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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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Athanasius’ Träume von Reformen lösten sich in Luft auf.

III
    Selig ist, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung und behalten, was darin geschrieben ist, denn die Zeit ist nahe.
    Offenbarung, 1:3

47
    Badiyat al-Sham, Provinz Al Anbar, im Westen des Iraks
    Es gab nichts auf Erden, was mit der Wüste bei Nacht zu vergleichen gewesen wäre.
    Die gleiche dünne Luft, die bei Tag so wenig Schutz vor der höllischen Sonne geboten hatte, ließ die Kälte des Weltalls durch, wenn Dunkelheit sich über das Land senkte und ihm die Hitze nahm. Und dann waren da die Sterne, Milliarden davon. Sie füllten den Himmel mit winzigen Lichtpunkten und warfen ihr mikroskopisches Licht auf alles. Beduinen orientierten sich des Nachts an ihnen; ihre Wüstenaugen waren dieses Licht gewöhnt, das Stadtbewohner kaum wahrnehmen konnten. Auch der Geist verfügte über diese Fähigkeit, und er nutzte sie jetzt, um seinen Weg über die Steinpfade entlang des Drachenrückens zu finden, um an jenen Ort zu gelangen, den die Beduinen das Land von Durst und Schrecken nannten.
    Die Syrische Wüste war über eine halbe Million Quadratkilometer groß – eine halbe Million Quadratkilometer Nichts. Sie zog sich durch das Land wie eine breite Wunde und reichte über den Nordirak und Jordanien bis nach Saudi-Arabien hinein. In ihrem Herzen gab es weder Siedlungen noch befestigte Straßen. Während des Irakkrieges hatten die Aufständischen sich immer wieder hierher zurückgezogen. Die Brutalität der Wüste war ihre Hauptverteidigung gegen die moderne Kriegsmaschinerie der Besatzer gewesen. Und es hatte funktioniert. Maschinen versagten in diesem Gelände; Sandstürme machten Luftunterstützung unmöglich, und selbst Hightechzielerfassungssysteme waren nutzlos, wenn sich das Ziel einfach eine Decke überzog und sich auf einen warmen Fels legte. Es war unmöglich, gegen jemanden zu kämpfen, der das Land und die Natur auf seiner Seite hatte.
    Die Aufständischen hatten die Wüste als ihre Operationsbasis genutzt und den Nachschub über die durchlässige und unmöglich zu überwachende Grenze nach Syrien organisiert. Erst als die Invasoren alle Städte unter ihre Kontrolle gebracht hatten, kehrten sie wieder dorthin zurück und bedienten sich traditioneller Terrortaktiken wie Bomben am Straßenrand und Entführungen. So war die Wüste nun wieder leer; doch als der Geist durch die Dunkelheit ritt, überkam ihn das Gefühl, dass er nicht alleine war.
    Die ersten konkreten Hinweise darauf, dass etwas nicht stimmte, entdeckte er ein paar Stunden vor Sonnenaufgang, als die Kälte ihren Höhepunkt erreicht hatte und der Mond am Horizont aufging. Es war ein dunkler Umriss in der Ferne, der sich quer über den ansonsten flachen Horizont erstreckte. Der Geist stieg ab, näherte sich zu Fuß und hielt sich dabei dicht am Boden, damit mit Nachtsichtgeräten bewehrte Augen ihn vor dem Hintergrund des kalten Himmels nicht entdecken konnten.
    Als er näher kam, sah er, dass der Umriss tatsächlich ein Schatten war. Er stammte von einem großen Fels- und Erdhaufen, der neben einem Loch im Boden aufgeschüttet worden war. Der Geist ließ sich auf alle viere nieder und kroch darauf zu. Immer wieder hielt er kurz an und lauschte, doch außer dem Wind war nichts zu hören.
    Das Loch neben dem riesigen Erdhaufen war nur gut einen Meter tief und viel zu klein, als dass die Erde daneben der Aushub hätte sein können. In der Mitte des Lochs lag ein Felsblock, ungefähr so groß wie ein Auto und halb ausgegraben. Offenbar hatte, wer auch immer hier gebuddelt hatte, plötzlich das Interesse verloren. Der Geist schlich zu dem Erdhaufen und stieg vorsichtig hinauf, bis er hoch genug war, um einen guten Blick auf die Umgebung werfen zu können.
    Es gab noch mehrere Löcher wie das erste hier. Und alle waren sie genauso groß und tief und hatten einen halb ausgegrabenen Felsblock in der Mitte. Es war, als hätte hier ein Riese nach etwas gesucht, das er verloren hatte. Eines der Löcher war jedoch deutlich breiter und tiefer als die anderen. Der Geist glitt wieder hinunter und machte sich auf den Weg, um sich das genauer anzuschauen.
    Das Loch war etwa ein Stockwerk tief. Eine Erdrampe führte nach unten, und sie war breit genug für ein Pferd. Am Boden der Grube war der dunkle Eingang zu einer Höhle zu sehen. Das war auch so ein Markenzeichen der Syrischen Wüste. Sie war an vielen Stellen von ausgedehnten Höhlensystemen durchzogen, die das Wasser vor

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