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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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Häuser mit sich riss. Dann folgte eine Story über einen in Tränen aufgelösten Farmer in Kansas, der auf ein Getreidefeld starrte, das von Hagelkörnern so groß wie Orangen förmlich zermalmt worden war.
    »Wenn Sie in der Bibel lesen«, sagte der Farmer mit vor Emotion bebender Stimme, »dann könnte man glauben, dass Jüngste Gericht stünde unmittelbar bevor.«
    Bei diesen Worten breitete sich eine Art statisches Rauschen in Livs Kopf aus, das ihr Übelkeit bescherte. Sie schloss die Augen und atmete durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus, bis das Gefühl verflogen war. Welche Medikamente sie auch immer bekommen hatte, sie hatten besorgniserregende Nebenwirkungen.
    Als Liv die Augen wieder öffnete, erwartete sie ein weiterer Schock. Nun war im Fernseher das Bild zu sehen, das jede Zeitung auf dem Titelblatt gehabt hatte, als sie in Trahpah angekommen war. Es zeigte ihren Bruder, Samuel, wie er auf dem Gipfel der Zitadelle stand, die Arme ausgestreckt, um so mit seinem Körper ein T-förmiges Kreuz zu bilden.
    »Es ist nun zwölf Tage her, seit ein Mönch auf so dramatische Art auf dem Gipfel der Zitadelle von Trahpah erschienen ist, und zehn Tage, seit eine Explosion ein Loch in ihr Fundament gerissen hat …«
    Zwölf Tage!
    »Viele glauben, dass diese Ereignisse in Trahpah in direkter Verbindung zu den extremen Wetterphänomenen stehen, die wir seitdem überall auf der Welt gesehen haben. Verschiedene religiöse Gruppen betrachten dies als Beweis für Gottes Zorn oder Zeichen für die unmittelbar bevorstehende Apokalypse, wie sie in der Offenbarung des Johannes beschrieben steht. Sie sagen auch, die evakuierten Mönche würden deshalb sterben, weil Gott die Seinen zu sich rufe, und erst vor wenigen Minuten ist die Zahl der Toten noch einmal gestiegen.«
    Es folgte ein Schnitt, und ein großer, kahlköpfiger Mann mit schwarzem Schnurrbart und ernstem Gesicht war zu sehen. Eine Einblendung identifizierte ihn als Dr. Jemya, Pressesprecher des Davlat-Hastenesi-Krankenhauses in Trahpah. Er begann, eine vorbereitete Erklärung zu verlesen, wobei er immer wieder stockte, weil er das Türkische ins Englische übersetzen musste.
    »Bedauerlicherweise muss ich Ihnen mitteilen, dass um ein Uhr fünfundzwanzig eine weitere Person ihr Leben verloren hat, die aus der Zitadelle evakuiert worden ist. Damit hat sich die Zahl der Toten nunmehr auf neun erhöht.«
    Die versammelte Presse bombardierte ihn daraufhin mit Fragen.
    Was war die Todesursache? Ist er ebenfalls verblutet wie die anderen auch?
    »Ja.«
    Und wissen Sie, was diese Blutungen verursacht?
    »Wir arbeiten daran.«
    Handelt es sich vielleicht um einen Virus?
    »Nein.«
    Ist es ansteckend?
    Der Mann antwortete nicht darauf, sondern drehte sich einfach um und flüchtete ins Krankenhaus zurück.
    »Dreizehn Menschen sind aus dem Berg herausgekommen. Nun sind nur noch vier am Leben.«
    Wieder änderte sich das Bild, und Liv starrte auf ein Foto, das sie selbst zwischen einer dunkelhaarigen Frau, an die sie sich nur schwach erinnerte, und einem Mönch in grüner Soutane zeigte, der auf einer Trage lag. Blut strömte aus gleichförmigen Schnitten überall an seinem Körper.
    »Und von diesen befinden sich drei noch immer im Krankenhaus«, fuhr der Reporter fort. »Ihr Zustand variiert dabei von ›stabil‹ bis ›kritisch‹.«
    Ein verwackelter Einspielfilm zeigte, wie ein dunkelhaariger Mann mit Gewalt in ein Polizeifahrzeug verfrachtet wurde.
    »Der vierte befindet sich weiterhin in Polizeigewahrsam und wird nach wie vor verhört.«
    Das Bild fror ein, und Livs Herz setzte einen Schlag lang aus, als sie das Gesicht des Mannes erkannte und ihr ein Name einfiel.
    Gabriel.
    Das löste eine ganze Flut von Gefühlen und Erinnerungen in ihr aus.
    Liv erinnerte sich daran, wie er in der Dunkelheit der Zitadelle auf sie hinabgeschaut und sie angelächelt hatte. Er hatte sie im Krankenwagen in den Armen gehalten, nachdem er sie aus dem Berg getragen hatte, und er hatte sie beschützt, bis die Cops ihn weggebracht hatten. Er hatte ihr Gesicht in seinen Händen gehalten und ihr in die Augen geschaut.
    Wenn du die Chance hast , hatte er gesagt, dann geh so weit weg von der Zitadelle, wie du kannst. Versteck dich … bis ich dich finde.
    Und dann hatte er sie geküsst, mitten auf den Mund, bis sie ihn von ihr losgerissen hatten und sie im Chaos der Notaufnahme allein zurückgeblieben war.
    Liv berührte ihre Lippen. Sie erinnerte sich an den Kuss, doch sie

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