Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
Vom Netzwerk:
Jahrmillionen in den Fels gegraben hatte. Man konnte ein ganzes Bataillon mitsamt Ausrüstung in diesen Höhlen verstecken, wenn man wusste, wo sie waren. Das war einer der Gründe, warum der Geist nie geschnappt worden war. Wenn die Leute, die diese Löcher gegraben hatten, noch immer hier waren, dann in dieser Höhle, wo sie Schutz vor der Kälte der Nacht hatten.
    Der Geist beobachtete den Höhleneingang eine Weile, doch er sah keinerlei Bewegung. Auch lag kein Geruch von Feuer in der Luft. Nichts deutete darauf hin, dass dort Menschen waren. Wer auch immer diese Löcher gegraben hatte, jetzt war er nicht mehr da. Der Geist machte sich auf den Weg die Rampe hinunter. Aufmerksam beobachtete er dabei den Höhleneingang mit seinen an die Nacht gewöhnten Augen. Im Inneren lauschte er zuerst auf verdächtige Geräusche, dann holte er eine kleine Taschenlampe aus der Tasche und schaltete sie an.
    Die winzige Lampe erwachte mit der Gewalt einer Atomexplosion zum Leben, und der Geist musste die Augen mit der Hand vor dem grellen Licht schützen. Die Höhle war leer, und nichts deutete darauf hin, dass sie irgendwann einmal bewohnt gewesen war. Allerdings musste es viele Ressourcen und Zeit gekostet haben, sich bis zu dieser Höhle durchzugraben, aber warum? Hier schien weder etwas von archäologischem Wert zu sein, noch deutete etwas auf seltene Mineralien hin. Dass die Höhle leer war, legte nahe, dass entweder jemand etwas hier hatte hineinlegen wollen oder dass man etwas herausgenommen hatte, was schon drin gewesen war. Der Geist schaute sich ein letztes Mal um; dann schaltete er die Taschenlampe aus und ging wieder hinaus.
    Die Nacht schien nun dunkler zu sein, und der Geist musste blinzeln, bis er sich wieder an das Sternenlicht gewöhnt hatte. Dann stieg er aus dem Krater und schaute sich den Boden an. Er fand noch schwach erkennbare Fußabdrücke. Sie führten am Rand der Grube entlang und zu einer Stelle, wo sie auf Reifenspuren trafen, die ihrerseits in Richtung Osten gingen, wo bereits das erste Licht des Morgens zu sehen war. Der Geist schaute zum Horizont und prüfte die Sterne. Irgendetwas stimmte nicht. Um diese Jahreszeit ging die Sonne genau in den Zwillingen auf, doch jetzt stand sie deutlich rechts davon. Das war nicht der Sonnenaufgang; das war etwas anderes … etwas, das groß genug war, um die reine Dunkelheit der Wüste zu verschmutzen.
    Und es gab nur eines, was das auf diese Entfernung bewirken konnte. Dort drüben musste eine Siedlung sein.

48
    New Jersey, USA
    Um drei Uhr morgens verließ Liv den Zoll am Newark Liberty International Airport. Dank einer Mischung aus Kaffee und Furcht vor dem, was passieren würde, wenn sie einschlief, war es Liv gelungen, den ganzen zwölfstündigen Flug über wach zu bleiben. Als Folge davon waren ihre Nerven nun zum Zerreißen gespannt, und sie halluzinierte fast vor Müdigkeit, als sie in die Kopfschmerzen verursachende Helligkeit des fast leeren Flughafenterminals hinaustrat.
    Ein Gebäudereiniger schob eine große Poliermaschine in einem langsamen, depressiven Walzer über den Boden, während katatonische Passagiere vor dem einzigen Coffeeshop hockten, der noch geöffnet hatte, und Kaffee aus Pappbechern schlürften. Ein paar Chauffeure im Anzug bildeten ein Empfangskomitee und hielten Schilder mit unterschiedlichen Namen in die Höhe. Liv hatte ein Déjà-vu. Bei ihrer Landung in der Türkei vor über einer Woche hatte sie ihren eigenen Namen auf eben solch einem Schild gesehen. Das war das erste Mal gewesen, dass sie Gabriel getroffen hatte. Unwillkürlich ließ sie ihren Blick über die Gesichter wandern. Natürlich wusste sie, dass er unmöglich hier sein konnte, aber sie suchte ihn trotzdem. Sie vermisste ihn, auch wenn sie ihn kaum kannte.
    Liv machte sich auf den Weg zum Ausgang, und da sie kaum Gepäck hatte, hatte sie die anderen Passagiere rasch abgehängt. Die Nacht verwandelte die Glastüren in dunkle Spiegel, und Liv erkannte sich kaum, als sie näher kam. Sie sah dunkle Ringe unter den Augen, und die Kleider hingen schlaff an ihrer ohnehin schon dünnen Gestalt. Es war, als hätte sie diesen Flughafen als Liv Adamsen, die toughe Reporterin verlassen, und nun war sie als jemand anderer wieder zurückgekommen. Sie trat einen weiteren Schritt auf ihr seltsames Ich zu, und die automatische Tür glitt auf. Das Spiegelbild verschwand, und dahinter kam die Nacht zum Vorschein.
*
    Dick hatte die anderen Passagiere ebenfalls abgehängt. Auch er reiste

Weitere Kostenlose Bücher