SACHMET - KATZENDÄMMERUNG Band 2 - Horror - Thriller
Examenskandidat versuchte ich mich vorsichtig vom Leichten zum Schweren vorzutasten. »Ich sehe ein, dass sich vieles geändert hat zwischen uns«, begann ich. »Und ich verstehe auch deine Argumente, aber es ist für mich dennoch schwierig, eine schnelle Entscheidung zu treffen. Ich muss mich erst an den Gedanken gewöhnen, dich als Tascha nicht mehr wiedersehen zu können.«
»Das ist etwas, woran du dich ziemlich schnell gewöhnen solltest«, bemerkte sie, »denn wenn du noch lange an diesem Trugbild hängst, wirst du mir für den Wechsel wenig dienlich sein.«
Sofort nahm ich das Stichwort auf. »Dieser Wechsel bereitet mir nicht wenige Probleme. Wie es klingt, soll ich dir helfen, eine x-beliebige Frau auszusuchen, damit diese dann von dir beseitigt wird. In meinen Augen wäre das Beihilfe zum Mord. Nicht gerade eine optimale Basis für eine Beziehung, findest du nicht?«
Tascha schüttelte langsam den Kopf. »Zweimal falsch«, verteidigte sie sich. »Erstens handelt es sich natürlich nicht um eine beliebige Frau, oder ist dir etwa mein zukünftiges Aussehen egal, Thomas? Eine mögliche Kandidatin müsste schon uns beiden gleichermaßen zusagen. Und zweitens begehe ich keinen Mord. Ich brauche den Körper ja, also werde ich ihn nicht töten.«
»Aber du übernimmst doch den Körper, besetzt ihn förmlich. Du tötest damit doch auch das Bewusstsein der ehemaligen Besitzerin und damit ihr Wesen.«
»Nein, Thomas, selbst das tue ich nicht. Ich hege keinen Groll gegen die Menschen, deren Körper ich übernehme, also versuche ich, für ihr Bewusstsein einfach nur einen anderen Platz zu suchen.«
»Aber wie?«, wollte ich wissen. »Wohin schickst du die armen Seelen?«
Tascha legte einen Zeigefinger auf ihre Lippen und ließ erstmals wieder ein kleines Lächeln sehen. »Ein paar Geheimnisse musst du mir schon noch zugestehen«, sagte sie. »Für dich ist nur wichtig, dass du wegen der Zeremonie meiner Rückkehr keine moralischen Bedenken haben musst. Und ein kleines Opfer ist unsere Liebe doch wohl wert, oder?«
Auch wenn sie meine Zweifel nicht restlos beseitigt hatte, beschloss ich, ihr zu vertrauen. Rückblickend auf die letzten konfusen Monate erkannte ich die dringende Notwendigkeit einer Veränderung, eines Wechsels. Die Aussicht, mit Bastet wieder als Frau zusammenleben zu können, faszinierte mich. ›Ich lass' dich nicht allein‹ hatte Tascha mir damals sterbend zugeflüstert, und nun würde sie ihr Versprechen endlich wahr machen. Ich sehnte mich nach ihrer Umarmung, nach ihrer ungezügelten Lust, und das, obwohl ich noch nicht einmal ihren neuen Körper kannte. Vielleicht, so glaube ich heute, war ich auch einfach nur neugierig. Wobei die Betonung eindeutig auf ›Gier‹ lag.
Bastet wies mir die Funktion eines Zauberlehrlings zu, und es reizte mich, zu erfahren, welche Mächte sich entfesseln ließen. Ich befand mich also keineswegs in der Rolle des willenlosen, nichtsahnenden Opfers. Bei dem, was nun folgte, trug ich eine ähnlich große Schuld wie Bastet selbst. Und ich trage noch heute schwer daran.
In diesem kurzen Augenblick allerdings, in dem mich Taschas schwarze Augen abwartend fixierten, waren meine Bedenken plötzlich wie weggefegt. Alles in mir sehnte sich nach ihrer Wiederkehr, schrie förmlich danach.
»Ich werde tun, was du von mir verlangst«, hörte ich mich entschlossen sagen. »Nur lass' es uns schnell tun; ich will dich unbedingt wiederhaben, hörst du? Und jetzt, da ich weiß, dass du die Macht dazu besitzt, ist jeder weitere Tag ohne dich eine schier unerträgliche Qual. Was willst du, das ich tun soll?«
Tascha verfolgte meine immer impulsiver werdenden Worte mit sichtbarem Vergnügen.
»Du erfüllst mein Herz mit großem Glück, Thomas«, sagte sie lächelnd, »dein Tatendrang ist lobenswert, aber die Sarx-Zeremonie bedarf einer sorgfältigen Vorbereitung. Du willst doch sicher nicht, dass all unsere Mühe durch unbedachte Hast zunichte gemacht wird, oder?«
Ich schüttelte stumm den Kopf; es schmerzte, seinen gerade erst entwickelten Elan wieder so jäh gebremst zu sehen.
»Vor allem die Wahl des richtigen Körpers wird seine Zeit dauern«, erklärte Tascha. »Die Frau, die wir suchen, wird uns sicher nicht an der nächsten Straßenecke begegnen. Wir müssen klug sein und gezielt vorgehen.«
»Ja, aber wie?«, wollte ich wissen. »Soll ich Tage und Wochen durch die Stadt streifen und nach ihr Ausschau halten?«
»Nein, das wäre zu zeitaufwändig und wenig
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