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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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in das runde, teigige Gesicht von Sergeant Ski Williams und lächelte. Das war seit Tagen das Erste, was sie wirklich glauben konnte.
    »Tut mir leid wegen der unchristlichen Zeit«, sagte sie und schnallte sich an, als der Streifenwagen sich wieder vom Bürgersteig löste. »Ich habe nicht an die Zeitverschiebung gedacht, als ich angerufen habe.«
    Ski winkte ab und hielt den Blick auf die Straße gerichtet.
    Liv kannte Ski Williams nun schon seit zehn Jahren. Sein richtiger Name lautete William Godlewski, doch wie viele polnische Cops, so hatte auch er ihn abgekürzt, damit er keine Probleme mit seinem Nachnamen bekam, der für viele Amerikaner unaussprechlich war. Ski war einer der ersten Cops gewesen, die Liv bei einem echten Job kennengelernt hatte. Er war damals auch noch ein Anfänger gewesen. Vielleicht hatte es deshalb ja von Anfang an funktioniert – zwei Frischlinge, die versuchten, sich in der Erwachsenenwelt zurechtzufinden. Es erstaunte Liv, dass Ski es in all dieser Zeit nicht weiter als bis zum Sergeant gebracht hatte. Er war bei weitem einer der besten Cops, den sie kannte, aber er war lausig, wenn es ums Lernen ging. Er war dreimal hintereinander durch die Detectiveprüfung gefallen. Und er kroch auch niemandem in den Arsch. Er hatte etwas vollkommen Kompromissloses an sich, das auf der einen Seite zwar irgendwie edel war, einen aber auch zur Weißglut treiben konnte. Das war auch der Grund dafür, warum Liv ausgerechnet ihn aus der Türkei angerufen und gebeten hatte, sie am Flughafen abzuholen. Ski war von der alten Schule, wie die ›Unbestechlichen‹, und sie vertraute niemandem mehr als ihm.
    »Und? Erzählst du mir jetzt was?«, sagte Ski. »Du bist jetzt schon seit Tagen in den Nachrichten. Als ich dich an der Bushaltestelle gesehen habe, wusste ich nicht, ob ich dir eine Mitfahrgelegenheit anbieten oder dich um ein Autogramm bitten sollte.«
    Liv zog sich die Baseballkappe ins Gesicht und sank tiefer in den Sitz. Sie hatte gar nicht daran gedacht, dass die Ereignisse in Trahpah auch hier die Nachrichten bestimmen würden. Für gewöhnlich waren Auslandsnachrichten in den USA eher uninteressant, es sei denn, irgendwo tobte ein Krieg, in dem Amerikaner starben.
    »Was hast du denn gehört?«
    »Es klang, als hättest du dir irgendeinen mittelalterlichen Fluch eingefangen oder so. Jeder, mit dem du sprichst, beißt kurz darauf ins Gras. Wir haben hier auch zwei Morde. Die haben vielleicht nichts mit dir und deinem kleinen Abenteuer auf der anderen Seite des Großen Teichs zu tun, aber wer weiß. Trotzdem: Ich sollte mir mal den Kopf untersuchen lassen, weil ich dich überhaupt in den Wagen gelassen habe.« Er grinste. »Also. Was ist passiert? Hast du herausgefunden, was die dort in dem Berg verstecken??«
    »Ich weiß nicht.«
    »Ach, komm schon.«
    »Ehrlich. Ich kann mich nicht erinnern.«
    Liv dachte an den Traum, der ihr solche Angst eingejagt hatte, dass sie beschlossen hatte, den gesamten zwölfstündigen Flug über wach zu bleiben, um ihn nicht noch einmal durchleben zu müssen. Ihr Boss war einer der Morde gewesen, von denen Ski sprach. Er war ermordet worden, nur weil er mit ihr gesprochen hatte. Vielleicht war sie ja wirklich verflucht.
    »Hör zu, Ski. Bring mich einfach nach Hause; dann werde ich dir alles erzählen. Vielleicht fällt mir dabei ja wieder alles ein. Außerdem könnte ich eine Dusche vertragen, und frische Kleider wären auch nicht schlecht.«
    »Dich nach Hause bringen …« Ski ließ den Satz unvollendet.
    Liv sah seinen besorgten Gesichtsausdruck. Sie kannte diesen Blick. Da Ski so bedingungslos ehrlich war, hatte er auch das schlechteste Pokerface der Welt. Dieses Gesicht machte er immer, wenn er jemandem eine schlechte Nachricht überbringen musste.
    »Raus mit der Sprache«, sagte Liv.
    Ski schüttelte den Kopf. »Es ist vermutlich einfacher, wenn ich es dir zeige.«

50
    Dick hatte sich dank seiner einschüchternden Erscheinung an die Spitze der Taxischlange vorgedrängelt und dem Fahrer eine Lügengeschichte aufgetischt. Ein Freund von ihm sei gerade verhaftet worden, hatte er gesagt, und jetzt müsse er hinterher. Das Englisch des Fahrers war zwar nicht besonders gut gewesen, aber er hatte genug verstanden, und nun folgten sie dem Streifenwagen mit einigem Sicherheitsabstand. Von Zeit zu Zeit hob Dick den Blick, um sicherzugehen, dass der Streifenwagen noch immer da war; dann schrieb er seine E-Mail weiter und fügte alles als Anhang hinzu, was bis jetzt

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