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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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Dornbüsche, die sich in anderen Teilen des Iraks an die Erde klammerten, waren hier, am Rand der Syrischen Wüste, von der Sonne weggebrannt worden. Was auch immer hier einst gewesen war, jetzt hatten die Zeit und die Hitze nur noch zwei Elemente übrig gelassen: Erde und Himmel.
    Vor Hyde lag das, was er inzwischen sein ›Heim‹ nannte, eine Ansammlung von erdfarbenen Zelten und Wohncontainern, umgeben von Stacheldraht. Zwei riesige Erdbaumaschinen fuhren in der Anlage herum und wirbelten Staub auf, während sie eine zweite große Lagergrube aushoben, obwohl die erste noch immer leer war. Und im Zentrum von alledem erhob sich der riesige, dunkle Bohrturm, schlank wie der einer Kirche, nur dass hier nicht Gott, sondern das Geld angebetet wurde. Irgendwie erinnerte der Anblick Hyde an den Drehkranz eines Rouletterades, und wie immer so schloss er auch jetzt im Geiste eine Wette ab und hoffte, die Kugel würde auf Schwarz fallen.
    Sie erreichten das Haupttor, fuhren hindurch und in den Schatten des Transporthangars. Dieser war besser ausgestattet als alles, was Hyde in der Army gesehen hatte. Als er hier angefangen hatte, hatte man ihn gebeten, eine Wunschliste von Fahrzeugen und Equipment zusammenzustellen, das er brauchen würde. Und da er es gewohnt gewesen war, dass die Quartiermeister der Army jede Anforderung erst einmal prinzipiell halbierten, hatte er die Liste entsprechend aufgebauscht und vieles dazugeschrieben, was er eigentlich gar nicht brauchte. Aber er hatte das ganze Zeug bekommen. Geld schien für seine neuen Bosse kein Problem zu sein. Dabei hatte die Bohrung bis jetzt noch nicht einmal einen Tropfen Öl zutage gefördert. Wo auch immer das Geld herkam, aus der Erde jedenfalls nicht.
    Der Truck hielt an, und Hyde öffnete die Tür. Die Hitze im Hangar war nahezu unerträglich. Hyde streckte sich und ging dann durch zwei aufeinanderfolgende Doppeltüren, die die Hitze aus dem klimatisierten Hauptgebäude halten sollten.
    Die Kantine war halb gefüllt. Männer in Wüstenkleidung aßen gerade zu Abend. Hyde wusste, dass sie gerade ihre Schicht hinter sich hatten, denn die weiße Arbeitskleidung, die dazu designt war, das Sonnenlicht zu reflektieren, war beige von Staub. Und er spürte die Hitze, die sie ausstrahlten, als er an ihren Tischen vorüberging. Sie waren wie Ziegelsteine, die den ganzen Tag über in der Sonne gelegen und die Hitze gespeichert hatten.
    Die Temperatur fiel um ein paar weitere Grad, als Hyde die Kantine verließ und den Bürokomplex betrat. Am Eingang musste er einen Sicherheitscode eingeben; nur so wurde ihm Zutritt zu seinem Reich gewährt, dem Sicherheitszentrum. Die Schreibtische der wichtigeren Leute befanden sich weiter den Gang hinunter, wo die Temperatur konstant blieb und keine Geräusche aus der Kantine mehr zu hören waren, doch Hyde gefiel es hier. Unter anderem war er so sofort draußen, sollte es Ärger geben … nicht dass er mit welchem gerechnet hätte. Die Grenze zu Syrien war mehr als siebzig Kilometer entfernt und die nächste Stadt etwa genauso weit. Zwar gab es noch immer Widerstandsnester in der Gegend – Fedaijin , Freiheitskämpfer, die die Invasoren aus dem Westen verjagen wollten – und auch die üblichen Kriminellen, die immer wieder versuchten, Schlüsselangestellte westlicher Firmen zu entführen; doch Hyde bezweifelte, dass irgendeiner von denen hier etwas wagen würde.
    Der größte Teil seiner Arbeit als Sicherheitschef war bereits vor dem ersten Spatenstich getan gewesen. Demonstrativ hatte er die Baumaschinen und gepanzerten Mannschaftstransporter durch die bevölkerungsreichsten Gebiete auf dem Weg fahren lassen, um potenzielle Angreifer schon im Vorfeld abzuschrecken. So waren die taktischen Möglichkeiten der Anlage ein offenes Geheimnis, und niemand, der noch bei Verstand war, würde sie angreifen. Dafür gab es viel zu viele leichtere Ziele in der Gegend.
    Im Kontrollzentrum waren auf einer Reihe von Monitoren die Kamerafeeds der gesamten Anlage zu sehen. Nachts wurde bei den Kameras am Zaun ein Restlichtverstärker eingeschaltet, der die Wüste in ein geisterhaftes Grün tauchte. Tariq, einer der Einheimischen, die Hyde angestellt hatte, saß vor den Bildschirmen und starrte vollkommen fasziniert auf das monotone Bild. Er drehte sich noch nicht einmal um.
    Hyde ließ sich auf den Stuhl an seinem Schreibtisch fallen und warf sein zusammengerolltes Exemplar von USA Today neben den Sack mit den Steinfragmenten. Kurz dachte er darüber

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