SACHMET - KATZENDÄMMERUNG Band 2 - Horror - Thriller
Seite und kniff die Augen zusammen. »Thomasundnein« wiederholte sie überraschend ernst. Ein langsames, bedächtiges Kopfnicken folgte. »Aaaaaahah, mmmhmmm. Interessant. Mag ja durchaus deine Meinung sein; ich will dir da auch nicht reinreden, aber ’ne abendfüllende Diskussion ergibt sich auf so ’ner Basis kaum.«
Ihre Ironie durchbrach endlich meine Sprachblockade. Grinsend schüttelte ich den Kopf. »Sie haben mich missverstanden«, begann ich zu erläutern, »meine Antwort bezog sich gleich auf zwei ihrer Fragen. ›Thomas‹ als Antwort auf die Suche nach meinem Vornamen und ›nein‹, um zu betonen, dass sie keineswegs sonderbar oder kurios aussehen. Ganz im Gegenteil. Ich war nur … bin nur mehr als überrascht, Sie hier vor mir zu sehen.«
»Tja, Zufälle gibt’s«, lächelte ›Sugar‹ verschlagen. Ihr Blick machte mich wieder unsicher.
»Was … woher haben Sie eigentlich meine Adresse? Ich … Sie sind mir doch sicher nicht gefolgt, oder?«
›Sugar‹ schaute mich gespielt entrüstet an. »Aber Tom, auf welche Gedanken du nur kommst! Passiert dir wohl öfter, dass Frauen dir nachspionieren, heh?«
»Nein, eher seltener«, entgegnete ich trocken, »maximal zwei- oder dreimal pro Woche.«
»Na, da bin ich aber beruhigt.«
Noch bevor ich reagieren konnte, hatte sie sich an mir vorbei in den Vorraum geschlängelt.
»Mann, ist ja ’ne ultracoole Bude, die du hier hast. Echt irres Design. Dachte immer, Leute, die solche Sachen sammeln, wohnen auf der ›Grand‹ oder ›5th‹. Hier erwartet man doch eher postmoderne Trash-Kultur.« Sie blieb vor einem Halbrelief mit zwei kämpfenden Dämonen stehen und folgte mit den Fingern vorsichtig den Konturen.
»Genial, diese horrormäßigen Typen lassen einen ja Gänsehaut bekommen. Persisch oder byzantinisch?«
Ihr überfallartiges Auftauchen, die Art, wie sie binnen Sekunden von einem Thema zum nächsten sprang, ließ mich nur mühsam Schritt halten. Die Tatsache, dass ›Sugar‹ seit langer Zeit der erste Mensch war, der meine Wohnung betreten hatte, bereitete mir zudem einiges Unbehagen. Widersprüchlichste Gefühle zerrten mich hin und her. Das Mädchen war gleichzeitig Eindringling und lustvolle Verheißung.
»Wie? Ich hab’ dich nicht verstanden«, hörte ich sie fragen. Wieder hatte sie mich auf dem falschen Fuß erwischt.
»Entschuldige … was meinst du?« Sie musste glauben, es mit einem verkalkten Taubstummen zu tun zu haben.
Genervt rollte sie ihre hübschen Augen. »Die Epoche. Von wo stammt das Stück?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Das meiste ist jedenfalls ägyptisch. Es … eigentlich gehört es einer Freundin. Ich werf’ nur ein Auge drauf, während sie weg ist. Sie … sie ist für längere Zeit im Ausland.«
»Scharf.« ›Sugar‹ war zur linken Seite herübergeschlendert und betrachtete dort die Steinskulptur einer sitzenden Löwin. »Deine Freundin muss aber ’nen Haufen Kohle haben; nirgendwo lässt sich ein ›Made in Honkong‹ entdecken.«
Von ihrer Übermacht überrollt, ließ ich nun doch die Tür hinter mir ins Schloss fallen und kam näher. »Es klingt, als ob sie … du Ahnung von diesen Dingen hättest. Wie kommt’s?«
Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit von der Löwin wieder auf mich. »Ooooch, nur ein wenig«, sagte sie mit einer beschwichtigenden Geste. »Ich verkauf’ nicht schon ewig Klamotten. Hab mal zwei Semester Kunstgeschichte und Architektur studiert; die Sache wurde mir dann aber doch zu trocken. Irgendwie zu akademisch.«
Seitlich an die Wand gelehnt, starrte ich sie unverwandt an. Das stachelige Haar umrahmte ihren Kopf wie eine surreale Dornenkrone. »Eigentlich schade«, bedauerte ich ihre abgebrochene Karriere, »es hätte vielleicht ein Willis Polk oder Lloyd Wright aus dir werden können.«
›Sugar‹ spreizte die Arme, so dass beide Handflächen nach oben zeigten. »Ja, ja, welch ein Verlust für die Welt«, seufzte sie.
Einige Zeit grinsten wir uns nur schweigend im dämmrigen Licht des Flurs an. Eine angenehme Wärme stieg in mir auf; mit jeder Minute, in der mich mein ungeladener Besucher mit weitern Kostproben seines ironischen ›Understatement-Esprits‹ erheiterte, wuchs meine Zuneigung. Und doch war ich nicht so frei und ungezwungen, wie ich es gerne gewünscht hätte. Dieser Ort, die Wohnung, schien einfach nicht richtig für den Beginn einer neuen Beziehung zu sein. Grenzte es nicht an Verrat, wenn ich eine andere Frau in Taschas Reich eindringen ließ? War
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