SACHMET - KATZENDÄMMERUNG Band 2 - Horror - Thriller
Raum bislang nur selten betreten; neben einigen kleineren Tierplastiken fanden sich hier lediglich zwei Regale mit Fragmenten von Steintafeln und etliche Pappröhren, in denen vermutlich alte Pergamente steckten. Nichts, was mein Interesse lange hätte fesseln können. An diesem Abend verhielt es sich jedoch anders. Auf dem einzigen schmalen Tisch lagen alle kostbaren Amulette und anderen Schmuckstücke ausgebreitet, deren Bedeutung mir so wohl vertraut war. Zusätzlich entdeckte ich ein weißes, plissiertes Gewand aus sehr dünnem Stoff sowie zwei Sandalen aus Palmbast. Bastet und Ach hatten an alles gedacht. Das Zeremonienkleid wartete auf seine neue Trägerin.
»Hier?«, fragte ich die göttliche Katze. »Soll es hier stattfinden?« Bastet drehte sich auf der Stelle um und blieb leise miauend vor ihrem Büro stehen. »Okay. Ich glaube, ich verstehe«, entgegnete ich. Die kleine Kammer sollte offenbar nur als eine Art Garderobe dienen. Vorsichtig trat ich neben die Katze und lauschte. Nichts. Absolute Stille umfing mich; kein noch so leises Rasseln drang an mein Ohr. Durch den schmalen Spalt der Tür erahnte man nur eine schwache Lichtquelle. Es wirkte, als ob nur eine einzige Kerze im Inneren vor sich hin flackerte.
Eine stille Gruft , dachte ich. Aber hier würde es geschehen, dessen war ich mir ganz sicher. In diesem finsteren Raum würde sich Taschas Versprechen endlich erfüllen.
Als sich Bastet nicht rührte, schob ich die Tür ein kleines Stück weiter nach innen. Ich wagte kaum zu atmen. Was ich sah, waren einige am Boden stehende Kerzen, in deren Mitte sich schimmernde Schüsseln oder Schalen befanden. Ein intensiver Weihrauchgeruch stieg in meine Nase. Von diesem Erfolg ermutigt, versuchte ich, den Eingang noch weiter zu öffnen. Ich hatte noch nicht meine Hand ausgestreckt, als Bastet plötzlich ein scharfes Fauchen ausstieß.
Keine Sekunde später setzte das durchdringende Geräusch einer Rassel ein. Direkt hinter der Tür. Erschrocken wich ich zurück. Die unheimliche Botin lauerte also doch schon auf ihre Opfer. Ich atmete einige Male tief durch, bevor ich mich wieder auf den Rückweg machte.
Eins nach dem anderen , sagte ich mir. Als erstes musste ich meine Auserwählte dazu bewegen, die magischen Gewänder und Geschmeide anzulegen.
Ich blickte noch einmal kurz in die kleine Kammer. Lange würde ich sie gewiss nicht überreden müssen , dachte ich mit neu erwachtem Selbstvertrauen. Welche Frau konnte bei einem derartigen Anblick schon »Nein« sagen?
»Na, hat sie Ihnen noch einmal verziehen?«, fragte mich mein Besuch, als ich wieder im Sessel Platz genommen hatte. Mir war schleierhaft, wovon sie sprach.
»Verziehen?«
»Ja, Shana.« Ihre Miene verriet bereits schon so etwas wie Mitleid mit meiner offenbar häufigen geistigen Abwesenheit. »War sie nicht sauer wegen ihrer unfreiwilligen Diät?«
»Ach so, das«, winkte ich lächelnd ab. Innerlich fluchte ich über meine Unkonzentriertheit; als Lügner brauchte man schon ein etwas besseres Gedächtnis. »Nein, nein, alles in Ordnung. Meine kleine Tigerin ist derartige Verspätungen schon gewohnt. Manche Shootings nehmen mich so in Anspruch, dass sie gezwungen ist, sich zwischendurch ein paar Mäuse zu fangen, um nicht zu verhungern. Bislang haben wir uns aber immer wieder zusammengerauft. Außerdem lebt sie ganz gut mit meinem schlechten Gewissen; für jeden verspäteten ›Service‹ bekommt sie eine Extra-Portion Fisch.«
Einigermaßen zufrieden mit meiner Geschichte griff ich zum Sektkühler, um unsere Gläser wieder aufzufüllen. Ich brachte ihren hohen Kristallkelch beinahe zum Überlaufen. Gut so , dachte ich. Mit der richtigen Menge Alkohol im Blut würden auch die letzten Widerstände schnell gebrochen werden.
Nachdem wir uns zugeprostet hatten, brachte meine Auserwählte das Gespräch aber sofort wieder auf den Punkt. »Sie wollten mir eigentlich gerade verraten, worum es sich bei den Fotos dreht, Thomas«, nickte sie mir erwartungsvoll zu. Diesmal war ich ihr für ihre Hartnäckigkeit dankbar. Jedes weitere höfliche Geplänkel kostete nur wertvolle Zeit.
»Ja, in der Tat«, stimmte ich ihr zu. »Ein befreundeter Designer hat mich gebeten, seine neue Kollektion zu präsentieren. Kennen Sie Arbeiten von Angela Cummings?«
»Nein, wieso?«
»Nun, mein Freund arbeitet weniger mit Stoff, als vielmehr mit edlen Metallen wie Gold oder Platin. Es geht also in erster Linie um Ketten, Armbänder, Ringe, Amulette und andere
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