SACHMET - KATZENDÄMMERUNG Band 2 - Horror - Thriller
früh dran? Ich …«
Mein Schweigen und mein sicherlich gestresster Gesichtsausdruck verunsicherten sie. Nein, aber sie haben sich den Weg trotzdem umsonst gemacht , antwortete ich ihr in Gedanken. Der Werbeetat für die Aktion ist leider eingefroren worden. Tut mir leid. Ich melde mich bei Ihnen, wenn sich mal wieder was Neues ergeben sollte.
Stattdessen sagte ich: »Was? … Oh nein, ich … äh … war nur gerade mit meinen Gedanken woanders. Entschuldigung. Kommen Sie doch bitte herein.«
Verblüfft lauschte ich dem Klang meiner eigenen Worte. War ich nun völlig durchgeknallt? Es musste an Lindsay liegen; irgendetwas ging von ihr aus, eine Art Strahlung, die mein Denken und Handeln in unterschiedliche Richtungen lenkte. Okay , dachte ich resignierend, dann geht die Sache eben weiter . Ich hatte an diesem Tag sowieso nichts anderes vor.
Bereits nach wenigen Aufnahmen spürte ich allerdings, dass ich dieses Model nicht nur aus einer verrückten Laune heraus ins Studio gelassen hatte. Obwohl Lindsay bislang nur für eine Möbelfirma abgelichtet worden war, bewegte sie sich mit einer erstaunlichen Grazie und Natürlichkeit. Ihr Lächeln war keine einstudierte Grimasse; es schien mir zu gelten. Wie musste sie wohl erst aussehen, wenn sie richtig lachte , dachte ich. Schon jetzt zeigten sich die Ansätze für zwei schelmische Grübchen auf ihren Wangen. Und dann ihre Augen! Immer wieder waren es die Augen der Frauen, die eine unheimliche Faszination auf mich ausübten. Auch noch aus vier Metern Entfernung meinte ich Lindsays strahlend blauen Blick mit meinen Fingern ertasten zu können.
Die Arbeit mit ihr machte mir solchen Spaß, dass ich darüber den Ärger mit Bastet vergaß. In meinem Eifer fotografierte ich sogar ausschließlich mit echten Filmen. Ich weiß nicht mehr genau, wann es geschah, jedenfalls begann ich mich in dieses strahlende Gesicht zu verlieben.
Die letztendliche Entscheidung traf aber – natürlich – Bastet.
Ich schraubte gerade ein Teleobjektiv für ›Close-Ups‹ auf, als sich meine kleine Tyrannin endlich wieder dazu bequemte, die Bühne zu inspizieren.
»Hi Shana«, hörte ich Lindsay sagen. »Ich habe mich schon gefragt, wo du nur steckst.«
Ohne aufzublicken hantierte ich weiter an meiner Nikon. Wenn Bastet auch dieses Mädchen (ich konnte sie noch immer nicht als reinen Körper betrachten) mit Verachtung strafen würde, so wollte ich es jedenfalls nicht sehen.
Als Antwort kam ein freundliches Maunzen. Immerhin ein Anfang , dachte ich und tat so, als habe sich das Objektiv verhakt; mit übertriebenen Gesten schraubte ich mal links, mal rechts herum. Was war los; warum hörte ich nichts mehr? Hatte sich Bastet bereits wieder in den hintersten Winkel des Studios verdrückt?
Als ich mit meiner Prozedur keine weitere Zeit mehr herausschlagen konnte, schaute ich notgedrungen auf. Nur die Tatsache, dass ich die Kamera an einem breiten Riemen um den Hals trug, rettete ihr das Leben. Angesichts der Szene auf der Couch entglitt die Nikon nämlich augenblicklich meinen Händen.
Lindsay saß wie zuvor lässig am linken Rand des Sofas, eine Hand ruhte locker auf der Lehne. Mit der anderen kraulte sie zärtlich den Rücken der Katze. Ich konnte es nicht fassen. Bastet lag wohlig ausgestreckt neben ihr; den Kopf hatte sie sogar auf den Schoß des Mädchens gebettet. Ich muss eine ganze Weile wie ein Halbidiot dagestanden haben, bis Lindsay mich schließlich bemerkte. Sie interpretierte meine Reaktion aber gnädigerweise falsch.
»Seien Sie ihr bitte nicht böse, Thomas«, beschwor sie mich mit einem sanften Lächeln. »Sie ist doch ein so liebes Mädchen. Und wir Mädchen müssen zusammenhalten, nicht wahr, Shana?«
Bei diesen Worten hob sie sich die Katze ganz auf den Schoß und kraulte sie ausgiebig zwischen den Ohren. Ich war versucht, mir die Augen zu reiben. Bastet hatte wahrhaftig die Augen geschlossen und gab ein wohliges Schnurren von sich. Wie eine harmlose Schmusekatze.
Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Der Anblick war zugleich erleichternd und schockierend. Wenn Lindsay geahnt hätte, welch ein Wesen sie dort gerade liebkoste, sie hätte es von sich gestoßen wie eine giftige Tarantel. Im Grunde war Bastets freundliche Begrüßung doch nichts weiter als ihre ganz persönliche Version eines Judaskusses.
Eine Gänsehaut überlief meinen Rücken. Wir haben sie also gefunden , dachte ich, die Hülle, den neuen, erregenden Körper meiner Geliebten. Ich war nahe
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