mir jedoch lebhaft vorstellen konnte. Ich glaube nicht, dass Gabe jemals eine feste Freundin gehabt hatte.
    »Na, vor zwei Wochen, als das Rugbyspiel war und er bei dir übernachtet hat.« Ich schenkte ihm ein energisches, strahlendes Lächeln.
    »Hat er doch gar nicht. Ich meine, seine Jacke hier vergessen. Jedenfalls, nicht dass ich wüsste.« Gabe sah sich um, als erwartete er, dass wie durch Zauberhand eine Jacke vor ihm auftauchte.
    »Aber er hat nach dem Rugbyspiel hier gepennt?«
    »Ja, klar. Im Gästezimmer.«
    »Könntest du dann bitte mal schauen, ob seine Jacke hier ist? Nur damit er nicht noch mal herkommen muss. Ich war sowieso gerade in der Gegend.«
    »In der Gegend? Hier?«
    »Ja. Geschäftlich.« Normalerweise reicht das als Erklärung.
    »Verstehe«, antwortete er und blickte sich ratlos um. Er schien sich zu fragen, wo in diesem Saustall unbemerkt eine Jacke vor sich hin vegetieren könnte. »Komm doch rein. Willst du dich kurz setzen?« Ich stand immer noch in der Tür zum Wohnzimmer herum.
    »Mm. So viel Zeit hab ich eigentlich nicht.«
    »Warte, ich schau mal schnell nach, ob er sie ins Gästezimmer geworfen hat oder so.«
    Ich blieb stehen und wartete geduldig, aber er war schon nach einer halben Minute wieder da. Die Jacke war nicht aufzufinden. Nirgendwo in der Wohnung.
    »Tja, dann ist sie wohl der Garderobe im Charlie’s zum Opfer gefallen. Wäre nicht das erste Mal«, grübelte ich. »Muss hier ja ’ne wilde Party gewesen sein.«
    »Schön, dich mal wiederzusehen, Lizzy.«
    »Um wie viel Uhr kam Mike denn hier an?« Er sah mich ausdruckslos an.
    »Nicht den geringsten Schimmer. Ich war ziemlich voll an dem Abend. Du weißt ja, wie das ist.«
    »Oh ja. Stevie war auch hier, oder? Er sagt, es war eine seiner besten Partys«, fuhr ich fort, wohl wissend, dass dieser Teil nicht zur Geschichte gehörte. Da ich meinen Lebensunterhalt mit Fragenstellen verdiene,

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