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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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nur mit Handgepäck, weil er mobil bleiben wollte. Manche Leute schleppten Tonnen von Zeug mit sich rum. Auf Dick wirkte das immer, als bauten sie sich ihre eigene Art von Gefängnis. Er zog es hingegen vor, jederzeit zur Tür hinausgehen zu können, ohne sich darüber den Kopf zerbrechen zu müssen, wen oder was er zurückließ. Das war wahre Freiheit. Die Gefühle anderer Menschen kümmerten ihn nicht. Wäre es anders gewesen, dann hätte er seinen Job nicht machen können.
    Dick hielt genügend Abstand zu Liv, damit diese ihn nicht bemerkte. Er beobachtete sie fast nur aus den Augenwinkeln, während er wie ein typischer Geschäftsmann unablässig auf sein BlackBerry starrte. Als Liv zur Tür hinausging, beschleunigte er seinen Schritt. Dank des Zeitunterschieds waren sie zur perfekten Zeit in Newark gelandet. Drei Uhr morgens war statistisch gesehen die ruhigste Zeit des Tages, und weniger Leute bedeutete mehr Gelegenheiten.
    Draußen war es kälter, als Dick erwartet hatte, und auch das war ein Vorteil für ihn. Die Kälte trieb die Menschen nach drinnen.
    Er ließ seinen Blick über das Areal schweifen und hielt nach dunklen Stellen und potenziellen Zeugen Ausschau. Ein paar Taxifahrer saßen in ihren Wagen und ließen die Motoren laufen, um die Heizung anzutreiben. Einer von ihnen schaute Dick hoffnungsvoll an, wandte sich aber sofort wieder seiner Zeitung zu, als er sah, dass Dick ihn ignorierte. Dick konnte das blonde Haar des Mädchens deutlich in der Dunkelheit sehen. Sie ging in Richtung Busbahnhof. Sollte sie es in einen Bus schaffen, könnte sich das als Problem erweisen. Dick würde ihn ebenfalls nehmen müssen, um sie nicht zu verlieren, und vermutlich würde sie sich aus dem Flugzeug an ihn erinnern. Er wollte sie nicht verschrecken, noch nicht jedenfalls.
    Dick ging an den Taxis vorbei und schaute dabei immer noch zur Tarnung auf sein BlackBerry, obwohl er in Wahrheit die Sicherheitsmaßnahmen prüfte. Seit dem 11. September waren alle Flughafengebäude förmlich von Kameras übersät. Man konnte sich noch nicht einmal die Nase kratzen, ohne dass man dabei von einem Sicherheitsbediensteten aus fünf verschiedenen Winkeln beobachtet wurde. Glücklicherweise entfernte sich das Mädchen vom Eingang, wo die meisten Kameras zu finden waren. Es war fast so, als biete sie sich freiwillig als Opfer an. Dick hatte gehofft, sie eine Weile für sich allein zu haben – mit ihr zu reden –, aber sein Opportunismus war weitaus stärker ausgeprägt als seine Verspieltheit. Eine bessere Gelegenheit würde er nicht bekommen. Die Taxifahrer schauten nur zum Eingang und warteten auf Fahrgäste, und die Kameras waren ebenfalls weg von seinem Ziel gerichtet. Das Mädchen blieb an der Bushaltestelle stehen und blickte die leere Straße hinauf. Kein Bus. Und außer ihr wartete niemand dort.
    Dick traf eine Entscheidung.
    Er suchte sich einen Weg zwischen den parkenden Taxis hindurch und ging über die Straße auf das Mädchen zu. Er hoffte, fertig zu sein, bevor weitere Passagiere das Terminal verließen. Während des Flugs hatte er sie lange Zeit von hinten beobachtet. Immer wieder war sein Blick über ihren schlanken Hals gewandert, und er hatte sich vorgestellt, wie er seine Hände darum schloss, und dann das Geräusch – Knack! –, und alles war vorbei.
    Dick erreichte den Busbahnhof, und das Mädchen hob den Blick. Sie war so klein im Vergleich zu ihm, dass er sie vermutlich vollständig verdecken konnte, wenn er sich vor sie stellte. Niemand würde sehen, wie er sie fragte, wann der nächste Bus kam, und niemand würde sehen, wie er ihr das Genick brach, wenn sie den Mund öffnete, um ihm zu antworten. Dick war nur noch wenige Schritte von ihr entfernt, als sie sich plötzlich umdrehte und etwas vollkommen Unerwartetes machte.
    Sie winkte.
    Dick schaute in die entsprechende Richtung die Straße hinunter. Ein Paar Scheinwerfer bewegten sich rasch auf sie zu. Pkws durften normalerweise nicht auf den Busspuren fahren, doch als er näher kam, sah Dick, warum dieser Wagen eine Ausnahme darstellte. Es war ein Streifenwagen.
    Dick hob das BlackBerry ans Ohr und ging an dem Mädchen vorbei zu dem Parkhaus für Kurzzeitparker, während er in der Tasche nach nicht vorhandenen Schlüsseln kramte.
    Er war einfach nur ein weiterer Geschäftsreisender auf dem Rückweg von einem schlecht getimten Businesstrip.

49
    Liv stieg in den Streifenwagen und schloss die Tür.
    »Himmel, Liv, du siehst aber scheiße aus!«
    Sie schaute

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