Sacramentum
ganzen Abend und einen Großteil der Nacht damit verbracht, seine sicheren Kommunikationskanäle zu überwachen in der Hoffnung, eine Bestätigung dafür zu bekommen, dass die Bedrohung für sein Unternehmen eliminiert war. Zu guter Letzt hatte die Erschöpfung ihn dann doch ins Bett getrieben, ohne dass seine Fragen beantwortet gewesen wären.
Kaum hatte er jedoch seine Morgengebete und die üblichen Pflichten erledigt, da war er wieder in sein Büro geeilt und hatte sich eingeloggt.
Zwei Nachrichten warteten auf ihn.
Die erste machte ihn zunehmend nervöser. Trotz seines Versprechens der Gruppe gegenüber war nur eine der vier Überlebenden im Laufe der Nacht zum Schweigen gebracht worden. Was die anderen betraf, so war eine noch unter Beobachtung, aber frei und in Amerika, und die anderen beiden wurden vermisst. Es war eine furchtbare Nacht gewesen. Unter den Toten waren zwei der unabhängigen Agenten, die das Krankenhaus beobachtet hatten. Clementi öffnete einen Bildanhang und zuckte unwillkürlich zusammen, als er ein Tatortfoto sah, das den Priester zeigte. Er hatte die Augen vor Überraschung weit aufgerissen und lag mit durchgeschnittener Kehle auf einem Krankenhausbett. Überall um ihn herum war Blut. In den ersten Nachrichten hatte man ihn fälschlicherweise als den Mönch identifiziert, doch das war rasch korrigiert worden. Der Mönch wurde nun offiziell vermisst, wie auch Liv Adamsen und Gabriel Mann, der eine Überlebende, der der Gruppe besonders großes Kopfzerbrechen bereitete.
Clementi schloss die erste E-Mail wieder und klickte auf die zweite. Sie war mehrere Stunden nach der ersten abgeschickt worden, und so hoffte er auf das Beste. Sie stammte von dem dritten Agenten und enthielt einen detaillierten Bericht über die Observation der vermissten Frau. Clementi überflog die Details zum Flug und dass sie bei ihrer Landung von einem Polizisten abgeholt worden war. Die Mail enthielt auch ein Foto und dazu die Erklärung:
Das Zielobjekt hat dieses Buch den ganzen Flug über gelesen …
Clementi öffnete das Bild und schnappte unwillkürlich nach Luft, als er die Steintafel sah, eines der wenigen Exemplare mit der verlorenen Sprache, das nicht in der Zitadelle verwahrt wurde. Das Mädchen hatte eine Reihe von Symbolen unterstrichen und etwas daneben geschrieben, das Clementi einen kalten Schauder über den Rücken jagte.
Der Schlüssel?
Sie hatte eine Sprache korrekt übersetzt, die nur Clementi und eine Handvoll weiterer Menschen auf der Welt lesen konnten, eine Sprache, die essentieller Bestandteil seiner Bemühungen zur Rettung der Kirche war. Clementi konzentrierte sich auf das Fragezeichen. Bedeutete das, dass die Übersetzung nur geraten war oder dass sie nicht wusste, was es zu bedeuten hatte? Dann fiel ihm noch etwas anderes auf, das auf der Seite unterstrichen war, und ihm wurde einiges klar. Es war Al-Hillah – der Schlüssel zu allem. Die Frau musste etwas wissen, und das machte sie erst so richtig gefährlich.
Für Vorsicht war jetzt keine Zeit mehr. Gestern hatte Clementi sich noch mit der Entscheidung gequält; jetzt zögerte er keine Sekunde. Er war schon viel zu weit gegangen, als dass es jetzt noch ein Zurück gegeben hätte.
Clementi öffnete ein neues Fenster und schrieb eine kurze Antwort:
Bringen Sie das Mädchen sofort zum Schweigen.
In einer Stunde erwarte ich von Ihnen zu hören.
54
Newark, New Jersey
»Voilà.« Ski öffnete die Tür des Hotelzimmers mit einem eleganten Schwung. Die Einrichtung war rein funktional und der Raum nicht viel größer als das Doppelbett, das dort stand. Nur wenig Licht der aufgehenden Sonne sickerte durch das eine Fenster gegenüber dem Bett, und jenseits davon hatte man eine hervorragende Aussicht auf eine Ziegelmauer.
»Es ist perfekt«, sagte Liv und trat über die Schwelle.
Ski blieb draußen im Flur wie ein nervöser Teenager bei seinem ersten Date und kramte nach etwas in seiner Tasche. »Hier«, sagte er und reichte Liv ein billig aussehendes Handy. »Es sind noch ungefähr fünfzig Dollar auf der Karte. Wenn du jemanden anrufen musst, nimm das. Es kann so gut wie nicht zurückverfolgt werden.« Liv nahm es dankbar an. »Ich habe auch meine Nummer eingespeichert«, fuhr Ski fort, »für den Fall, dass du mich schnell kontaktieren musst. Aber lass es erst mal eine Weile ruhig angehen, okay?« Dann drehte er sich um und war verschwunden. Ski war nie sonderlich gut darin, seine Gefühle zu zeigen, aber er hatte ein großes Herz,
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