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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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wünschte sich, sie könnte sich an noch mehr erinnern. Sie musste hier raus. Das sagte ihr nicht nur Gabriels Warnung, sondern auch ihr Instinkt. Sie musste an einen sicheren Ort und die Bruchstücke dessen wieder zusammenfügen, was in der Finsternis des Berges geschehen war. Sie musste weit weg vom düsteren Einfluss dieses Ortes und den Medikamenten, die ihren Verstand vernebelten. Sie musste wieder nach Hause; das fühlte sie mit dem Instinkt eines gejagten Tiers.
    Dann, als hätte irgendetwas ihre Angst gerochen und würde davon angezogen, hörte sie das Quietschen eines Schuhs auf dem PVC-Boden draußen. Rasch schaltete sie den Fernseher aus und legte sich wieder hin … Und genau in dem Moment öffnete sich die Tür.

10
    Die Zitadelle, Trahpah
    Regen prasselte auf den Berg herab, als der Bruder Gärtner die kleine Abordnung hinaus und in den Garten im Herzen des Berges führte. Man hatte sich darauf geeinigt, dass nur die Oberhäupter der Gilden den Garten betreten durften, bis die Bäume ausreichend untersucht waren.
    »Da«, sagte der Bruder Gärtner und deutete auf die obersten Äste eines Apfelbaums. »Seht ihr die Verfärbung der Blätter?«
    Selbst Athanasius, der nur wenig über die Natur wusste, sah, dass mit dem Baum etwas nicht stimmte. Er schien sich auf den Herbst vorzubereiten, anstatt in Vorfreude auf den Frühling zu erblühen.
    »Wann hast du das zum ersten Mal bemerkt?«, fragte Axel im typischen Tonfall des Polizisten, der er früher gewesen war.
    »Gestern. Aber wegen all der Aufräumarbeiten im Berg habe ich in den letzten Tagen auch nicht viel Zeit im Garten verbracht.«
    »Und davor hat nichts auf diese … diese Seuche hingedeutet?«
    »Nichts.«
    »Dann ist es also erst seit der Explosion so, ja?«
    »Ich nehme an.«
    Vater Malachi drehte sich zu Athanasius um. »Siehst du?«, sagte er. »Du hättest nie zulassen dürfen, dass die Sancti den Berg verlassen. Das hat irgendetwas Heiliges gegen uns aufgebracht. Das hier ist der eindeutige Beweis dafür.«
    Athanasius trat an ihm vorbei, um sich den Baum noch mal genauer anzusehen. »Hast du so etwas schon einmal erlebt?«
    Der Bruder Gärtner zuckte mit den Schultern. »Von Zeit zu Zeit.«
    »Und was hat das verursacht?«
    »Da gibt es alle möglichen Gründe für: Trockenheit, Insekten, Krankheit …«
    »Könnte auch ein Erdbeben so etwas verursachen?«
    »Möglich. Wenn der Boden sich ausreichend stark bewegt, dann werden die Wurzeln beschädigt, und der Baum stirbt.«
    »Und wir stimmen doch alle darin überein, dass die Wucht der Explosion einem Erdbeben gleichgekommen ist, oder?« Athanasius drehte sich zu Malachi um. »Mir ist klar, dass wir alle unter großem Stress stehen, aber jetzt ist weder die Zeit für Aberglauben noch für Panik. Wir müssen einen klaren Kopf behalten.« Er wandte sich wieder dem Bruder Gärtner zu. »Was schlägst du vor, sollen wir tun?«
    Der große Mann strich sich über den Bart und schaute zu den Bäumen. »Nun ja … Wenn es wirklich so ist, wie du sagst, dann wird es zumindest nicht mehr schlimmer werden. Wir können die toten und sterbenden Teile wegschneiden, damit die Bäume sich besser erholen können. Aber sollte dieses Phänomen doch eine andere Ursache haben«, er warf einen verstohlenen Blick zu Malachi, »dann wird es sich weiter ausbreiten.«
    »Und wie könnten wir das aufhalten?«
    Der Bruder Gärtner atmete tief durch. »Wir müssen so tief schneiden, wie wir es wagen, und dann alles verbrennen, was wir weggeschnitten haben. Nur so können wir sicher sein, die Krankheit wirklich zu besiegen.«
    »Nun gut, dann schlage ich vor, dass du bei Sonnenaufgang so viele Männer zusammenrufst, wie du dafür brauchst. Was den Rest von uns betrifft, so sollten wir unsere Brüder beruhigen und ihnen sagen, dass wir den Garten inspiziert haben und dass es einige Schäden durch die Explosion gegeben hat, die der Bruder Gärtner jedoch unter Kontrolle hat.«
    »Und was, wenn sich herausstellt, dass es mehr als das ist?«, verlangte Bruder Axel mit seiner nasalen Stimme zu wissen.
    »Dann werden wir uns darum kümmern«, antwortete Athanasius, »aber alles zu seiner Zeit. Wir haben auch so schon genug um die Ohren. Da sollten wir uns lieber um die echten Probleme kümmern, denen wir uns gegenübersehen, und nicht um die eingebildeten.«
    Axel schaute ihm unverwandt in die Augen. Es war schwer zu sagen, ob diese Argumentation ihn nun überzeugt hatte oder nicht.
    »Du hast recht.« Das war Vater Thomas.

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