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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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Liv beugte sich näher an Arkadian heran. »Was hat der denn hier zu suchen?«
    »Das ist eine gute Frage.« Arkadian drehte sich zu ihm um. »Wie heißt du, mein Sohn?«
    »Ulvi«, antwortete der Priester. Arkadian hatte ihn mit der provokanten Anrede offenbar auf dem falschen Fuß erwischt. Er räusperte sich und straffte die Schultern. » Vater Ulvi Simsek.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen, Vater Ulvi. Die Dame wünscht zu wissen, warum Sie hier sind.«
    Der Priester schaute zu Liv und dann wieder zu Arkadian. »Man hat beschlossen, dass ein Vertreter der Kirche bei jedem Verhör dabei sein soll.«
    »Aber das ist kein Verhör. Miss Adamsen hat ihre Aussage bereits gemacht, und ich nehme an, Sie haben die Abschrift davon gelesen.«
    »Ich muss hier sein … als Vertreter der Kirche.«
    »Und warum, wenn ich fragen darf?«
    Die Fragen trieben dem jungen Priester die Röte ins Gesicht. Liv wiederum freute es, dass ihm das unangenehm war, aber vor allem wollte sie, dass er verschwand. »Die Kirche hat dieses Krankenhaus gebaut und besitzt immer noch das Land, auf dem es steht«, sagte er. »Daher ist man übereingekommen, dass alle Personen, die aus der Zitadelle gebracht worden sind, von einem Kirchenvertreter beobachtet werden, solange sie unsere Gäste sind.«
    »Nun denn, wie wäre es, wenn wir unsere eigene Übereinkunft treffen würden? Sie geben uns fünf Minuten unter Freunden, und wir versprechen, Ihrem Boss nichts davon zu erzählen. Wer sollte schon davon erfahren?«
    Der Priester starrte Arkadian an. »Gott weiß alles«, erklärte er in einem Tonfall, als sei das Thema damit erledigt. »Ich habe die Anweisung, bei jedem Verhör dabei zu sein.«
    »Jaja, aber wissen Sie, das ist kein … Ach, vergessen Sie’s.« Arkadian drehte sich wieder zu Liv um. »Wir drehen uns hier im Kreis. Warum ignorieren wir ihn nicht einfach, als wäre er ein Butler oder so was?« Er hielt die Plastiktüten hoch. »Ich habe hier was für Sie. Das hat man in dem Lagerhaus am Flughafen gefunden. Die Kriminaltechniker sind fertig damit. Ich dachte, Sie wollen das vielleicht zurück.«
    Er ließ eine der Tüten aufs Bett fallen. Liv öffnete sie. Darin war ihre alte Reisetasche, das einzige Gepäckstück, das sie mitgebracht hatte. »Danke«, sagte sie und schloss die Tüte wieder. Sie würde den Inhalt erst durchgehen, wenn sie wieder allein war. Der Priester sollte ihre privaten Sachen nicht sehen. Dann kam ihr der Gedanke, dass er die Tasche vermutlich schon draußen im Gang geprüft hatte, bevor er erlaubt hatte, dass sie sie bekam. Liv fühlte sich vollkommen hilflos. Sie schaute zu Arkadian. »Draußen im Flur sitzt ein Beamter«, sagte sie.
    Arkadian nickte.
    »Warum?«
    »Um ein Auge auf Sie und die anderen zu werfen. Und um die Presse draußen zu halten.«
    Liv lächelte. »Ich gehöre auch zur Presse.«
    Arkadian erwiderte ihr Lächeln. »Dann macht er wohl keinen allzu guten Job. Aber zum Glück für alle können Sie sich ja an nichts erinnern.«
    »Ja, was für ein Glück.«
    »Sie haben viel durchgemacht. Diese Dinge brauchen Zeit.«
    Liv schaute wieder zu dem Priester und überlegte sich, was er wohl wusste und was sie weiter vor ihm verbergen musste.
    »Und was genau habe ich durchgemacht?« Arkadian blickte sie verwirrt an. »Im Ernst. Meine Erinnerung ist so lückenhaft, dass ich Fantasie und Wirklichkeit nicht mehr voneinander unterscheiden kann. Es würde mir wirklich helfen, wenn Sie das Ganze mit mir durchgehen.«
    »Was wollen Sie denn wissen?«
    »Alles.«
    Arkadian legte den zweiten Beweismittelbeutel auf das Bett, nahm Livs Hand und fing an zu berichten. Er begann mit dem Auftauchen ihres Bruders auf dem Gipfel der Zitadelle, erzählte von seinem Tod, von dem, was sie bei der Autopsie gefunden hatten, und zu guter Letzt von den Ereignissen am Flughafen, wo Oscar gestorben war, als er sich auf eine Handgranate geworfen hatte, die sie eigentlich alle hätte töten sollen. Arkadian war niedergeschossen worden, und Liv hatte das Bewusstsein verloren, doch nur um ein paar Stunden später wieder aufzutauchen, als Gabriel sie aus der Zitadelle getragen hatte. Als er fertig war, schaute Liv wieder zu dem Priester. Er erwiderte ihren Blick nicht. Arkadians nüchterner und präziser Vortrag hatte den Nebel in Livs Geist gelichtet. Nun erinnerte sie sich wieder an alles … mit Ausnahme der einen Sache, an die sie sich mehr erinnern wollte als an alles andere: Was war in der Zitadelle geschehen?
    »Danke«, sagte

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