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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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verstehen. Viele glauben, der Imago Astrum habe seinen Weg in die riesige Sammlung des Instituts für antike Schriften in Trahpah gefunden. Manche glauben sogar, dabei könne es sich um das legendäre Sakrament handeln.
    Am Fuß der Seite fand sich ein Bild dazu, und Liv starrte mit weit aufgerissenen Augen auf dasselbe Steinfragment, auf dem sie die Symbole wiedererkannt hatte, die auch auf ihrer Hand standen. Sie schaute sie sich noch einmal genauer an. Angesichts dessen, was sie gerade gelernt hatte, bekam ihre Bedeutung etwas Düsteres. Plötzlich verspürte sie das drängende Verlangen, die Zeichen von ihrer Haut zu entfernen, als könne sie sich so auch von dem Wahnsinn befreien, der sie zu übermannen drohte.
    Liv schnallte sich ab, legte das Buch auf ihren Sitz und ging rasch zur Toilette weiter vorne. Dabei kratzte sie sich unablässig die Hand, als wären die Symbole irgendwie infiziert.
*
    Dick zwängte sich aus dem Sitz, der seine massige Gestalt wie ein Schraubstock umschloss. Seine Knochen knackten, während er langsam wieder seine natürliche Gestalt annahm. Als er sich voll aufgerichtet hatte, berührte er mit dem Haar die Decke. Vor ihm, weiter den Gang hinunter, verschwand das Mädchen in der winzigen Toilette. Dick hatte sich bereits in Bewegung gesetzt, bevor das Besetztzeichen aufleuchtete.
    Bis hierhin hatte er vor allem über zweierlei nachgedacht: Was für ein Buch las das Mädchen, und wie könnte er sie hier im Flugzeug töten, ohne dabei erwischt zu werden?
    In der Nachricht, die er am Flughafen bekommen hatte, hieß es, das Mädchen stelle eine ›unmittelbare Gefahr‹ dar und müsse ›ausgelöscht‹ werden. Dick liebte diesen Militärjargon, die eindeutige Qualität der Worte. Doch um seinen Auftrag so rasch und effektiv wie möglich zu erfüllen, musste er ironischerweise erst einmal warten. Also würde er sich zunächst einmal damit zufriedengeben, die erste Frage zu klären, die er sich gestellt hatte.
    Dick erreichte ihren leeren Sitz und schaute auf das Buch herunter. Es war auf einer Seite mit Fotos aufgeschlagen. Das Mädchen hatte etwas unterstrichen und irgendetwas an den Rand geschrieben. Dick betrachtete ihre Handschrift. Sie war elegant und kompakt, genau wie sie. Er holte sein Handy aus der Tasche, schaute sich um, um sicherzugehen, dass die anderen Passagiere schliefen, und machte ein Foto von der Seite. Auch merkte er sich den Titel des Buches und war angenehm überrascht, als er sah, worum es sich handelte. Dann reckte er sich noch mal und schlenderte zu seinem Sitz zurück, als habe er sich nur kurz die Beine vertreten wollen. Wenn die Zeit gekommen war, würde er sie vielleicht an einen ruhigen Ort bringen, damit sie zunächst einmal ein wenig reden konnten. An einen i-so-lier-ten Ort.
    Ein Mädchen, das Sprachen genauso liebte wie er, war selten.

42
    Arkadian machte sich zu Fuß auf den Weg ins Davlat-Hastenesi-Krankenhaus. Immer wieder gingen ihm dabei Bruchstücke des Gesprächs mit Gabriel durch den Kopf.
    Man hat mir eine Falle gestellt.
    Liv schwebt in Gefahr.
    Wie auch meine Mutter.
    Arkadian hatte im Radio von den Todesfällen im Krankenhaus gehört und sich an Kathryns Gesicht erinnert, nachdem er ihr vor ein paar Stunden das Buch gegeben hatte. Sie hatte ihm die Schuld für Gabriels Verhaftung gegeben; das hatte er ihr angesehen. Er hatte geglaubt, wenn ihr Sohn erst einmal entlassen war, würde sie sich wieder entspannen. Aber sie hatte nicht darauf vertraut, dass das System ihn beschützen konnte … Und sie hatte recht gehabt. Deshalb stapfte er nun auch wie ein reuiger Sünder durch Straßen voller Staub und benommener Menschen. Er wollte ins Krankenhaus – er musste ins Krankenhaus. Nur so konnte er sicherstellen, dass keine Beweise übersehen wurden oder ›zufällig‹ verloren gingen.
    Als er schließlich ankam, hatte die Polizei einen Teil der Straße abgesperrt. Ein einsamer Beamter hielt dort Wache und versuchte, eine überraschend große Gruppe von Reportern und Nachrichtenteams fernzuhalten. Offensichtlich hatte noch nicht einmal ein Erdbeben sie von der Story abbringen können, die die letzten Wochen über die Schlagzeilen bestimmt hatte. Arkadian klemmte seinen Dienstausweis an die Brusttasche und nickte dem Beamten zur Begrüßung zu. Der Mann erkannte ihn sofort und ließ ihn passieren.
    Mitten in dem abgesperrten Areal stand ein Zelt auf dem Bürgersteig. Innen brannte Licht, angetrieben von einem kleinen Generator daneben. Eine der

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